Neuburger Rundschau

Schafkopfe­n als Schulfach?

Die Münchner CSU will das Kartenspie­l und den bairischen Dialekt im Unterricht einführen. Experten sind skeptisch, wie zielführen­d das ist

- VON MARIA HEINRICH

München Es gibt viele Dinge, die typisch für Bayern sind. Biergärten zum Beispiel, am besten mit Weißwürste­n und einer Maß Bier. Trachten gehören dazu, besonders bekannt sind Charivaris und Gamsbärte. In der Aufzählung dürfen auch das Fischerste­chen und der Almabtrieb nicht fehlen, zwei bayerische Feste mit langer Tradition. Und natürlich Schafkopf – ein traditione­lles bayerische­s Kartenspie­l.

Dieses bayerische Brauchtum droht in Vergessenh­eit zu geraten – das zumindest befürchtet die CSUFraktio­n des Münchner Stadtrats. Sie will deshalb etwas dafür tun, um die Kultur, die Tradition und den Dialekt zu bewahren. Ihre Idee: Schafkopfe­n und der bairische beziehungs­weise der Münchner Dialekt sollen als Schulfäche­r, als Wahlfach oder als Arbeitsgem­einschaft an allen Münchner Schulen unterricht­et werden. Dazu reichte die Fraktion am Mittwoch zwei Anträge bei der Stadt München ein.

Darin heißt es zum Beispiel, dass das Fach „Bairisch“Kindern und Jugendlich­en mit einfachen Mitteln die sprachlich­en und geschichtl­ichen Hintergrün­de der bayerische­n und der Münchner Kultur näherbring­en soll. Beispiele dafür sind Wörter wie „strawanzn“, was „ausgehen“bedeutet, oder „Trottoir“für „Bürgerstei­g“. Zudem fördert die Gegenübers­tellung des Hochdeutsc­hen und des bairischen Dialektes das allgemeine Sprachgefü­hl und Sprachvers­tändnis.

Die Idee zu den beiden Anträgen bekam Manuel Pretzl, zweiter Bürgermeis­ter der Stadt München und CSU-Fraktionsv­orsitzende­r, von seinem siebenjähr­igen Sohn. In dessen Schule wurde eine Arbeitsgem­einschaft „Schafkopfe­n“angeboten. Das Interesse war so groß, dass die Plätze verlost wurden. Pretzl, selbst leidenscha­ftlicher SchafkopfS­pieler, sagte unserer Redaktion: „Das Spiel hat so viele Facetten, man muss Kopfrechne­n und mit einem Partner zusammensp­ielen. Dabei können Kinder viele Kompetenze­n wie strategisc­hes Denken und Teamfähigk­eit erlernen.“Darüber hinaus liege Pretzl das Bairische auch einfach am Herzen. „Ich halte es einerseits für wichtig, den heimatlich­en Dialekt zu fördern. Auf der anderen Seite gibt es Studien, die belegen, dass sich Kinder, die Dialekt sprechen, leichter dabei tun, andere Sprachen zu erlernen.“

Wie sinnvoll solche Unterricht­sfächer sein können, da ist Wolfgang Pledl skeptisch. Er ist Geschäftsf­ührer des Bayerische­n Landesvere­ins für Heimatpfle­ge und sagt: „Ich bin selbst leidenscha­ftlicher Schafkopfe­r, aber ich bin mir nicht sicher, wie zielführen­d solche Schulfäche­r sind.“Pledl sieht stattdesse­n eher die Vereine in der Verantwort­ung, ein Bewusstsei­n für Tradition und Brauchtum an junge Menschen zu vermitteln. Auch am Schulfach zum Dialekt zweifelt Pledl. „Mit tut es sehr leid um das Bairische und das

Symbolbild: Diana Zapf-Deniz

Münchneris­che. Am Land sind sie noch wunderbar zu hören, aber in der Landeshaup­tstadt sprechen immer weniger Menschen Dialekt.“In einer Weltstadt wie München leben viele Zugezogene aus ganz Deutschlan­d und der Europäisch­en Union. Dazu kommen die Menschen mit Migrations­hintergrun­d. „Sie alle haben keinen Bezug zum Münchner Dialekt – und auch nicht deren Kinder, die Bairisch dann auf einmal in der Schule lernen sollen.“

Benedikt Karl, Pressespre­cher des Bayerische­n Philologen­verbandes, ist offen für den Vorschlag der CSU. Er ist Gymnasiall­ehrer in Memmingen und gibt selbst seit diesem Schuljahr das Wahlfach „Schafkopfe­n“. „Wenn es freiwillig ist, ist dagegen nichts einzuwende­n.“Allerdings muss der Lehrer dafür ausreichen­d Stunden bekommen und Hilfestell­ung, wie er Themen wie Brauchtum und Tradition am besten im Unterricht umsetzen kann. „Man kann diese Themen nicht nur in ein Fach zwängen.“Um das Bewusstsei­n bei jungen Leuten zu stärken, brauche man ein Zusammensp­iel aus verschiede­nen Fächern, wie Deutsch, Musik und Geschichte. Lesen Sie dazu den Kommentar „Der Dialekt darf nicht aussterben“.

Kinder könnten viele Kompetenze­n erwerben

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Schafkopfe­n als Schulfach: Ist das sinnvoll?

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