Kleines, kraftvolles Kraut
Die Gundelrebe ist ein richtiger Vielheiler. Sie wird aber nicht nur gegen Erkrankungen eingesetzt. Serie (9)
Zarte Schönheiten mit starker Wirkung – die Welt unserer heimischen Kräuter zu entdecken, ist eine spannende Sache. Genau dazu laden wir Sie ein. In unserer Serie stellen wir Ihnen in regelmäßiger Folge bayerische Pflanzen vor, die nicht nur durch ihren lieblichen Anblick das Auge erfreuen, sondern für Körper und Seele mehr tun können. Brigitte Walde-Frankenberger ist unsere Autorin. Heute erklärt Sie, was die Gundelrebe alles kann.
Im Frühjahr leuchtet die Gundelrebe (Glechoma hederacea) mit ihren zartblauen kleinen Blüten aus dem Wiesengrund hervor. Guckdurch-den-Zaun, Erdenkränzlein oder Erdefeu wird sie im Volksmund liebevoll genannt. Die kleine Pflanze ist ein Lippenblütler. Sie wird bis zu 20 Zentimeter groß und bildet meist einen Teppich. Mit ihren kriechenden Ausläufern finden wir sie an Zäunen, an Mauern, an Hecken, Wegen und auf Wiesen. Dort wächst sie efeugleich auf nährstoffreicher, feuchter und lockerer Erde.
Die Gundelrebe ist einer der ersten Frühjahrsblüher und gehörte einst zu den neun heiligen Kräutern der Kelten und Germanen. Im 16. und 17. Jahrhunderte war der Aufguss der Gundelrebe ein beliebtes Getränk armer Leute, das auf den Straßen feilgeboten wurde. Gesüßt mit Honig oder Lakritze galt der Tee als hilfreich und stärkend bei nicht ausgeheiltem Husten und bei Schwindsucht. In der Heilkunde verwendet man das ganze blühende Kraut.
Die Pflanze ist klein und kraftvoll von Gestalt. Man erntet sie in den Monaten April bis Juni. Dabei schneidet man die Pflanze ab und hängt sie „kopfunter“im Schatten zum Trocknen auf. Die würzigen, ölhaltigen Blättlein können das ganze Jahr über gesammelt und frisch verwendet werden.
Die Gundelrebe ist ein Vielheiler. Mit den Licht- und Wärmekräften der Frühlingssonne kann sie erstarrte Prozesse lösen, etwa chronisch gewordenen Atemwegserkrankungen, Husten, Rachenkatarrh, Bronchitis, leichtes Bronchialasthma und Schnupfen, aber auch Magen- und Darmkatarrhe. „Gund“ist das altgermanische Wort für Geschwür. So wird in der Volksheilkunde die Pflanze auch heute noch bei schlecht heilenden Wunden und Geschwüren äußerlich gebraucht. Und als Mittel gegen Melancholie und Lethargie wurde das getrocknete Kraut früher dem Schnupftabak beigefügt.
Die Klosterfrau und Ärztin Hildegard von Bingen (etwa 10891179) weist auf die Heilwirkung bei Brust-, Lungen- und Hautleiden hin. Ebenso bei Magenverstimmung und Gelbsucht, bei Galle-, Leberund
Nierenbeschwerden. Gerade im Frühjahr wird die Gundelrebe auch in der Küche verwendet. Daher zwei Tipps:
● Rezepte Mit ihren wertvollen Inhaltsstoffen ist die Gundelrebe geeignet für eine verjüngende, reinigende und aufbauende Frühjahrskur. Als Tee werden ein bis zwei Teelöffel Gundelrebe mit einem viertel Liter kochendem Wasser übergossen und fünf Minuten ziehen gelassen. Danach seiht man ab und trinkt ein bis zwei Tassen täglich zur Kur. Nach drei bis vier Wochen regelmäßiger Anwendung ist eine Pause angeraten.
In der Küche zeigt die Gundelrebe ihre ganze Kraft. Mit ihrem herben und würzigen Geschmack verleiht sie Suppen, Soßen und Salaten eine pikante Note. Ihre leichte Reizwirkung steigert die Aktivitäten der verschiedenen Organe.