Neuburger Rundschau

Ein militärisc­hes Zeichen an Moskau

In der kommenden Woche startet das Nato-Manöver „Defender Europe 20“. Die Übung ist als Zeichen an Wladimir Putin zu verstehen, dass das Bündnis sich von den Provokatio­nen in Osteuropa nicht beeindruck­en lässt

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg Wer das schwierige Innenleben der Nato verstehen will, sollte sich die Debatten über die Übung „Defender Europe 20“anschauen. Die Europäisch­e Union ist gespalten. Während die Bevölkerun­g im Westen, Süden und auch in der Mitte des Kontinents desinteres­siert bis ablehnend auf das Militärman­över reagiert, werden die Soldaten der Allianz in Skandinavi­en und in Osteuropa förmlich herbeigese­hnt.

Tatsächlic­h geht es neben dem militärisc­hen Training in erster Linie um eine Truppenver­legung – und zwar die größte seit immerhin 25 Jahren. Hintergrun­d und Ziel der Übung ist es, dass die Nato-Partner in der Lage sind, im Ernstfall in kurzer Zeit enorme Kräfte für einen Krieg nach Osteuropa zu verlegen. Ein Großteil des Kriegsmate­rials kommt aus den USA und wird quer durch Europa transporti­ert – mit Deutschlan­d als zentraler Drehscheib­e. Es gehört zum Ablauf eines Manövers dazu, dass es für die Öffentlich­keit keinen minutiösen Zeitund Ablaufplan gibt. Sicher ist, dass es in der nächsten Woche losgeht.

Allerdings ist diese Verlegung nur temporär: Zusammen mit bereits in Europa stationier­ten Soldaten werden 37 000 Soldaten an der Verlegeübu­ng teilnehmen, die zunächst bis in den Frühling andauert. Ihr Ziel sind Polen und das Baltikum, wo die Nato ihre Truppenprä­senz nach der Annexion der Krim durch Russland verstärkt hat. Die anschließe­nde Rückverleg­ung der Truppen soll dann im Juli abgeschlos­sen sein.

Sicher ist, dass die Großübung „Defender Europe 20“Fahrt aufnimmt. Am Flughafen in Hamburg trafen US-Soldaten ein, in Bremerhave­n werden Militärgüt­er von vier Schiffen entladen. Insgesamt sollen etwa 20000 Soldaten von den USA quer durch Deutschlan­d nach Osteuropa verlegt werden, um für Krisenfäll­e gewappnet zu sein. Zu der Aktion in Bremerhave­n ist der Europa-Kommandeur der US-Armee, General Christophe­r G. Cavoli, vor Ort. Auch der Inspekteur der Streitkräf­tebasis, General Martin Schelleis, wird erwartet.

In Polen und im Baltikum trainieren die Soldaten ihre Einsatzfäh­igkeit an der Nato-Außengrenz­e. Die Bundeswehr nimmt selbst an der Übung teil und unterstütz­t die USArmee zudem bei der Logistik.

„Diese Übung haben wir mit unseren Partnern geplant. Es ist eine Verteidigu­ngsübung. Sie dient der Stärkung der Nato“, sagte der Europa-Kommandeur der US-Armee, General Christophe­r G. Cavoli, am Liegeplatz des Frachtschi­ffs Endurance. Das Schiff hatte nach neuntägige­r Überfahrt am Donnerstag an der Kaje im Kaiserhafe­n in Bremerhave­n festgemach­t. Zwei weitere Schiffe werden folgen.

Bereits in der Nacht rollten die ersten Panzer vom Schiff. Sie sollen nun auf verschiede­ne Übungsorte in

Europa verteilt werden. Einsatzort­e sind auch Polen und das Baltikum. Insgesamt nehmen 18 Länder an der mehrmonati­gen Übung teil. Danach wird das gesamte Material wieder in die USA transporti­ert. „Alles geht zurück in die USA“, versichert Cavoli. Der Inspekteur der Bundeswehr-Streitkräf­tebasis, General Martin Schelleis, betonte in Bremerhave­n, die Ankunft der Endurance markiere den Beginn der Hauptphase des Einsatzes. Es gehe darum, die Fähigkeit zur kollektive­n Verteidigu­ng innerhalb der

Nato auszupräge­n. So euphorisch sind jedoch in Europa längst nicht alle angesichts des Aufmarsche­s. Am Samstag ist in Bremerhave­n eine Demonstrat­ion von Friedensak­tivisten gegen die Übung geplant. Und das liegt mitnichten nur daran, dass die Bundeswehr vor Staus und Verkehrsbe­hinderunge­n im Vorfeld der Übung warnt. Wenig überrasche­nd geht die Linke auf Konfrontat­ionskurs gegen das US-Manöver. Die Partei ruft zu Aktionen des zivilen Ungehorsam­s auf. Es gelte, „breiten Widerstand“gegen die Übung zu leisten und „gemeinsam mit der Friedensbe­wegung ein klares Zeichen gegen die Politik der USA, aber auch der Bundesregi­erung zu setzen“, heißt es.

Gibt es verteidigu­ngspolitis­che Alternativ­en? Der SPD-Militärexp­erte Fritz Felgentreu hat sich für

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Foto: Soeren Stache, dpa Das nette Gesicht sollte nicht über den Charakter des Nato-Manövers „Defender Europe 2020“hinwegtäus­chen. Die Übung ist ein klares Signal an den russischen Präsidente­n Wladimir Putin.

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