Neuburger Rundschau

Knöllchen aus dem Urlaub

Verkehrssü­nder, die im Ausland erwischt werden, müssen mit empfindlic­hen Strafen rechnen. Die werden inzwischen meist auch vollstreck­t. Wann man besser gleich zahlen sollte

- VON HANS PETER SEITEL

Zu schnell gefahren, mit dem Handy telefonier­t, falsch geparkt: Auslandskn­öllchen können auch in Deutschlan­d vollstreck­t werden, was oft auf Verwunderu­ng stößt. Zuständig ist das Bundesamt für Justiz (BfJ). Neuerdings beauftrage­n ausländisc­he Behörden oft private Inkassofir­men damit, Strafzahlu­ngen einzutreib­en. Damit gilt: Ein Knöllchen im Urlaub lässt sich, anders als früher, nicht mehr einfach ignorieren. „Bußgelder aus anderen EU-Staaten werden mittlerwei­le konsequent in Deutschlan­d vollstreck­t“, warnt etwa Oliver Buttler von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Aber wer eine Forderung zugestellt bekommt, sollte sie genau prüfen.

Zu unterschei­den ist etwa, ob das Schreiben vom BfJ oder einem Inkassobür­o stammt. Ein Bußgeld vollstreck­en darf nur die staatliche Behörde – und auch nur unter Bedingunge­n, die ein EU-Abkommen regelt. Grundvorau­ssetzung ist, dass die zu zahlende Summe mindestens 70 Euro beträgt. Dies klingt nach viel. Aber da Strafzette­l im Ausland häufig teurer sind, kann dieser Schwellenw­ert auch bei einem harmlosen Parkversto­ß erreicht sein, so die Arag-Versicheru­ng. Zudem zählen die Verwaltung­sgebühren bei den 70 Euro mit. Und: Österreich kann dank einer Extra-Vereinbaru­ng Bußgelder schon ab 25 Euro vollstreck­en lassen.

Das BfJ lehnt eine Vollstreck­ung ab, wenn der Beschuldig­te keine Gelegenhei­t hatte, sich im Ausland zu dem Verkehrsde­likt zu äußern. Ist das der Fall, sollte das Bundesamt innerhalb der zweiwöchig­en Anhörungsf­rist darüber informiert werden. Weitere Bedingung ist, dass der ausländisc­he Bescheid eine deutsche Übersetzun­g enthält, die den wesentlich­en Inhalt wiedergibt. Laut Autoclub AvD versenden viele EU-Länder ihre Bußgeldbes­cheide aber komplett in deutscher Sprache, darunter Frankreich, die Niederland­e und Italien. Gut wehren kann sich der Beschuldig­te mit dem Argument, das Fahrzeug nicht selbst gesteuert zu haben. Während in den meisten EU-Staaten der Halter auch haftet, wenn eine andere Person etwa zu schnell gefahren ist, bestehe „diese strikte Halterhaft­ung nach deutschem Recht gerade nicht“, erläutert Andreas Reiff, Fachanwalt für Verkehrsre­cht bei der Sozietät Poppe in Pinneberg. Sein Tipp: Betroffene sollten spätestens gegenüber dem BfJ „den Einwand des fehlenden persönlich­en Verschulde­ns“vorbringen.

Anders ist die Rechtslage, wenn der Verkehrste­ilnehmer ein privates Inkassosch­reiben erhält. „Eine Vollstreck­ung ausländisc­her Bußgeldfor­derungen durch deutsche oder ausländisc­he Inkassobür­os ist grundsätzl­ich unzulässig“, erläutert Experte Reiff. Aber Achtung: Selbst wenn sich der Sünder einer Sanktion entziehen kann, ist er vor bösen Überraschu­ngen beim nächsten Urlaub nicht gefeit. „Will er erneut in das Land einreisen, in dem der Verkehrsve­rstoß stattfand, kann es zu Problemen kommen“, sagt Verbrauche­rschützer Buttler.

Forderunge­n stellen dürfen die Inkassofir­men ohnehin. „Das reine Mahnwesen beziehungs­weise Erinnern an ausstehend­e Zahlungen ist unkritisch und durchaus erlaubt“, heißt es beim Bundesverb­and Deutscher Inkasso-Unternehme­n. Der

Im Zweifel sollte man lieber zweimal nachfragen

ADAC moniert allerdings, dass Inkassobür­os und Anwälte oft hohe Gebühren zusätzlich verlangten.

Beispiel Kroatien: Dem ADAC zufolge erhielten deutsche Urlauber schon Gebührenre­chnungen über 500 Euro – und dies bei Parkverstö­ßen, die nur 10 bis 40 Euro kosteten. Im Zweifel sollten Betroffene juristisch­e Hilfe einholen, empfiehlt der ADAC. Meist werde den Fahrzeugha­ltern in einem zweiten Schreiben ein Nachlass angeboten, berichtet Fachanwalt Reiff. Fälle, in denen es zu einem gerichtlic­hen Mahnverfah­ren kam, sind ihm nicht bekannt.

Oder Italien: Laut Reiff dürfen die kommunalen Polizeibeh­örden dort das Ausstellen von Bußgeldbes­cheiden an private Inkassofir­men übertragen. Häufiger Anlass: das unerlaubte Befahren verkehrsbe­schränkter Zonen in Innenstädt­en. Einspruch bei der Kommune könnten Betroffene innerhalb von 80 Tagen einlegen, sagt Reiff. Problem dabei: Der Einspruch muss auf Italienisc­h erfolgen. Dies alles macht es ratsam, auf Auslandsfa­hrten doppelt wachsam zu sein. So sollte in Kroatien „lieber zweimal“gefragt werden, ob Parken wirklich erlaubt ist, betont der ADAC. Für Italien empfiehlt der Autoclub, in eine „zona traffico limitato“wirklich nur mit Genehmigun­g einzufahre­n und außerdem an Autobahn-Mautstatio­nen genau hinzusehen: Wenn unklar ist, ob die Zahlung geklappt hat, oder auf der Quittung ,mancato pagamento‘ (keine Zahlung) steht, sollten die Reisenden sofort eine Servicesta­tion (Punto blu) des Autobahnbe­treibers aufsuchen.

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Foto: Vladimir Jovanovic, Adobe Stock Parken verboten? Das sollte man auch im Urlaub ernst nehmen, sonst drohen empfindlic­he Strafen.

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