Corona legt Teile der Sportwelt lahm
Das Virus hat Auswirkungen auf den Sport: Die Schweiz beschließt drastische Maßnahmen, Radsportler sitzen fest. Der Sommermärchen-Prozess könnte behindert werden
München Das sich weiter ausbreitende Coronavirus bringt auch den Sport immer mehr in Not. In Abu Dhabi und Berlin sitzen Radprofis in Quarantäne, bei Weltcup-Skirennen in Norditalien wurde Körperkontakt aus Sorge vor Covid-19 praktisch untersagt. Auch in Deutschland bestimmen die Vorsichtsmaßnahmen vor dem Virus den Alltag.
RB Leipzig stornierte alle Reisen seiner Spieler, Scouts und Mitarbeiter, nicht nur beim SC Freiburg wird auf Händeschütteln verzichtet. In der Schweiz griffen die Behörden durch: Der Bundesrat verbot am Freitag bis zum 15. März alle Sportevents mit mehr als 1000 Zuschauern. Alle Fußball-Erstligapartien des Wochenendes wurden auf einen unbestimmten Termin verlegt, über die kommenden Wochen wird noch beratschlagt. Im Eishockey stehen vom 7. März an die MeisterschaftsPlay-offs an. Die letzten beiden Qualifikationsrunden in der ersten Liga finden vor leeren Rängen statt, wie die Liga mitteilte. Im Mai findet in der Schweiz außerdem die Weltmeisterschaft statt.
Auch der Fußball in Deutschland reagierte bereits, wenn auch noch nicht so folgenreich wie in der Schweiz. „Aktuell wurden alle Reisen storniert“, berichtete Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann. Beim SC Freiburg teilt Coach Christian Streich mit, „dass wir uns nicht die ganze Zeit die Hand geben“. Bayern-Trainer Hansi Flick kündigte an, sich nochmals mit dem Teamarzt zu besprechen. „Es ist wichtig, dass wir alle Vorkehrungen treffen, dass wir wirklich auf der sicheren Seite sind“, sagte er. Titelrivale Borussia Dortmund hat sich gegen mögliche Spielabsagen gewappnet: Der Verein habe eine Ausfallversicherung, sagte ein Sprecher.
Während der internationale Spitzenfußball von Infektionen bislang verschont blieb, kam der Radsport bereits in direkten Kontakt mit dem neuartigen Virus. Die UAE Tour in den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde vor der Etappe am Freitag gestoppt, weil zwei italienische Mitarbeiter eines Teams positiv getestet wurden. „Um vier Uhr nachts wurde bei uns im Hotel hier in Abu Dhabi an die Tür geklopft und uns gesagt, dass das Rennen abgesagt wurde und wir sofort zum Medizincheck müssen“, sagte der deutsche Sprinter Pascal Ackermann. Der Fahrer vom Team Bora-hansgrohe ist nun unter Quarantäne in einem Hotel. „Eigentlich wissen wir gerade gar nicht, was hier Sache ist“, sagte er. „Erst einmal müssen wir schauen, ob wir hier aus Dubai wegkommen oder im schlimmsten Fall zwei Wochen im Hotel bleiben müssen.“
In Berlin wurde der dänische Radprofi Michael Mørkøv in einem Hotel isoliert, nachdem er von der UAE Tour angereist war. Er wollte eigentlich bei der Bahn-WM am Wochenende starten. „Wir prüfen derzeit die Situation mit dem Chefarzt, den örtlichen Gesundheitsbehörden und anderen betroffenen Parteien“, teilte der Weltverband UCI mit.
So wenig Körperkontakt wie möglich ist generell die Maxime, die Mediziner aktuell ausgeben. Sie gilt auch im Sport. Beim Ski-Weltcup in La Thuile im norditalienischen Aostatal müssen Journalisten bei Interviews mit Athletinnen mindestens eineinhalb Meter Abstand halten, Handshakes sind untersagt. Der Sportmediziner Wilhelm Bloch rät Athleten, direkt nach den Wettkämpfen weder Interviews zu geben noch Autogramme zu schreiben.
Nach hohen Belastungen würde die Barriere für Erreger in den oberen Atemwegen „löchriger“, sagte der Professor von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Obwohl er keiner hohen Belastung im sportlichen Sinne ausgesetzt ist, hat sich auch Theo Zwanziger angesichts von Corona zu einer Absage entschlossen – allerdings nicht auf dem Sportplatz.
Der ehemalige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes will aus Sorge vor einer Ansteckung nicht zum Sommermärchen-Prozess in die Schweiz reisen. „Ich halte es für absolut unzumutbar, eine Reise ins Tessin anzutreten, in dem Veranstaltungen abgesagt werden“, sagte Zwanziger am Freitag. Er muss sich vor Gericht verantworten, weil er am mutmaßlichen Kauf der WMVergabe 2006 beteiligt gewesen sein soll. Bellinzona liegt rund 50 Kilometer von Italien entfernt, wo zahlreiche Fälle des Coronavirus registriert wurden.