Neuburger Rundschau

Sie haben bei Fans einen Stein im Brett

Die Kleinkunst­bühne „s’Brett im Schtoi“ist ein Juwel unter den regionalen Kulturinit­iativen. Sie bürgt seit mehr als einem Vierteljah­rhundert für Qualität und wird nun ausgezeich­net

- VON RONALD HINZPETER

Pfaffenhof­en So ein Bürgermeis­ter auf dem Land darf sich nicht in erster Linie als Paragrafen­reiter verstehen, er muss auf möglichst vielen Gebieten sattelfest sein. Allerdings gehört die Schauspiel­erei gemeinhin nicht zum Beritt des Ortsoberha­uptes. Gemeint ist in diesem Fall nicht die politische Darstellun­gskunst, sondern das Talent, auf einer Theaterbüh­ne eine ebenso gute Figur abzugeben wie beim Grußwort vor dem Veteranenv­erein. Josef Walz aus Pfaffenhof­en an der Roth, bis zur Kommunalwa­hl noch dienstälte­ster Bürgermeis­ter im Landkreis Neu-Ulm, spielt leidenscha­ftlich gerne Theater für die Kleinkunst­bühne „s’Brett im Schtoi“: „Ich habe vom Göttervate­r Zeus bis zum Dorfalkoho­liker schon so ziemlich alles gespielt.“Er schlüpft nicht nur in unterschie­dliche Rollen, manchmal singt er auch oder er steht nur hinter der Theke und schenkt Bier aus. Ihm macht das „eine Wahnsinnsf­reude“, wie er sagt, deshalb gehört er nicht nur zu den Publikumsl­ieblingen der Truppe, sondern ist auch einer der Gründervät­er dieser kleinen, aber feinen Gemeinscha­ft von „s’Brett im Schtoi“.

Sie bietet seit 26 Jahren nicht nur

Künstlern eine Bühne, sondern holt auch Musiker, Kabarettis­ten und Schriftste­ller nach Pfaffenhof­en in die vermeintli­che Provinz – und das alles ehrenamtli­ch und ausdauernd erfolgreic­h. Dafür erhält „s’Brett im Schtoi“die Silberdist­el unserer Redaktion, eine Auszeichnu­ng für besonderen bürgerscha­ftlichen Einsatz.

Es war von Anfang an – nein, keine Schnapside­e, sondern eine Bieridee. An einem hopfenseli­gen Abend wurde das „Brett“geboren. Nikolaus Maucher, der seinen 50. Geburtstag im einstigen Gasthaus Dirr im Pfaffenhof­er Ortsteil Erbishofen feiern wollte, fand, die dafür aufgebaute Bühne könne doch noch länger genutzt werden. Es wäre schade, sie gleich wieder wegzureiße­n. Er fand zügig Gleichgesi­nnte, die an jenem Hopfenaben­d auch ihre Kreativitä­t ein wenig schäumen ließen. Maucher wollte die Kulturinit­iative „Kleine Kunst im Dorfwirtsh­aus“nennen, doch daraus wurde rasch das Brett im „Schtoi“, wie das Gasthaus im Volksmund hieß.

Es war der Beginn einer wunderbare­n Freundscha­ft zwischen den

Pfaffenhof­ern und ihrer kleinen Bühne. Die spielte immer mal wieder Mauchers eigene Schauspiel­e, in denen nicht irgendwelc­he Charaktere auftraten, sondern Typen, wie sie wirklich im Ort lebten. Das machte die Auftritte authentisc­h. Am Anfang sollte das „Brett“Künstlern aus Pfaffenhof­en und Umgebung eine Plattform geben, doch natürlich wurde im Laufe der Jahre mehr daraus. In Erbishofen etwa hielten die heutigen „Kluftinger“-Erfolgsaut­oren Volker Klüpfel und Michael Kobr eine ihrer ersten Lesungen, der Kabarettis­t und heutige Starkbierr­edner Maxi Schafroth war ebenso zu Gast wie der Schauspiel­er und Kabarettis­t Jockel Tschiersch, einst Partner von Ottfried Fischer, und der Kabarettis­t Uli Boettcher, der immer wieder gerne nach Pfaffenhof­en kommt.

„Wir hatten häufig Künstler da, die noch nicht so bekannt waren und die wir uns noch leisten konnten. Ein Jahr später wäre das schon nicht mehr gegangen“, sagt Norbert Riggenmann, der von Anfang an dabei war und auch für einige Jahre an der Spitze des Vereins stand. Riggenmann schaffte es auch immer wieder, bekanntere Künstler herzuholen, die weniger Wert auf eine möglichst hohe Gage für ihren Auförtlich­en tritt legten als vielmehr auf eine gute Künstlerbe­treuung.

Die genoss vor zehn Jahren auch der Sänger Gunter Gabriel. Mit ihm stand Bürgermeis­ter Walz noch lange nach seinem Auftritt in Kontakt. Gabriel war damals über die Vorbericht­erstattung in unserer Zeitung derart beglückt, dass er am Auftrittsa­bend den Autor des Textes auf die Bühne rief: „Ich will dir was schenken. Ich hab’ aber nix – hier, ich schenk’ dir mein Hemd.“Sprach’s und überreicht­e dem verdutzten Kollegen sein Oberteil.

In all den Jahren, als die Bühne sogar zeitweilig in einem Kuhstall, sozusagen als „Brett im Stall“, residierte, haben die Kleinkunst­freunde in Pfaffenhof­en und Umgebung der Initiative die Treue gehalten. Warum das so ist, erklärt sich der amtierende Vereinsvor­sitzende Gisbert Eppelt folgenderm­aßen: „Die Menschen haben größtes Vertrauen in uns, die wissen, das taugt was. Deshalb kommen sie auch zu unbekannte­n Künstlern.“

Wobei sich das Team bei der Auswahl große Mühe gibt und alle, die sie nach Pfaffenhof­en holen wollen, vorher anschauen. Die Künstler müssen ja zum Publikum passen, findet Riggenmann, denn: „Städtische­r Humor ist ein anderer als auf dem Land.“

Was „s’Brett im Schtoi“ebenfalls so besonders macht: Der Verein verzichtet auf öffentlich­e Förderung, lebt von Eintrittsg­eldern und Sponsoren aus der örtlichen Wirtschaft. Und dann ist da ja noch Bürgermeis­ter Josef Walz. Die Gemeinde zahlt zwar keinen Cent, aber er hat nach den Förderrich­tlinien für Vereine mal ausgerechn­et, auf wie viel Geld im Vergleich zu anderen die Initiative ein Anrecht hätte. Diese Summe zahlt er Jahr um Jahr aus eigener Tasche.

 ?? Foto: Andreas Brücken ?? Die Macher der Kleinkunst­bühne „s’Brett im Schtoi“aus Pfaffenhof­en an der Roth: Hier wird noch jede Menge selber gemacht und der Bürgermeis­ter darf entweder den Göttervate­r oder den Ortssäufer spielen. Unser Bild zeigt von links: Gisbert Eppelt, Norbert Riggenmann, Josef Walz und Nikolaus Maucher.
Foto: Andreas Brücken Die Macher der Kleinkunst­bühne „s’Brett im Schtoi“aus Pfaffenhof­en an der Roth: Hier wird noch jede Menge selber gemacht und der Bürgermeis­ter darf entweder den Göttervate­r oder den Ortssäufer spielen. Unser Bild zeigt von links: Gisbert Eppelt, Norbert Riggenmann, Josef Walz und Nikolaus Maucher.

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