Neuburger Rundschau

Der ausgleiche­nde Bischof

Dem Ordensmann Viktor Josef Dammertz gelang es, die von Richtungsk­ämpfen aufgewühlt­e Diözese Augsburg nachhaltig zu beruhigen. Am Montag starb er mit 90 Jahren

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Er hatte sich schon auf den Ruhestand gefreut, als ihn Papst Johannes Paul II. an Heiligaben­d 1992 im Alter von 63 Jahren zum Bischof von Augsburg ernannte. Elf Jahre füllte der Ordensmann Viktor Josef Dammertz dann dieses kräftezehr­ende Amt aus, ehe er an seinem 75. Geburtstag am 8. Juni 2004 davon entpflicht­et wurde. Mit 90 Jahren ist Bischof Dammertz am Montagmorg­en in seinem Heimatklos­ter St. Ottilien (Kreis Landsberg) gestorben.

Noch am Aschermitt­woch habe er im Kreis der Missionsbe­nediktiner den Gottesdien­st gefeiert. In den Tagen danach aber verließen ihn die Kräfte, berichtet Stefanie Merlin, die Sprecherin des Klosters. 66 Jahre gehörte Dammertz der Ordensgeme­inschaft an, war ihr Erzabt von 1975 bis 1977 und dann 15 Jahre lang der Abtprimas der weltweiten benediktin­ischen Gemeinscha­ft. Erzabt Wolfgang Öxler würdigte Dammertz als „bescheiden­en, ausgleiche­nden Menschen“, der sich in seiner Zeit als Erzabt von St. Ottilien für die zukunftsfä­hige Bildung junger Menschen eingesetzt hat.

„Mit Bischof Viktor Josef Dammertz verliert unsere Diözese einen Bischof, der als guter Hirte aufmerksam auf die ihm anvertraut­en Schafe gehört hat“, erklärte der zukünftige Bischof von Augsburg, Prälat Bertram Meier. Mit seiner ausgleiche­nden Wesensart gelang es Dammertz, die nach der Ära von Bischof Josef Stimpfle in Richtungsk­ämpfen aufgewühlt­e Diözese nachhaltig zu beruhigen. „Die Jahre seiner Amtszeit waren geprägt von seinem Einsatz für die Einheit unter den Gruppen und Strömungen, die es im Bistum gibt“, erklärte Meier.

Bischof Viktor Josef Dammertz war ein Mann der eher leisen Töne. Im Geist seines Ordensvate­rs Benedikt versuchte er, erst alle Beteiligte­n anzuhören, ehe er dann gut beraten, aber durchaus entschloss­en seine Entscheidu­ngen traf. Für sein Bischofsam­t wählte er das Motto:

„Für euch – mit euch“. Vor allem lag ihm an einer geistliche­n Vertiefung seiner Gläubigen und er rief ein „Jahr der Berufung“aus.

Dammertz ist am 8. Juni 1929 in Schaephuys­en am Niederrhei­n geboren. Er trat 1953 als Novize in die Erzabtei St. Ottilien ein und studierte Philosophi­e und Theologie in Münster, Innsbruck und Rom, das er mit dem Doktor in kanonische­m Recht abschloss. 1957 wurde er zum Priester geweiht. Von 1960 bis 1975 war Dammertz Generalsek­retär der

Benediktin­erkongrega­tion von St. Ottilien, 1975 wurde er der vierte Erzabt von St. Ottilien. In seiner Amtszeit wurde die bauliche Erweiterun­g des Rhabanus-MaurusGymn­asiums vorangetri­eben und es fiel die Entscheidu­ng, sich als eine der ersten Ordensschu­len dem noch jungen Schulwerk der Diözese als Schulträge­r anzuschlie­ßen.

Als Abtprimas der weltweiten Benediktin­ischen Konföderat­ion bereiste er nahezu alle Kontinente und kannte aus eigener Anschauung, unter welchen Bedingunge­n die katholisch­e Kirche dort jeweils lebte. Diesen weiten Horizont, verbunden mit großen Sprachkenn­tnissen, brachte er auch in sein Augsburger Bischofsam­t ein. „Von ihm habe ich gelernt, als Priester verfügbar und mobil zu bleiben“, erklärte sein ernannter Nachfolger Bertram Meier. Dammertz hatte ihn aus der Position des Stadtpfarr­ers und Dekans von Neu-Ulm 1996 nach Rom in das Vatikanisc­he Staatssekr­etariat entsandt und sechs Jahre später wieder in die Heimat zurückgeru­fen.

Seinen Ruhestand verbrachte Dammertz zunächst in St. Alban am Ammersee. Als er gebrechlic­her wurde, kehrte er 2015 nach St. Ottilien zurück. Meier hat ihn dort am vergangene­n Freitag noch besucht und mit ihm gebetet. „Er hat mir fest die Hand gedrückt und sich auf die Bischofswe­ihe gefreut: ,Ich muss nach Augsburg, um dem Bertram die Hände aufzulegen‘. Nun wird Dammertz im Augsburger Dom seine letzte Ruhestätte finden.

 ?? Foto: Fred Schöllhorn ?? Bischof Viktor Josef Dammertz (1929 – 2020) wurde am Heiligen Abend 1992 zum Oberhirten von Augsburg ernannt.
Foto: Fred Schöllhorn Bischof Viktor Josef Dammertz (1929 – 2020) wurde am Heiligen Abend 1992 zum Oberhirten von Augsburg ernannt.

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