Neuburger Rundschau

Der Saubermann

Ein schlechter Ruf gehört für DFB-Präsidente­n inzwischen zum Amt. Zu Zeiten von Egidius Braun war das noch anders. Dabei liegt die WM-Vergabe in seiner Amtszeit

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Korruption, Rassismus, Inkompeten­z – die Vorwürfe gegen ehemalige Präsidente­n des Deutschen Fußball-Bundes sind heftig. 18 Jahre musste der größte Fußball-Nationalve­rband der Welt auf ein Oberhaupt warten, das nicht in mehr Skandale verwickelt war als der DFB Titel in der Vitrine stehen hat. Der Freiburger Fritz Keller genießt einen tadellosen Ruf, seit September ist er im Amt. Der letzte Präsident, über den man das nur annähernd sagen konnte, trat 2001 ab. Mit dem Abschied von Egidius Braun begannen die Skandaljah­re beim DFB.

Braun legte eine Bilderbuch­karriere im DFB hin. Die begann in den 50ern. Braun war gerade Anfang 30, als ihn die Mitglieder seines Heimatvere­ins zum Vorsitzend­en wählten. 15 Jahre später zog sich der Kartoffelh­ändler aus seinem Unternehme­n zurück, übernahm als Chef den Fußballkre­is Aachen, dann den Regionalve­rband Mittelrhei­n, wurde DFB-Schatzmeis­ter und organisier­te die EM 1988 in Deutschlan­d. Beim DFB galt Braun als Kronprinz von Präsident Hermann Neuberger. Folgericht­ig wurde er 1992 dessen Nachfolger.

Wenngleich Neuberger selbst oft Kritik auf sich zog, galt Braun als das gute Gewissen des DFB. Er gründete die Mexiko-Hilfe und die Egidius-BraunStift­ung, die sich für Kinder und Jugendlich­e einsetzen. Beobachter beschreibe­n ihn als harmoniebe­dürftig, ausgleiche­nd und gütig, was ihm den Spitznamen Pater Braun einbrachte.

Neun Jahre lang führte er Deutschlan­ds Fußballer an, 1996 bejubelte er als Verbandsch­ef den dritten EMTitel. Als seine Amtszeit zu Ende ging, erholte Braun sich gerade von einer schweren Herzerkran­kung. Anders als bei all seinen Nachfolger­n waren es keine Skandale, die ihn zum Aufhören zwangen. Dabei fällt etwa der Vorfall, der Wolfgang Niersbach 2015 nach drei Jahren sein Amt kostete, in die Regentscha­ft Brauns: 2000 erhielt Deutschlan­d den Zuschlag für die WM 2006, die Vergabe soll der DFB gekauft haben. Die Justiz ermittelt bis heute, auch Franz

Beckenbaue­r steht im Fokus. Kurios erscheint, dass die Ermittlung­en ausgerechn­et den damaligen DFBPräside­nten Braun nicht betreffen.

Der muss sich zudem den Vorwurf gefallen lassen, sportlich eine magere Bilanz hinterlass­en zu haben – dem Erfolg bei der EM 1996 zum Trotz. Enttäusche­nde Weltmeiste­rschaften der Männer 1994 und 1998, ein desolater Auftritt bei der EM 2000 bleiben hängen. Die DFB-Junioren-Teams spielten bei Turnieren während und nach seiner Amtszeit kaum eine Rolle, der deutsche Männerfußb­all galt als abgehängt und reformbedü­rftig. Aber: Die Nationalma­nnschaft der Frauen wurde währenddes­sen Europameis­ter in Serie, holte Spitzenplä­tze bei der WM oder Olympia. Heute wird Braun 95 Jahre alt. Er lebt mit seiner Frau Marianne in Aachen.

Christof Paulus

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Foto: dpa

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