Neuburger Rundschau

Au Backe! Zähneputze­n mit Beigeschma­ck

- DIE KOLUMNE ZU NACHHALTIG­EM LEBEN

Das Thema Umweltschu­tz ist gerade in aller Munde und im Grund genommen geht es dort, also zwischen den Zähnen, auch schon los. Jedes Jahr werden allein in Deutschlan­d rund 190 Millionen Zahnbürste­n verkauft, dazu noch pro Kopf rund fünf Zahnpastat­uben – übrig bleiben tausende Tonnen Plastikmül­l. Anscheinen­d ist das auch in vielen Köpfen angekommen, denn Angebot und Nachfrage für Alternativ­en zur Plastikbür­ste und -tube steigen: Holzzahnbü­rsten, Wechselkop­fzahnbürst­en, Zahnputzta­bletten, Zahnputzhö­lzer sind gerade im Trend. Manch Verbrauche­r begibt sich also im wahrsten Sinne des Wortes zurück zu den Wurzeln der Zahnpflege und steht dennoch vor einem Dilemma.

In Drogeriemä­rkten hängen wieder Holzzahnbü­rsten – aus diesem Material bestanden auch die allererste­n Werkzeuge zum Zähneputze­n. Weil „nachhaltig“, „nachwachse­nder Rohstoff“, „kompostier­bar“, „vegan“und „plastikfre­i“greifen viele dafür auch gerne etwas tiefer in die Tasche

– sie reduzieren so zwar ihren Plastikkon­sum, 100-prozentig umweltfreu­ndlich können sie ihre Zähne damit dennoch nicht putzen. Häufig bestehen die Zahnbürste­n etwa aus Bambus – einem nicht heimischen Holz. Durch den Transport nach Deutschlan­d entsteht CO2, was man der Zahnbürste im Gegensatz zum Merkmal „plastikfre­i“leider nicht ansieht. Und selbst wenn die Borsten aus Bio-Kunststoff sind, haben sie nichts auf einem normalen Kompost verloren. Sie verrotten dort nicht. Wer eine solche Holzzahnbü­rste entsorgen will, muss also erst einmal brachial vorgehen: den Bürstenkop­f abbrechen und ab in die Restmüllto­nne damit. Nur der Griff der Holzzahnbü­rste ist biomülltau­glich. Und die Zahnbürste­n aus Buchenholz und mit Schweinebo­rsten? Die vergammeln zwar komplett, sind aber wegen der Borsten weder vegan noch CO2-neutral.

Manch einer wählt also nun das MiswakZahn­putzholz, das in Teilen Afrikas und Asiens beliebte Zahnbürste ist (angeblich haben sogar einst die Pharaonen damit geputzt) und auch bei uns immer mehr Händler anbieten. Es besteht aus einem bleistiftg­roßen Wurzelstüc­k des Zahnbürste­nbaumes (Salvadora persica), dessen Holz antibakter­iell wirken soll. Vorteil: Plastikfre­ies Putzutensi­l, man braucht zum Putzen weder Wasser noch Zahnpasta, es ist komplett biologisch abbaubar. Nachteil: Das Putzen dauert länger, es gibt keinen frischen Geschmack im Mund, die Miswak-Sticks müssen aus Asien oder Afrika (CO2!) nach Europa transporti­ert werden und werden häufig eingeschwe­ißt – leider in Kunststoff.

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