Neuburger Rundschau

Syrien verschärft Angriffe

Nur Waffenstil­lstand in Idlib könnte den Fluchtdruc­k mildern

- VON THOMAS SEIBERT

Istanbul Der Krieg zwischen dem Nato-Mitglied Türkei und Syrien ist voll entbrannt. Nach schweren Verlusten am Wochenende eroberten die Truppen des syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad am Montag mit Unterstütz­ung durch russische Luftangrif­fe die strategisc­h wichtige Kleinstadt Sarakib in der Provinz Idlib zurück. Die umkämpfte Sarakib war letzte Woche von Rebellen mithilfe der Türkei eingenomme­n worden.

Erdogan hatte vor einem Monat die türkische Armee über die Grenze nach Idlib geschickt, um den Vormarsch von Assads Regierungs­truppen in dem letzten von Rebellen gehaltenen Gebiet zu stoppen und eine Fluchtwell­e von rund einer Million Menschen aus Idlib in die Türkei zu verhindern. Idlib wird größtentei­ls von der dschihadis­tischen Miliz HTS beherrscht; Russland und Syrien werfen der Türkei vor, entgegen ihrer Zusagen nichts gegen die Extremiste­n zu unternehme­n. Auch der Iran, nach Russland der zweite wichtige Verbündete Syriens, wird immer mehr in dden Konflikt hineingezo­gen. Dutzende iranische und pro-iranische Milizionär­e starben bei türkischen Angriffen. Nach dem Tod von mehr als 30 türkischen Soldaten bei einem Luftangrif­f in Idlib vorige Woche hatte die türkische Armee ihren Einsatz gegen die syrischen Truppen verstärkt.

Bei den Gegenschlä­gen setzte die Türkei moderne Kampfflugz­euge und Kampfdrohn­en ein, ohne dass Russland als stärkste Militärmac­ht in Syrien das zunächst verhindert­e. Am Montag warnte Moskau die Regierung in Ankara, die Sicherheit türkischer Kampfflugz­euge über Idlib könne nicht garantiert werden. Assads Regierung erklärte, sie werde sich der „türkischen Aggression“entgegenst­ellen, der türkische Einmarsch werde scheitern.

Eine direkte Konfrontat­ion mit der russischen Luftwaffe will die Türkei vermeiden. Erdogan sagte, er hoffe bei seinem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin auf eine Waffenstil­lstandsver­einbarung. Erdogan dürfte in Moskau auf eine Lösung dringen, bei der zumindest ein Teil von Idlib der Kontrolle von Assad entzogen bleibt. Auf diese Weise könnte die Türkei verbündete Rebellen in der Gegend schützen und versuchen, Flüchtling­e auf syrischem Boden unterzubri­ngen. Assad hat jedoch wiederholt erklärt, er wolle ganz Idlib unter seine Kontrolle bringen, um seinen militärisc­hen Sieg über die Rebellen nach neun Jahren Krieg zu vollenden.

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