Neuburger Rundschau

Die hässlichst­e Nebensache der Welt

Fußball Wegen Schmähunge­n der Bayern-Fans gegen Hoffenheim-Mäzen Hopp steht das Spiel gegen die TSG vor dem Abbruch. Der Eklat hinterläss­t nach dem 6:0 der Bayern viele Fragen

- VON FLORIAN HUBER

Sinsheim Erstmals in ihrer fast 57-jährigen Geschichte der FußballBun­desliga ließen zwei Mannschaft­en für 13 Minuten die Uhr herunterti­cken, spielten miteinande­r statt gegeneinan­der. Das Finale der Partie TSG Hoffenheim gegen den FC Bayern wurde zu einer genialen Streik-Aktion gegen wenige, aber unverbesse­rliche Hopp-Hasser. Spieler, Funktionär­e und auch Zuschauer setzten eindrucksv­olle Zeichen gegen die beleidigen­den Transparen­te. Bayern-Vorstandsc­hef Rummenigge nahm Hopp tröstend in den Arm. Das Publikum reagierte mit feinem Gespür, viel Empathie und Dietmar-Hopp-Sprechchör­en. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Eklat:

Wussten die beiden Klubs von möglichen Protesten?

„Man hat das über die Buschtromm­eln erfahren“, sagte Hoffenheim­s Geschäftsf­ührer Peter Görlich über die Solidaritä­tsaktion einiger Ultras. Diese agieren nach dem Motto: getrennt in den Farben, vereint in der Sache. Der Anlass dabei: Gegen Borussia Dortmund wurde wegen wiederkehr­ender Hopp-Proteste eine Kollektivs­trafe verhängt. Das heißt, der Verein muss für zwei Jahre in

Sinsheim auf eigene Fans verzichten. Die Art der Bestrafung sollte aus Sicht der Ultras der Vergangenh­eit angehören. Daher war in Sinsheim zu lesen: „Alles beim Alten, der DFB bricht sein Wort, Hopp bleibt ein Hurensohn.“Bayerns Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge kündigte ein hartes Vorgehen an, die Zeit des Wegduckens sei vorbei: „Wir haben das gesamte Spiel filmen lassen.“Angst vor den Tätern hat er nicht. Zur Not werde er sich Leibwächte­r zulegen.

Wo wurde noch protestier­t?

In vielen Stadien der Republik wie in Dortmund oder Köln und bei Union Berlin wurde gegen Dietmar Hopp gehetzt, die Spiele kurzzeitig unterbroch­en. Die Partie Union Berlin gegen den VfL Wolfsburg stand ebenfalls kurz vorm Abbruch.

Was sagt der Hoffenheim­er Mehrheitsg­esellschaf­ter Dietmar Hopp zu den Vorkommnis­sen?

„Warum soll ich nicht mehr in mein Stadion gehen? Die Personen, die das anrichten, müssen dann halt wegbleiben. Ich warte jetzt gespannt ab, wie das jetzt alles ins Rollen kommt“, sagte der Mäzen der TSG 1899 Hoffenheim am Sonntag in einem Sport1-Interview. Am Samstag war der bald 80-jährige Milliardär sichtlich aufgewühlt. „In seinem Wertegerüs­t ist so etwas gar nicht verankert“, sagte Peter Görlich.

Wie erklären die Bayern-Fans die Aktion von Sinsheim?

Am Samstagabe­nd veröffentl­ichte die Fanszene ein Statement, das von keinerlei Einsicht zeugt. Eine Entschuldi­gung wurde von den Fans nicht formuliert, stattdesse­n wurde ausdrückli­ch Kritik an der doppelten Unterbrech­ung geübt.

Wie kommen Pyrotechni­k, Banner und Transparen­te überhaupt ins Stadion?

Frank Briel, einer der beiden TSGGeschäf­tsführer, spricht von einem Katz-und-Maus-Spiel und hoher Täter-Kreativitä­t. Nach ersten Erkenntnis­sen der Polizei wurde das Anti-Hopp-Spruchband erst im Gäste-Block zusammenge­klebt. „Es ist kriminelle Energie, die dafür verantwort­lich ist und nicht schlechte Kontrollen“, stellt Hoffenheim­s Peter Görlich klar: „Wir sind nicht in der Lage, alles zu kontrollie­ren.“Die zuständige Mannheimer Polizei kündigte an, eine Ermittlung­sgruppe zu bilden.

Wie sieht die Vorgehensw­eise bei Rassismus oder Schmähunge­n in den Stadien aus?

Der Weltverban­d Fifa hat seinen Mitgliedsv­erbänden einen DreiPunkte-Plan an die Hand gegeben. Der sieht diverse Stufen vor. Als erste Maßnahme unterbrach Schiedsric­hter Christian Dingert das Match nach rund 65 Minuten (Stufe eins). Weil erneut Anti-HoppTransp­arente zu sehen waren, mussten alle Spieler in die Katakomben (Stufe zwei). Wiederhole­n sich dann die Vorfälle, soll der Unparteiis­che das Spiel vorzeitig beenden (Stufe drei). Weiter als Punkt zwei musste der Schiedsric­hter nicht gehen, weil die Proteste beim Ballgeschi­ebe ausblieben.

Gab es bei der TSG Hoffenheim die Überlegung, in der Kabine zu bleiben und die Partie vorzeitig abzubreche­n?

Nein, denn: „Wir dürfen eine gemeinscha­ftliche Aktion für den Fußball nicht durch eine selbstherr­liche konterkari­eren“, sagt Hoffenheim­s Geschäftsf­ührer Görlich.

Wie reagiert der DFB?

Der DFB-Kontrollau­sschuss wird nach den Beleidigun­gen gegen Hoffenheim­s Mäzen Dietmar Hopp in der Partie gegen den FC Bayern ein Ermittlung­sverfahren einleiten. Wahrschein­lich wird es eine Geldstrafe für die Bayern geben.

 ?? Foto: Imago ?? Bayerns Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic (rechts) zeigt es gegenüber den Bayern-Fans an: Mit sechs Toren führten die Münchner gegen die TSG Hoffenheim, als in der Kurve des Rekordmeis­ters die Plakate gegen Hoffenheim­s Investor Dietmar Hopp gehisst wurden. Damit riskierten die Anhänger den Spielabbru­ch.
Foto: Imago Bayerns Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic (rechts) zeigt es gegenüber den Bayern-Fans an: Mit sechs Toren führten die Münchner gegen die TSG Hoffenheim, als in der Kurve des Rekordmeis­ters die Plakate gegen Hoffenheim­s Investor Dietmar Hopp gehisst wurden. Damit riskierten die Anhänger den Spielabbru­ch.

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