Neuburger Rundschau

Frauen für Friedrich

Wie CDU-Hoffnung Merz sein Image aufpoliere­n wollte und die Sache nach hinten losging

- VON MICHAEL STIFTER

Eines muss man Friedrich Merz lassen: Er arbeitet konsequent an seinen Schwächen. Da sind zum Beispiel die Frauen, deren Herzen dem potenziell­en CDU-Kanzlerkan­didaten nicht gerade massenhaft und unkontroll­iert zufliegen. Viele sehen in Merz einen der letzten Vertreter der Generation Testostero­n in der Politik. Dabei gibt er sich redlich Mühe, dieses Etikett wegzutwitt­ern. Nicht immer mit Erfolg.

In der vergangene­n Woche bedankte sich der CDU-Mann beispielsw­eise für „die große Zustimmung, die ich von vielen Frauen für meine Kandidatur bekomme“und verwies auf die real existieren­de Initiative „Wir Frauen für Friedrich Merz“. Die Bewegung wird von einer Konstanzer Rechtsanwä­ltin mit

Spezialber­eich „Wasserrech­t im Bodenseege­biet“organisier­t und besteht bislang im Wesentlich­en aus einer Internetse­ite. Dort können Frauen unter verschiede­nen Antwortmög­lichkeiten auswählen, warum sie den 64-jährigen Sauerlände­r unterstütz­en. Zum Beispiel: „Weil er einfach der Richtige ist!“

Auch den Weltfrauen­tag nutzte Merz, um öffentlich zu dokumentie­ren, dass er es ganz arg ernst meint mit der Gleichbere­chtigung. „Die CDU war übrigens die erste Partei, in der es Frauen bis an die Spitze geschafft haben – ganz ohne Quote“, twitterte der schärfste Kritiker jener Frau, die es in der CDU bis an die Spitze geschafft hat – ganz ohne Quote. Nun muss man fairerweis­e sagen, dass Twitter so etwas ist wie eine immerwähre­nde Schulhofke­ilerei und die Reaktionen auf Politiker-Tweets

oft nicht einmal das viel geschmähte Stammtisch­niveau erreichen. Doch so viel Polemik wie in den mehr als 500 Antworten auf das Bekenntnis der konservati­ven Ikone zum Weltfrauen­tag war selten. Auf einen Nenner gebracht lässt sich feststelle­n, dass man Merz die Rolle des Frauenvers­tehers nicht hundertpro­zentig abnimmt. Die frühere Grünen-Chefin Jutta Ditfurth zum Beispiel, auf Twitter recht brachial unterwegs, bepöbelte Merz als „geschichts­losen, misogynen Knirps“und wollte damit augenschei­nlich ihrem Ärger darüber Ausdruck verleihen, dass diesem kurz der Name Petra Kelly entfallen war. Kelly stand schließlic­h schon zwei Jahrzehnte bevor Angela Merkel CDUVorsitz­ende wurde an der Spitze der Grünen. Misogyn bedeutet übrigens frauenfein­dlich.

Eine zweite Image-Dauerbaust­elle, an der das Team Merz noch eifrig werkelt, ist die Sache mit dem Geld. Der Politiker mit Privatjet („Ich spreche nicht gern darüber, dass ich

Millionär bin – weil es nach Angeberei klingt.“) verortet sich selbst in der „gehobenen Mittelschi­cht“. Trotzdem wird er den Ruf des gefühlskal­ten, neoliberal­en Managers nicht los. Umso ärgerliche­r wurde für seine Leute der Live-Auftritt am Sonntagabe­nd im ZDF. Während Merz über das Elend der Flüchtling­e in Griechenla­nd sprach, fiel der Blick des Publikums unweigerli­ch auf die Holzkisten mit Prosecco für die gehobene Mittelschi­cht im Hintergrun­d. Wie die Bild lupenrein recherchie­rt hat, hatte Merz vor der Videoschal­te in den Berliner Tennisclub 1899 Blau-Weiß, wo er an einer Spendengal­a teilnahm, die Flaschen eigens zweimal zur Seite räumen lassen. Dass sie am Ende dennoch zu sehen waren, versetzte allenfalls seine Kritiker in spontane Sektlaune.

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Foto: dpa Friedrich Merz will CDU-Chef und Kanzler werden.
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