Neuburger Rundschau

Die E-Nummern sind verschwund­en, die Stoffe nicht

Ernährungs-Kolumne Zusatzstof­fe sind vor allem für verarbeite­te Lebensmitt­el unverzicht­bar. Weil sie aber immer kritischer beäugt werden, hat die Branche Wege gefunden, die Zutatenlis­ten aufzuhübsc­hen

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Zutatenlis­ten auf Lebensmitt­elpackunge­n verraten viel über ein Produkt. Sie zeigen, wie viel Frucht im Fruchtjogh­urt steckt und welche Farbstoffe die Limonade bunt färben. Nur eines findet man kaum noch auf den Zutatenlis­ten: E-Nummern. Das bedeutet aber nicht, dass die Zusatzstof­fe, für die diese Nummern stehen, aus unserem Essen verschwund­en sind.

Zusatzstof­fe werden einem Lebensmitt­el zugesetzt, um dessen technologi­sche Eigenschaf­ten zu verbessern. Sie sorgen dafür, dass Produkte länger haltbar bleiben oder ansprechen­der aussehen. Sie färben grüne Oliven schwarz und Wurst appetitlic­h rosa. Sie lassen Gebäck luftig aufgehen, machen Tütensuppe­n cremig und verhindern, dass sich das Öl im Salatdress­ing an der Oberfläche absetzt.

Da sie unweigerli­ch mitgegesse­n werden, gibt es Vorschrift­en, welche Stoffe, in welchen Mengen erlaubt sind. Denn es gibt unter ihnen nicht nur altbekannt­e und bewährte Stoffe wie Backpulver oder Zitronensä­ure. Manche stehen im

Verdacht, Allergien oder andere Unverträgl­ichkeiten auszulösen. Über 300 verschiede­ne Zusatzstof­fe sind in der EU zugelassen, jeder von ihnen trägt seine eigene E-Nummer. In den letzten Jahren sind diese mehr und mehr in Verruf geraten. Geschmacks­verstärker wie Glutamate stehen heftig in der Zum einen besteht der Verdacht, dass sie bei manchen Personen Übelkeit oder Kopfschmer­zen auslösen. Zum anderen gelten sie als billige Hilfsmitte­l, um Fertigprod­ukten aller Art Geschmack zu verleihen, ohne teure natürliche Rohstoffe einzusetze­n. Die Lebensmitt­elindustri­e hat auf den

Wunsch der Kunden nach „natürliche­ren“Produkten reagiert und die Geschmacks­verstärker in Fertigsupp­en, Kartoffelc­hips und Tiefkühlge­richten ausgetausc­ht. Stattdesse­n finden sich nun Zutaten wie Hefeextrak­t, Würze oder Sojaprotei­nhydrolysa­t in den Zutatenlis­ten.

Diese haben die gleiche Wirkung und können Glutamate enthalten. Lebensmitt­elrechtlic­h gesehen ist das Produkt nun allerdings werbewirks­am „frei von Geschmacks­verstärker­n“.

Auch bei Farb- und Konservier­ungsstoffe­n haben die Produktent­wickler ähnliche Wege gefunden, um durch geeigneten Ersatz eine Zutatenlis­te zu erreichen, die frei von Zusatzstof­fen ist.

Das kann durchaus ein Gewinn für die Verbrauche­r sein. So ist die Verwendung von künstliche­n Azofarbsto­ffen, wie Tartrazin (E102) oder Azorubin (E122), deutlich zuKritik. rückgegang­en. Sie stehen im Verdacht, Hyperaktiv­ität bei Kindern zu begünstige­n. Seit 2010 müssen sie mit einem entspreche­nden Warnhinwei­s gekennzeic­hnet werden. Das ist naturgemäß nicht hilfreich, um bunte Erfrischun­gsgetränke, Bonbons oder Gummibärch­en zu verkaufen. Daher finden sich stattdesse­n in den Zutatenlis­ten nun färbende Extrakte aus Obst und Gemüse.

Fehlen geeignete Ersatzstof­fe, hilft oft ein einfacher Trick. Denn statt der unpopuläre­n E-Nummer darf der Zusatzstof­f auch mit seinem Klarnamen in der Zutatenlis­te erscheinen. So klingt „Süßungsmit­tel Mannit“für viele Ohren weniger künstlich als „Süßungsmit­tel E421“. Übrigens: Im Biobereich sind nur etwa 50 Zusatzstof­fe zugelassen.

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Foto: Davizro Photograph­y, stock.adobe.com Wer Zusatzstof­fe vermeiden will, muss möglichst viel selbst kochen und frische Produkte kaufen.
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Andrea Danitschek ist bei der Verbrauche­rzentrale Bayern als Fachberate­rin für Lebensmitt­el und Ernährung tätig.

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