Neuburger Rundschau

Der Unsichtbar­e tritt ins Rampenlich­t

Michael Bloomberg will Präsident werden. Doch ins Rennen um die Kandidatur steigt er erst jetzt ein. Wird es ein sehr teurer Kurzauftri­tt?

- VON KARL DOEMENS

Richmond An den fehlenden Plakaten liegt es nicht. Seine Helfer haben jedes einzelne Bierfass in der Hardywood-Brauerei in Richmond mit einem blauen Werbeschil­d beklebt. Doch als Mike Bloomberg vor 300 Gästen in der Hauptstadt des USBundesst­aats Virginia das Wort ergreift, kommt keine richtige Begeisteru­ng auf. „Einige von Ihnen haben vielleicht den Slogan gehört: ‚Mike kriegt es hin!‘“, stellt sich der Multi-Milliardär vor: „Wenn nicht, dann haben wir eine Menge Geld verschwend­et.“

Es soll ein Witz sein, eine ironische Anspielung auf einen Wahlkampf der finanziell­en Superlativ­e, ein Spiel mit der Diskrepanz zwischen seiner medialen Omnipräsen­z und seiner realen Abwesenhei­t in den bisherigen Vorwahlen der Demokraten. Der Medienunte­rnehmer Bloomberg ist der unberechen­bare Faktor der Kandidaten­kür: Sagenhafte 500 Millionen Dollar hat er inzwischen in Werbespots investiert. Seit Wochen kann man in den USA praktisch keine Fernsehsen­dung und kein Youtube-Video schauen, ohne dem Mann zu begegnen. Doch bei den Vorwahlen in Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina ist er gar nicht erst angetreten. Er setzt alles auf den „Super Tuesday“, an dem gleich 14 Bundesstaa­ten auf einmal abstimmen.

In nationalen Umfragen liegt Bloomberg mit rund 16 Prozent auf dem dritten Platz hinter Bernie Sanders und Joe Biden. Doch erst an diesem Dienstag wird sich zeigen, ob der Ex-Bürgermeis­ter von New York sein Geld richtig investiert hat. Rund ein Drittel der Delegierte­nplätze für den Demokraten-Parteitag wird am „Super Tuesday“verten Umfragen als der populärste Kandidat der Demokraten.

● Michael Bloomberg Der frühere Bürgermeis­ter von New York hat es mit einer millionens­chweren Wahlkampag­ne innerhalb kurzer Zeit geschafft, den Wahlkampf aufzumisch­en, obwohl er selbst noch gar nicht angetreten ist. Mit einer etwas eigenwilli­gen Strategie hat der 78-jährige Milliardär die ersten Vorwahl-Staaten ausgelasse­n und setzt nun alle Kraft auf diesen „Super Tuesday“. (AZ) geben, und Bloomberg könnte sich ein ordentlich­es Stück vom Kuchen holen. Größtes Ziel des steinreich­en Unternehme­rs ist es, den linken Präsidents­chaftsbewe­rber Sanders zu verhindern. Solange er im Kandidaten­rennen aber auf dem dritten Platz feststeckt, bewirkt er genau das Gegenteil: Er zersplitte­rt die Stimmen in dem mit Ex-Vizepräsid­ent Joe Biden und anderen ohnehin schon dicht besetzten moderaten Bewerberfe­ld – und hilft damit paradoxerw­eise dem Alt-Revoluzzer Sanders.

In Richmond präsentier­t sich der 78-jährige Bloomberg als erfolgreic­her Geschäftsm­ann, der von niemandem eingeschüc­htert werden kann und dank unbegrenzt­er finanziell­er Ressourcen die besten Chancen in der Wahlschlac­ht hat: „Ich kann Donald Trump schlagen“, verspricht er. Daran haben viele Vertreter der Parteibasi­s starke Zweifel. Sie werfen dem Mann, der in der Vergangenh­eit mehrfach das demokratis­che und das republikan­ische Parteibuch wechselte, vor, er wolle die Wahl kaufen.

Doch das ist nicht das größte Handicap des Quereinste­igers. Vielmehr holt ihn seine Vergangenh­eit ein. Als Firmenchef hatte er wiederholt abwertende Bemerkunge­n über Frauen gemacht. Als Bürgermeis­ter von New York unterstütz­te er die Polizeitak­tik des „Anhaltens und Filzens“, die vor allem Latinos und Schwarze betraf. Das liegt Jahrzehnte zurück. Doch erst unter dem öffentlich­en Druck hat sich Bloomberg für die anlasslose­n Durchsuchu­ngen entschuldi­gt. Die sexistisch­en Äußerungen spielt er bis heute herunter. Sollte er am „Super Tuesday“seine Ziele verfehlen, könnte Bloombergs Kampagne ein ziemlich teurer Kurzauftri­tt gewesen sein.

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Foto: Patrick Semansky, dpa Michael Bloomberg ist Milliardär. Mit viel Geld hat er sich Aufmerksam­keit verschafft.

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