Kaufmännische Kompetenz in der Apotheke
Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte sorgen hinter den Kulissen für den reibungslosen Ablauf im Medikamentenverkauf. Aber auch im Verkaufsraum kommt ihre Marketingexpertise zur Geltung
Goslar Die Apotheke ist mehr als ein Ort, an dem Medikamente über den Ladentisch gereicht werden. Neben Fachwissen über die Wirkung von Tabletten und Tinkturen ist auch das Zwischenmenschliche gefragt, ein offenes Ohr für Belange der Kundschaft, die sich in der Apotheke gut aufgehoben fühlen will. Anette Holzmann absolviert eine Ausbildung zur pharmazeutischkaufmännischen Angestellten (PKA) in der Apotheke am Krankenhaus in Goslar und trägt dort zum Wohlfühlambiente bei.
Die 18-Jährige hat sich selbst schon immer in einer Apotheke wohlgefühlt. Wie fast alle Kinder in Deutschland wurde auch sie stets verlässlich mit Traubenzucker und dem Kinderheft versorgt. Die positive Grundstimmung eines Ortes, der Menschen dabei hilft, gesund zu werden, hat für Anette Holzmann eine Rolle gespielt bei der Berufsentscheidung. Als gute Matheschülerin auf der Realschule und ausgestattet mit einem Sinn fürs Organisieren und Planen entschied sie sich für den kaufmännischen Beruf in der Apotheke. Dort ist sie vor allem hinter den Kulissen tätig, kümmert
um Verwaltung und Bestandspflege der Arzneimittel und Medizinprodukte.
„Ich bestelle Artikel, nehme Lieferungen an, kontrolliere und erfasse sie mit Blick auf Beschaffenheit, Art, Menge und Preis“, beschreibt Anette Holzmann ihre Aufgaben, die Verantwortungsbewusstsein und Sorgfalt verlangen. Denn bei der Lagerung muss sie gefahrstoffrechtliche Vorschriften im Blick behalten. Freude macht es ihr, Waren auszuzeichnen und ansprechend zu präsentieren – neben ihrem kaufmännischen Geschick ist dann auch ein Sinn fürs Marketing gefragt. Die 18-Jährige entwickelt Ideen für die ansprechende Präsentation des nicht-medizinischen Sortiments wie Kosmetika, Babynahrung, Bonbons und Tees. „Es ist wie Kaufladen spielen, nur in echt“, sagt die 18-Jährige. Dementsprechend mag sie auch das Thema „Die eigene Apotheke präsentieren“auf dem Stundenplan der Berufsschule.
Weitere Berufsschulfächer dieser dualen Ausbildung sind Wirtschaft, Organisation und Rechnungswesen. Deshalb sollten Azubis „ein Gefühl für kaufmännische Abläufe“mitbringen, sagt Jens Kloppenburg, Inhaber der Apotheke am Krankenhaus in Goslar und Holzmanns Chef. „Gute PKAs sind wie eine Lebensversicherung für die Apotheke. Sie sorgen für das Backoffice, reibungslose Logistik und kümmern sich eigenständig um die Warenwirtschaft.“
Was aber sollten Azubis also mitbringen, wenn sie bei Kloppenburg PKA werden wollen? „Die Klassisich ker: eine gute Allgemeinbildung, gute Deutsch- und Mathekenntnisse sowie einen grundsätzlichen Sinn fürs Kaufmännische“, sagt Kloppenburg. Er betont, dass PKAs auf Augenhöhe im Team mit pharmazeutisch-technischen Angestellten (PTA) sowie den Apothekerinnen und Apothekern arbeiten. Die Zeit der „Apothekenhelferin“, die lediglich zuarbeiten durfte, ist seit den 90er Jahren Vergangenheit.
Die Teamarbeit ist auch ein Aspekt, der Anette Holzmann gut gefällt: „Selbstverständlich weiß ich noch nicht so viel wie die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, ich lerne ja noch. Aber hier herrscht ein gutes Arbeitsklima, ich kann mir viel von den anderen abschauen.“Etwa wenn es darum geht, unfreundliche Kunden oder halsstarrige Lieferanten am Telefon zu bändigen. In solchen Situationen den Spagat hinzubekommen, freundlich und bestimmt zu bleiben, war für die 18-Jährige anfangs stressig.
Der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zufolge, ist die PKA-Ausbildung beliebt. Der Beruf habe zudem beste Zukunftschancen, sagt dort Ursula Sellerberg betont: „PKA sind für Apotheken wichtig, deshalb sind die Aussichten auf eine feste Anstellung nach der Ausbildung sehr gut.“Im Jahr 2019 waren bundesweit rund 3700 PKA in Ausbildung. In den rund 19500 bundesdeutschen Apotheken arbeiten insgesamt rund 33 000 PKA. Der Beruf ist fest in weiblicher Hand, die Frauenquote liegt bei 98 Prozent.
Katja Wallrafen, dpa