Kaum Beruhigung in Aussicht
Nach den Schmähungen gegenüber Dietmar Hopp hüllt sich der DFB in Schweigen. Nur Präsident Fritz Keller äußert sich öffentlich, allerdings wenig überzeugend
Frankfurt am Main Der brisante Machtkampf zwischen den wütenden Fußball-Ultras und dem in die Defensive geratenen DFB geht in die nächste Runde. Am Montagabend unterbrach Schiedsrichter Sascha Stegemann das Zweitligaspiel zwischen Hannover 96 und Kiel, nachdem im Heimblock ein Banner mit Dietmar Hopp im Fadenkreuz ausgerollt worden war. Nachdem das Banner verschwunden war, setzte Stegemann die Partie fort.
Schon bei den Pokalspielen am Dienstag könnte das drohen, was in der Bundesliga am Wochenende gerade noch abgewendet werden konnte: der erste Spielabbruch. Sollte es im Pokal-Hit zwischen Schalke und Bayern zu weiteren Schmähungen, Beleidigungen oder Hetze kommen, werden die Königsblauen den Platz nach eigener Ankündigung „verlassen – ungeachtet der Spieldauer,
des Resultats oder etwaiger Konsequenzen“. Dies gelte auch für das Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim am Samstag.
Die am vergangenen Wochenende konzertiert vorgetragenen Beleidigungen gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp, die auch ein massiver Protest gegen die Kollektivstrafe für DortmundFans waren, haben das Klima im deutschen Fußball nachhaltig vergiftet.
Neben weiteren Unterbrechungen und drohenden Abbruchszenarien stellt sich für den DFB nun die ganz große Frage: Ab wann muss überhaupt eingeschritten werden? Am Wochenende wurde bei Gesängen
und verunglimpfenden Plakaten gegen Hopp sofort gehandelt, an diesem Maßstab werden sich der DFB und seine mit immer mehr Pflichten beladenen Schiedsrichter künftig messen lassen müssen. Der knifflige Punkt: Wann sind Banner oder Fanrufe eine legitime Meinungsäußerung und wann ist die Grenze des Akzeptablen überschritten? Am Montag gab der Verband dazu keine Stellungnahme ab und verwies auf Statements von Präsident Fritz Keller vom Wochenende.
Dieser hatte unter anderem gesagt, dass Fans ihre Kritik direkt an den DFB richten sollen, anstatt Hopp persönlich zu beleidigen. „Wenn aber ein einzelner Mensch angegriffen wird, der unter diesen Anfeindungen sichtbar leidet, dann muss man sich schützend vor ihn stellen“, sagte Keller, dessen Auftritt im „Sportstudio“vom Samstag zahlreiche Anhänger noch mehr verärgerte. Der DFB sagte am Montag nur, man wolle am Dienstag eine weitere Stellungnahme veröffentlichen.
Das wird höchste Zeit, denn dass sich der verfahrene Streit von selbst wieder beruhigt, steht nicht in Aussicht. „Es gibt derzeit keinerlei Anzeichen, dass es sich befriedet. Das alles ist unerträglich – auch für uns“, sagte ProFans-Sprecher Sig Zelt. Vielsagend fügte er an: „Es ist alles offen. Ich persönlich gehe davon aus, dass es weiter eskaliert.“Eine Rückkehr zu Kollektivstrafen wollen viele Fangruppen partout nicht hinnehmen. Der frühere DFB-Präsident Reinhard Grindel hatte 2017 diese Form der Sanktion eigentlich abgeschafft, bei der Klubs für das Vergehen Einzelner mit Blocksperren, Teilausschlüssen oder Geisterspielen bestraft wurden. (dpa, AZ)