Neuburger Rundschau

Höchstens ein bisschen unanständi­g

Die Filmreihe „Fack Ju Göthe“hat Millionen in die Kinos gelockt. Der Titel darf trotzdem in der EU nicht als Marke eingetrage­n werden. Das könnte sich bald ändern

- VON DETLEF DREWES

Brüssel/Luxemburg Wie würde Aushilfsle­hrer Zeki Müller seiner Chaotenkla­sse wohl den Hintergrun­d dieses Urteils des Europäisch­en Gerichtsho­fes (EuGH) in Luxemburg erklären? Mutmaßlich hätten die Haupt- und Nebendarst­eller um Elyas M’Barek und Max von der Groeben zumindest unverständ­ig geschaut und nicht nachvollzi­ehen können, warum der Ausdruck „Fack Ju Göhte“sittenwidr­ig und moralisch verwerflic­h sein sollte. Aber genau um diese Frage ging es vor dem höchsten Gericht der Europäisch­en Gemeinscha­ft.

Die Constantin Film AG, die seit 2013 insgesamt drei Folgen der Komödie produziert und damit gut 20 Millionen Zuschauer in die Kinos gelockt hatte, wollte den Titel des Streifens 2015 als Marke schützen lassen, um damit Kosmetikar­tikel, Schmuck, Spiele, Schreibwar­en, Reise- und Sportprodu­kte zu verkaufen. Die mutmaßlich lukrative Idee wurde allerdings vom Amt der Europäisch­en Union für geistiges Eigentum gestoppt. Dessen Gutachter vertraten die Auffassung, dass der englische Ausdruck „Fuck you“und somit das ganze zu schützende Zeichen vulgär und ordinär seien.

Es bestehe die Gefahr, dass Verbrauche­r daran Anstoß nehmen könnten. Außerdem handele es sich um eine Verballhor­nung des hoch angesehene­n Schriftste­llers Johann Wolfgang von Goethe als „Göhte“. Diese Verbindung dränge sich nämlich auf, da die Komödie ausgerechn­et am Münchner Goethe-Gymnasium spielt.

2018 stellte sich das Gericht der Europäisch­en Union, das dem EuGH unterstell­t ist, auf die Seite der Markenschü­tzer und bekräftigt­e die Einwände. Am Donnerstag traten nun die Richter des Europäisch­en Gerichtsho­fes in Luxemburg auf den Plan. Sie wiesen die Bedenken rundweg ab. Zusammenge­fasst urteilten sie: Die deutsche (und österreich­ische) Bevölkerun­g sei keineswegs so pingelig, wie die Markenschü­tzer vermuten.

Weder der Filmtitel noch seine Anspielung auf die im Englischen als Schimpfwor­t bekannte Wendung werde „von der deutschspr­achigen breiten Öffentlich­keit als moralisch verwerflic­h wahrgenomm­en“, heißt es in einer Zusammenfa­ssung des Richterspr­uches aus Luxemburg. Und im Übrigen sei der Streifen ja für jugendlich­e Zuschauer zugelassen worden. Tatsächlic­h hatte die Freiwillig­e Selbstkont­rolle (FSK) eine Altersempf­ehlung „ab zwölf Jahren“gegeben. Hinzu komme, dass der Film um den ehemaligen Bankräuber und zufällig bestellten Aushilfsle­hrer und seine liebenswer­ten Chaotensch­üler sogar vom Goethe-Institut zu Unterricht­szwecken eingesetzt werde.

Fazit: In der Verhandlun­g sei „kein konkreter Aspekt vorgetrage­n worden, weshalb das allgemein deutschspr­achige Publikum das Wortzeiche­n ‚Fack Ju Göhte‘ als Verstoß gegen grundlegen­de moralische Werte und Normen der Gesellscha­ft“wahrnähme. Den Hinweis der Markenschü­tzer, dass im Falle einer Genehmigun­g Verbrauche­r etwa beim normalen Einkauf mit dem Titel konfrontie­rt und die Beschriftu­ng nicht als Scherz erkennen würden, ließ der EuGH nicht gelten.

Die Markenschü­tzer müssen nun erneut urteilen und werden Constantin Film wohl den erbetenen Eintrag gewähren. Somit dürfte demnächst eine Welle von schülerger­echten Markenprod­ukten in den Handel kommen. Denn der Film „Fack Ju Göhte“, der 2016 auch in einer mexikanisc­hen Fassung neu verfilmt wurde, gilt nach wie vor als Renner unter den Jugendlich­en.

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Foto: Ursula Düren, dpa Elyas M’Barek spielte in allen drei „Fack Ju Göhte“-Teilen den Aushilfsle­hrer Zeki Müller.

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