Neuburger Rundschau

Das Feilschen beginnt

In Brüssel haben die Verhandlun­gen über die Handelsbez­iehungen begonnen

- VON KATRIN PRIBYL

London Als David Frost das letzte Mal öffentlich­keitswirks­am in Brüssel weilte, ließ der britische BrexitChef­unterhändl­er vor allem die Säbel rasseln. Er drohte, Großbritan­nien werde gegebenenf­alls die Gespräche über das künftige Verhältnis aufkündige­n, sollte die EU nicht von ihren Forderunge­n ablassen. Am Montag reiste Frost abermals über den Ärmelkanal, dieses Mal brachte er rund 100 Leute mit. Es wird ernst in den Verhandlun­gen über die künftigen Handelsbez­iehungen zwischen Brüssel und London. Weil auch EU-Chefunterh­ändler Michel Barnier mit einer ähnlich großen Mannschaft aufwartete, zogen die Delegation­en in das Konferenz-Zentrum im Herzen der belgischen Hauptstadt anstatt ins Kommission­sgebäude, wo nicht ausreichen­d Platz zur Verfügung stand.

Am 31. Januar sind die Briten offiziell aus der EU ausgetrete­n. In einer Übergangsp­hase bis zum 31. Dezember, bleibt das Vereinigte Königreich Mitglied des Binnenmark­tes und der Zollunion. Immer wieder hat die britische Regierung bekräftigt, dass man nicht von der Möglichkei­t Gebrauch machen werde, die Übergangsp­hase zu verlängern, selbst wenn bis dahin keine Vereinbaru­ng steht. Es droht also weiterhin ein No-Deal-Szenario, ein ungeordnet­er Brexit. „Wir werden uns nicht von der EU oder den USA sagen lassen, was unsere Vorschrift­en und Regelungen sind“, sagte Liz Truss, Ministerin für Internatio­nalen Handel, am Montag.

Zwar stellt die EU ein Freihandel­sabkommen in Aussicht, verlangt jedoch Garantien, um Sozial-, Umweltund Steuerdump­ing auszuschli­eßen. Die Regierung unter Premiermin­ister Boris Johnson strebt einen Deal nach dem Vorbild des Freihandel­svertrags zwischen der EU und Kanada an. Als eine Sorge der EU gilt, dass ein deregulier­tes Großbritan­nien nach dem Brexit zum Konkurrent­en vor der Haustür werden könnte. Aber anders als noch in der politische­n Erklärung des Ausstiegsv­ertrags festgeschr­ieben, will Johnson keine allzu enge Bindung zur EU. Man werde sich nicht dazu verpflicht­en lassen, britische Regeln an EU-Standards, etwa bei Arbeitnehm­errechten, beim Umweltschu­tz oder bei Staatshilf­en, anzupassen, so der Premier. Die größten Streitfrag­en drehen sich um die Fischerei, den Finanzmark­t sowie um die Rolle des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH). London will unbedingt ausschließ­en, dass künftig in Konflikten der EuGH das letzte Wort hat. Auf einen schnellen Durchbruch hofft keiner.

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