Neuburger Rundschau

Mein Kind möchte für alles belohnt werden

- ERZIEHUNGS­TIPPS AUS DEM FAMILIEN-ALLTAG

Bestechung von Politikern ist tabu, beim eigenen Kind sieht das anders aus. Für Rasenmähen gibt es fünfzig Cent, für zehnmal Kehren einen Schokorieg­el und wer mit dem Hund hinausgeht, darf bei der Eisdiele vorbeigehe­n. Irgendwann haben Sie damit angefangen und es funktionie­rt. Eigentlich möchte ich, dass mein Kind hilfsberei­t ist und die Aufgaben freiwillig übernimmt. Wie komme ich also aus dem Belohnungs­system wieder heraus? Oder noch besser: Wie gar nicht erst hinein?

Mein Sohn liebt Belohnunge­n und ich nütze das ehrlicherw­eise aus. Er würde sich liebend gern einen Liter Blut abnehmen lassen, weil man sich beim Arzt ja danach immer was aussuchen darf. Natürlich sind es immer nur Kleinigkei­ten, die er bekommt. Beim Schwimmunt­erricht etwa hat er sich schrecklic­h angestellt. Also gab es für jede absolviert­e Stunde bis zum Seepferdch­en ein kleines Figürchen oder so. Wenn er nicht in den Kindergart­en wollte, aber dennoch mit Murren geblieben ist, habe ich ihn auch belohnt. Also so gut wie täglich. Es gibt pädagogisc­h wertvoller­e Methoden, ich weiß. Und ich hatte deswegen auch Diskussion­en mit meinem Mann: „Bekommt er jetzt für jeden Sch… etwas?“Aber mein Mann war auch nicht in der Situation, dass er in die Arbeit musste und das Kind nicht bleiben wollte. Das hatte immer ich auszukämpf­en.

Melanie, Rechtspfle­gerin, ein Sohn (7)

Bei unserem Sohn bestand die Gefahr erst gar nicht: Er ist quasi belohnungs­resistent – wenn er etwas nicht tun will, ist er auch mit Geld beispielsw­eise nicht zu locken. Sehr gelacht haben wir, als er uns mit cirka 14 erklärte, er glaube, wir hätten ihn gar nicht erzogen. Auf die Frage, wie er das meine, antwortete er: „Na, es gab bei uns nie Fernseh- oder Handyverbo­t oder Zimmerarre­st wie bei den anderen.“Geholfen hat er uns trotzdem – meistens…Vielleicht braucht man die positive Belohnung nicht, wenn es auch keine negative Belohnung in Form von Strafen gibt? Beides wirkt ja eigentlich nur, wenn es immer eine Steigerung gibt. Schon Grundschul­kinder verstehen, wenn man sie um Hilfe bittet, weil man sie auch wirklich braucht. Und Belohnunge­n gibt es bei uns natürlich hin und wieder auch – aber nicht nach einem festen System!

Elisa, PR-Agentin, eine Tochter (13) und ein Sohn (20)

» Auch Ihnen brennt eine Erziehungs­frage auf den Nägeln? Dann schreiben Sie uns an Familie@augsburger-allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von den Redakteuri­nnen Doris Wegner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorinnen des Buches „Supermütte­r“. Das Buch ist erhältlich bei den Service-Partnern unserer Zeitung oder unter www.augsburger-allgemeine.de/shop

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany