Schwer getroffen
Epidemie zieht das Geschäft deutscher Firmen in China in Mitleidenschaft
Peking Noch immer sind die Straßen in der chinesischen Hauptstadt wie leer gefegt, fast alle Geschäfte geschlossen, der Verkehr selbst während Pendlerzeiten absolut gering. Nun hat die europäische Handelskammer in Peking jedoch erstmals schwarz auf weiß die Auswirkungen des Coronavirus auf heimische Firmen eruiert – es ist eine Hiobsbotschaft.
„Praktisch jeder ist betroffen, sogar stark betroffen“, sagt Stephan Wöllenstein, Chef von Volkswagen China und Leiter der deutschen Außenhandelskammer in Nordchina. Knapp 60 Prozent aller 577 befragten Unternehmen erwarten „schwere“Auswirkungen für das eigene Geschäft, ein weiteres Drittel „mittelschwere“Folgen. Rund 50 Prozent geht davon aus, im ersten Halbjahr Gewinneinbußen von 20 Prozent oder mehr zu erleiden.
Dies hat vor allem mit der gesunkenen Nachfrage zu tun. „Die meisten Chinesen haben den Februar ausschließlich in den eigenen Wohnungen verbracht und nur Notwendiges wie Lebensmittel gekauft“, sagt der VW-Manager Wöllenstein. Die Automobilbranche zeigt sich mit am stärksten betroffen: In China,
dem weltweit größten Absatzmarkt der Branche, sind die Verkäufe seit Virus-Krise um über 90 Prozent eingebrochen.
Laut dem chinesischen Automobilverband wurden in den ersten 16 Februartagen nur 4909 Pkw verkauft. „Wir versuchen zwar, in der Zuliefererkette möglichst immer einen zweiten Anbieter parat zu haben. Aber wenn nur ein Teil von über 8000 Einzelteilen fehlt, dann kann man das ganze Auto nicht zu Ende bauen“, sagt Wöllenstein.
Das neuartige Coronavirus bedroht inzwischen nicht nur durch den Stillstand in China massiv die deutsche Wirtschaft. Die Industrie erwartet nach eigenen Angaben einen „Stresstest“und fürchtet „spürbare negative Effekte“. Die Börsen rutschen in den Keller.
In einer ohnehin geschwächten Wirtschaftslage in Deutschland droht die Lungenkrankheit, ein „wahrer Konjunkturhemmer“zu werden, warnt der Industrie- und Handelskammertag am Donnerstag. Schon jetzt spüre die international stark vernetzte deutsche Exportwirtschaft, dass das Coronavirus den weltweiten Handel belaste und Unternehmen ihre Investitionsvorhaben an vielen Standorten zurückhielten.