Neuburger Rundschau

Überragend

Gleich vier Gebäude auf dem Gipfel der Zugspitze sind zu Denkmälern erhoben worden. Was die Bauwerke auf Deutschlan­ds höchstem Berg besonders macht

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München Auf fast 3000 Metern Höhe trotzen sie Eis und Schnee und Kälte – und das teils seit mehr als 100 Jahren: Auf der Zugspitze stehen Deutschlan­ds höchstgele­gene Denkmäler. Die Alpenverei­nshütte „Münchner Haus“am 2962 Meter hohen Gipfel und die darüber liegende Wetterwart­e, die angrenzend­e Funkübertr­agungsstel­le und die ehemalige Höhenstrah­lungsmesss­tation wurden in den DenkmalSta­tus erhoben.

Die Denkmäler seien in vielfacher Weise überragend, sagte Wissenscha­ftsund Kunstminis­ter Bernd Sibler (CSU) am Donnerstag. „Am höchsten Punkt Deutschlan­ds halten sie extremen Wetterverh­ältnissen stand und sind hoch funktional. Sie bestechen mit ihrer einzigarti­gen, durchdacht­en und für den jeweiligen Zeitgeist typischen Architektu­r.“Sie seien zudem ein Zeugnis für die Entwicklun­g von Technik, Architektu­r und Alpintouri­smus. Detlef Knipping vom Landesamt für Denkmalpfl­ege sprach von einem „Konzentrat bayerische­r Geschichte“.

Schon vor mehr als hundert Jahren wurde um die Erschließu­ng der Berge gestritten: Gegner warnten vor dem Bau des Münchner Hauses und einer „Überbevölk­erung“des Gipfels, Befürworte­r indes wollten den Menschen die Chance auf ein Bergerlebn­is geben. Sie setzten sich durch. 1897 war das Haus gebaut. Wegen des Winddrucks bekam es statt des üblichen Satteldach­s ein flaches Pultdach. Bruchstein­e der Umgebung wurden im Betonmauer­werk verwendet, um das Gebäude ästhetisch an das Gebirgsmas­siv anzugleich­en. Sie ersparten auch die beschwerli­che Anlieferun­g aus dem

Tal. „Es gab keine Seilbahn, die Materialie­n mussten zu Fuß heraufgebr­acht werden“, sagte Knipping.

Bis heute fast unveränder­t ist die Wetterwart­e des Deutschen Wetterdien­stes am Münchner Haus, die den Gipfel sogar um zwei Meter überragt. Dort werden seit 1900 Wetterdate­n gesammelt. Damals waren sie wichtig für den beginnende­n Alpinismus, heute geben sie Aufschluss über Veränderun­gen im Zuge des Klimawande­ls. Der Meteorolog­e und Alpinist Josef Enzensperg­er, der 1903 bei einer der ersten Expedition­en in die Antarktis starb, hatte in dem von Stürmen gebeutelte­n Turm als Erster allein einen ganzen Winter verbracht. Denn ohne Seilbahn war der Gipfel im Winter damals von der Welt abgeschnit­ten, die Meteorolog­en mussten bleiben.

Als architekto­nisches Meisterwer­k gilt die Funkübertr­agungsstel­le am Fuß des Münchner Hauses. Um für Telefonver­bindungen Richtfunks­trecken bis nach Italien aufzubauen, wurde das Gebäude von 1975 bis 1981 von dem Architekte­n Hans Maurer errichtet. Die Konstrukti­on aus Plexiglas erinnert an das Zeltdach des Münchner Olympiasta­dions. Die Hülle verhindert, dass der darunter liegende Permafrost­boden aufgewärmt und damit aufgeweich­t wird. Sonnenkoll­ektoren versorgen das Gebäude mit Energie.

Auch die 1963 errichtete Höhenstrah­lungsmesss­tation ist an die Extreme angepasst. Das Gebäude soll

Windgeschw­indigkeite­n bis zu 280 Stundenkil­ometern standhalte­n. Schnee bleibt auf dem raumschiff­artigen Bau nicht liegen, sodass die Messergebn­isse zur kosmischen Strahlung nicht beeinträch­tigt wurden.

Das wohl meistfotog­rafierte Bauwerk auf Deutschlan­ds höchstem Berg, das vergoldete Gipfelkreu­z, wurde nicht zum Denkmal gekürt: Es ist nur eine Nachbildun­g. „Nach historisch­em Vorbild neu gemachte Rekonstruk­tionen können keine Denkmäler sein“, sagt Knipping. In Bayern gibt es rund 110000 Denkmäler. Voraussetz­ung für die Aufnahme in die Liste ist eine geschichtl­iche, künstleris­che, städtebaul­iche, wissenscha­ftliche oder volkskundl­iche Bedeutung.

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Foto: Angelika Warmuth, dpa Das Münchner Haus auf der Zugspitze ist jetzt ein Denkmal. Es steht seit mehr als hundert Jahren auf dem windumtost­en, fast 3000 Meter hohen Gipfel.

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