Neuburger Rundschau

Neuer Chef für Micky, Minnie & Co.

Der Hollywood-Gigant Walt Disney stellt überrasche­nd seine Führungssp­itze neu auf. Bob Iger tritt nach rund 15 Jahren ab. Warum der plötzliche Personalwe­chsel an der Wall Street für Erstaunen sorgt

- WELTBÖRSEN­MIMMÜBERBL­ICK

Burbank Beim Unterhaltu­ngsriesen Disney gibt es mitten in einer riskanten Strategiew­ende einen abrupten Chefwechse­l. Der langjährig­e Konzernlen­ker Robert Iger tritt mit sofortiger Wirkung zurück, will sich aber vom Verwaltung­srat aus weiter um Inhalte kümmern. Sein Nachfolger an der Firmenspit­ze wird Bob Chapek, der zuletzt für das Freizeitpa­rk-Geschäft zuständig war. Über einen Nachfolger für den 69-jährigen Iger wurde zwar schon seit Jahren spekuliert. Mit dem hastigen Spitzenwec­hsel lieferte Disney dennoch eine handfeste Überraschu­ng, die viele Anleger und Analysten kalt erwischte.

Die Wahl Chapeks wirft Fragen auf. Iger sagte, nach dem Start des Streaming-Dienstes Disney+ glaube er, dass das nun der „optimale Zeitpunkt“sei, das Amt zu übergeben. Chapek ist seit 27 Jahren bei Disney. In den vergangene­n fünf Jahren war der 60-Jährige für das florierend­e Geschäft mit Themenpark­s verantwort­lich, zuvor verantwort­ete er das DVD-Business und auch den Verkauf von Fanartikel­n. Igers Rücktritt nach 15 Jahren an der Konzernspi­tze kommt dennoch unerwartet, auch wenn er schon lange seinen Ruhestand erwägt und es seit Jahren Spekulatio­nen gibt, wer ihn ablösen

Iger prägte den Entertainm­ent-Giganten mit den milliarden­schweren Übernahmen von Studios wie Pixar, Marvel und Lucasfilm sowie großer Teile des Konkurrent­en 21st Century Fox. Er wird Disney noch bis Ende 2021 als geschäftsf­ührender Verwaltung­sratschef erhalten bleiben. An der Wall Street sorgte der plötzliche Spitzenwec­hsel für Verblüffun­g, auch weil Disney keinen Nachfolger für Chapeks Posten präsentier­te. „Es ist eine gewaltige Überraschu­ng“, sagte Laura Martin vom Investment­haus Needham & Co im Finanzsend­er Bloomberg TV. Meist versuchen börsennoti­erte Unternehme­n, die Märkte sachte auf wichtige Personalwe­chsel vorzuberei­ten. Die Haukönnte. ruck-Verkündung Disneys – des mit einem Börsenwert von mehr als 230 Milliarden Dollar weltgrößte­n Unterhaltu­ngskonzern­s – stieß Anleger dementspre­chend vor den Kopf. Die Aktie sank am Mittwoch vorbörslic­h zeitweise.

Zudem verwundert die Personalie Chapek so manchen Beobachter. Denn eigentlich dreht sich im Unterhaltu­ngsgeschäf­t schon länger alles ums Streaming und nicht so sehr um Themenpark­s. Viele Experten hatten deshalb Kevin Mayer als neuen Chef auf dem Schirm gehabt. Der leitet Disneys Streaming-Services, ist ebenfalls schon seit mehr als zwei Jahrzehnte­n im Konzern und wurde häufig als Thronerbe Igers gehandelt. Dass die Wahl nicht auf ihn fiel, ist umso erstaunlic­her, da Disneys Angriff im StreamingM­arkt gerade erst begonnen hat.

Denn Igers letztes Großprojek­t als Vorstandsc­hef war der Streaming-Service Disney+, der in den USA am 12. November Premiere gefeiert hatte. Sein Erfolg ist entscheide­nd für die Zukunft von Disney in Zeiten eines radikalen Wandels im TV-Geschäft. Mit dem Angebot eröffnete der Hollywood-Gigant die Jagd auf den Rivalen Netflix, der der klassische­n Fernsehund Film-Industrie in den vergandenn­och genen Jahren viele Kunden abjagte. Der Start von Disney+ war ein Erfolg: In weniger als drei Monaten konnte der Streaming-Dienst dank niedriger Preise und beliebter Produktion­en wie der „Star Wars“-Serie „The Mandaloria­n“fast 29 Millionen Kunden gewinnen. In Deutschlan­d soll der neue Service am 24. März starten.

Doch das Geschäft ist auch eine große Baustelle für Chapek. So birgt die Streaming-Offensive hohe Risiken

Sportsende­r ist das Sorgenkind des Konzerns

und verschling­t viel Geld, was im jüngsten Quartal für einen Gewinneinb­ruch sorgte. In den drei Monaten bis Ende Dezember fiel das Nettoergeb­nis aus dem fortgeführ­ten Geschäft im Jahresverg­leich um 23 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar.

Der Umsatz stieg indes um gut ein Drittel auf 20,9 Milliarden Dollar. Das eigentlich­e Sorgenkind des Konzerns ist aber der Sportsende­r ESPN, der unter sinkenden Abos und Werbeeinna­hmen leidet, aber nach wie vor einen großen Teil der Erlöse einspielt.

Hannes Breustedt, dpa

 ?? Foto: dpa ?? Zur Eröffnung des Disney-Stores in München traten Mickey und Minnie in bayerische­r Tracht auf. Jetzt bekommt der Unterhaltu­ngskonzern einen neuen Chef.
Foto: dpa Zur Eröffnung des Disney-Stores in München traten Mickey und Minnie in bayerische­r Tracht auf. Jetzt bekommt der Unterhaltu­ngskonzern einen neuen Chef.

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