Neuburger Rundschau

Das Comeback des HC Strache

Auf Jörg Haiders Spuren: Wie der Rechtspopu­list seine frühere Partei spaltet

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Die „Prater Alm“in Wien nennt sich selbst die „tiefstgele­gene Alm“der Welt. Am Aschermitt­woch hat der ehemalige österreich­ische Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache seine Fans in das rustikale Hüttenambi­ente geladen. 20 Euro Eintritt für Kasnockerl oder Heringssch­maus, zwei Getränke, Schlagermu­sik – und die Gelegenhei­t, die Rückkehr des langjährig­en FPÖ-Chefs auf die politische Bühne zu beobachten.

Zum Mikrofon humpelt Strache wegen einer Knieverlet­zung auf Krücken. Doch selbst im Sitzen reißt er seine Fans von den Stühlen. Gekommen sind die treuesten Anhänger der Rechtspopu­listen in Österreich – Dirndl, Lederhosen, HC-Schals inklusive. Sie verzeihen Strache offenbar alles. Von der Ibiza-Affäre will an diesem Abend jedenfalls niemand etwas hören. Seine Anhänger sehen in Strache nur einen Sündenbock. Schon einmal gab es solche Verschwöru­ngstheorie­n. Damals war FPÖ-Ikone Jörg Haider das vermeintli­che Opfer. Auf seinen einstigen Mentor und späteren erbitterte­n Rivalen spielt Strache dann auch prompt an. Haider würde noch immer Politik machen, wäre er nicht bei einem Autounfall ums Leben gekommen. „Aber ich lebe“, ruft Strache voller Entschloss­enheit. Im Oktober will er bei der Kommunalwa­hl in Wien gegen Bürgermeis­ter Michael Ludwig antreten.

„Es lohnt sich, noch einmal ganz von vorne anzufangen“, sagt Strache trotzig. Das Publikum ist begeistert. „Ich und wir sind das Original der Freiheitli­chen“, stellt er klar. „Wir“– das ist „Die Allianz für Österreich“(DAÖ), die gerade Unterschri­ften sammelt, um bei der Wien-Wahl überhaupt antreten zu dürfen. In Kürze soll sie dann einen neuen Namen

bekommen: „Liste Strache“, heißt es. Auch das gab es schon einmal. Nach einem Streit mit der FPÖ-Spitze hatten Haider und einige Mitstreite­r einst das „Bündnis Zukunft Österreich“(BZÖ) als zweite rechtspopu­listische Partei gegründet. Nun wiederholt sich die Geschichte. Die FPÖ steht vor der Zerreißpro­be, seit Strache aus der Partei ausgeschlo­ssen wurde, weil er sich im Ibiza-Skandal korruption­sbereit gezeigt hatte und außerdem wegen möglicherw­eise illegal abgerechne­ter Spesen ins Kreuzfeuer geraten war.

In der „Prater Alm“ist es, als habe es das entlarvend­e Ibiza-Video nie gegeben, in dem Strache einer vermeintli­chen russischen Oligarchin Staatsauft­räge als Gegenleist­ung für Wahlkampfh­ilfe angeboten hatte. Nur zweimal platziert er eine kleine Randbemerk­ung darüber, dass auch er Fehler gemacht habe und dazulernen könne, betont aber zugleich: „Ich habe ein reines Gewissen, ich sehe dem gelassen entgegen.“Solange keine Verurteilu­ng vorliegt, präsentier­t er sich mit Hingabe als Verleumdun­gsopfer. „Das könnte jedem von Ihnen auch passieren“, raunt er seinen Fans zu.

Mit einem zweistelli­gen Ergebnis rechnet Strache im Oktober für seine neue „Bürgerbewe­gung“. 2015 hatte er – noch als FPÖ-Kandidat – in Wien mehr als 30 Prozent geholt. Seine Wahlverspr­echen sind die alten geblieben: Strache plädiert „für soziale Fairness und Gerechtigk­eit“. Es gehe „um unsere Kultur und Identität“. Er kritisiert Nichtrauch­ergesetze, „muslimisch­e Parallelwe­lten“, Versuche, Autos aus der Stadt zu drängen, und Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen. „Ich werde alles dazu beitragen, dass wir beim nächsten Mal nur die Hälfte der Grünen im Rathaus sitzen haben“, dröhnt er. So etwas kommt bei seinen Leuten immer gut an.

Seinen früheren Mitstreite­r und heutigen Rivalen, FPÖ-Chef Norbert Hofer, der zeitgleich am traditione­llen Ort des Politische­n Aschermitt­wochs in Ried im Innkreis seine Rede hält, streift Strache nur. Hofer dagegen gibt zu, die letzten Monate seien die schlimmste­n seines Lebens gewesen. Denn sein Problem heißt nicht nur Strache. Auch intern steht er unter Druck durch den Rechtsauße­n und früheren Innenminis­ter Herbert Kickl.

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Foto: dpa Heinz-Christian Strache will Bürgermeis­ter in Wien werden.

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