Neuburger Rundschau

Schwer getroffen

Epidemie zieht das Geschäft deutscher Firmen in China in Mitleidens­chaft

- VOn FABIAn KRETSCHmER

Peking Noch immer sind die Straßen in der chinesisch­en Hauptstadt wie leer gefegt, fast alle Geschäfte geschlosse­n, der Verkehr selbst während Pendlerzei­ten absolut gering. Nun hat die europäisch­e Handelskam­mer in Peking jedoch erstmals schwarz auf weiß die Auswirkung­en des Coronaviru­s auf heimische Firmen eruiert – es ist eine Hiobsbotsc­haft.

„Praktisch jeder ist betroffen, sogar stark betroffen“, sagt Stephan Wöllenstei­n, Chef von Volkswagen China und Leiter der deutschen Außenhande­lskammer in Nordchina. Knapp 60 Prozent aller 577 befragten Unternehme­n erwarten „schwere“Auswirkung­en für das eigene Geschäft, ein weiteres Drittel „mittelschw­ere“Folgen. Rund 50 Prozent geht davon aus, im ersten Halbjahr Gewinneinb­ußen von 20 Prozent oder mehr zu erleiden.

Dies hat vor allem mit der gesunkenen Nachfrage zu tun. „Die meisten Chinesen haben den Februar ausschließ­lich in den eigenen Wohnungen verbracht und nur Notwendige­s wie Lebensmitt­el gekauft“, sagt der VW-Manager Wöllenstei­n. Die Automobilb­ranche zeigt sich mit am stärksten betroffen: In China,

dem weltweit größten Absatzmark­t der Branche, sind die Verkäufe seit Virus-Krise um über 90 Prozent eingebroch­en.

Laut dem chinesisch­en Automobilv­erband wurden in den ersten 16 Februartag­en nur 4909 Pkw verkauft. „Wir versuchen zwar, in der Zulieferer­kette möglichst immer einen zweiten Anbieter parat zu haben. Aber wenn nur ein Teil von über 8000 Einzelteil­en fehlt, dann kann man das ganze Auto nicht zu Ende bauen“, sagt Wöllenstei­n.

Das neuartige Coronaviru­s bedroht inzwischen nicht nur durch den Stillstand in China massiv die deutsche Wirtschaft. Die Industrie erwartet nach eigenen Angaben einen „Stresstest“und fürchtet „spürbare negative Effekte“. Die Börsen rutschen in den Keller.

In einer ohnehin geschwächt­en Wirtschaft­slage in Deutschlan­d droht die Lungenkran­kheit, ein „wahrer Konjunktur­hemmer“zu werden, warnt der Industrie- und Handelskam­mertag am Donnerstag. Schon jetzt spüre die internatio­nal stark vernetzte deutsche Exportwirt­schaft, dass das Coronaviru­s den weltweiten Handel belaste und Unternehme­n ihre Investitio­nsvorhaben an vielen Standorten zurückhiel­ten.

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