Wenn das Arbeitsgerät zur Gefahr wird
Dass es im Sport gefährlich zugeht – Binsenweisheit. Wenn zu Rennmaschinen hochtrainierte Athleten aufeinanderprallen, sollte man sich nicht in der Knautschzone befinden. Neben dieser allgemeinen Problematik gibt es eine Art systembedingte Gefahr – nämlich die, die vom Arbeitsgerät des jeweiligen Sportlers ausgeht.
Ein Fußballschuh etwa kann nicht nur auf dem Spielfeld seine Kraft entfalten, sondern auch in der Kabine – nämlich dann, wenn er als Flugobjekt zweckentfremdet wird. Ein Lied davon singen kann Ex-Profi David Beckham: Nach einem verlorenen Pokalspiel trat dessen Trainer Alex Ferguson nach einem am Boden liegenden Schuh – und traf seinen Spieler damit im Gesicht. Die Folge war eine Platzwunde über Beckhams Auge.
Wie zerstörerisch die Wucht eines Golfschlägers sein kann, musste einer der Größten dieses Sports, Tiger Woods, am eigenen Leib erfahren. Als seine damalige Frau Elin Nordegren erfuhr, dass ihr Mann sie betrog, brannte bei der Schwedin eine Sicherung durch: Mit einem Präzisionseisen bearbeitete sie das Gesicht ihres Gatten und schlug ihm zwei Zähne aus, bevor Woods aus dem Haus flüchtete.
Bislang schien das Radfahren hinsichtlich solcher Auswüchse relativ unverdächtig zu sein. Bis – na ja, bis Gianni Moscon kam. Der als leicht reizbare geltende italienische Radprofi war beim Eintagesrennen in Belgien im Einsatz. Nach einem Massensturz reichte es dem 25-Jährigen: Er schleuderte ein Rad, das auf sein eigenes gefallen war, gegen einen anderen Fahrer, der mit ihm im Graben lag. Als Moscon dann disqualifiziert wurde, zerriss der Hitzkopf seine Startnummer vor laufender Kamera.
Wer auf Gefahrenminimierung bedacht ist, für den scheidet folglich auch der Radsport aus. Was bleibt denn da noch? Rhythmische Sportgymnastik wirkt unverdächtig – doch ein Wüterich mit dem aufbrausenden Gemüt eines Moscon würde es auch schaffen, einen unliebsamen Konkurrenten mit einem Regenbogenband zu erdrosseln. Das Schachspiel mag gefahrlos wirken – falls das Spielbrett zum Schlagobjekt umfunktioniert wird, sieht das ganz schnell anders aus.
Wenn man die Welt aus den Augen von Gianni Moscon betrachtet, wird alles zum Schlachtfeld. Es bleibt die Erkenntnis: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Wer nicht, auch. Wahrscheinlich.