Mehr lachen in der Politik
Bei der Kommunalwahl kämpfen auch Kabarettisten und Komiker um die Stimmen der Bürger. Warum sie das tun und welche Erfahrungen sie im Wahlkampf gemacht haben
München Beppe Grillo in Italien und Wladimir Selenski in der Ukraine haben es vorgemacht: Kabarettisten und Komiker werden dort Spitzenpolitiker. In Deutschland scheinen derartige Seitenwechsel noch wenig aussichtsreich – dennoch stellen sich bei der Kommunalwahl in Bayern am 15. März auch einige Satiriker zur Wahl.
In München etwa kandidiert der Schauspieler und Musik-Kabarettist Roland Hefter auf Platz 9 der SPDListe für den Stadtrat. „Wählt mit Herz und Hirn und nicht aus Hass und Wut“, wirbt er in einem Wahlspot um Stimmen. Vor allem aber darum, nicht die AfD zu wählen. Seit der Landtagswahl im Freistaat 2018 gehört Hefter zur Münchner Initiative „Künstler mit Herz“, die damals ein Video gegen die Rechtspartei produzierte. Er komponierte dafür den Song „Mia ned!“. Auf die Frage, ob sich Künstler und Kabarettisten besser aus der Politik heraushalten sollten, antwortete er: „Wir sind alle Künstler, aber wir sind auch Bürger Bayerns. Wir wollen in einem bunten, freundlich-offenen Bayern leben. Das kann man als Künstler, als Mensch und als Bayer durchaus vertreten.“
Auch der Kabarettist und Parodist Wolfgang Krebs hat Erfahrungen in der Politik gemacht. Bis 2010 war er nach eigener Aussage Mitglied der CSU und wollte damals für den Kreisverband Ostallgäu in den Bundestag. Doch dann vereinnahmte ihn seine Bühnenkarriere als viel gefragtes Double von Edmund Stoiber, Horst Seehofer und Markus Söder immer stärker und der gelernte Marketingfachmann zog seine Kandidatur zurück. „Ich denke, in Deutschland sind Kabarett und Politik noch zwei Paar Stiefel. Aber ich würde mir wünschen, dass wir insgesamt in der Politik mehr lachen“, sagt Krebs.
Bei der Wahl am 15. März unterstützt er den in seiner Heimatstadt Kaufbeuren amtierenden Oberbürgermeister Stefan Bosse von der CSU. „Für ihn trete ich im Wahlkampf zwei Mal auf, weil ich ihn kenne und finde, dass er das bisher ganz gut gemacht hat.“Würde er selbst noch einmal für ein politisches Mandat kandidieren? „Ich bekomme immer wieder das Angebot von verschiedenen Parteien“, sagt Krebs. „Aber meine Aufgabe ist es nicht, selber in das Parteiengeschehen einzugreifen. Ich sehe mich als Kabarettist – meine Aufgabe ist es einzuordnen.“Er wolle Künstlerkollegen aber keinen Rat geben. Jeder müsse für sich entscheiden, ob er in die Politik geht oder nicht. „Wir leben in sehr angespannten Zeiten. Durch soziale Medien wie Facebook und Instagram wird meines Erachtens die Umwelt mehr vergiftet als durch alle Dieseltanker, die es auf der Welt gibt“, so Krebs. „Da ist unkontrolliert ein die Demokratie zersetzendes Virus unterwegs. Da ist jeder gut, der sich für die Demokratie einsetzt.“
Auch für den Bamberger Sportreporter und Kabarettisten Wolfgang Reichmann ist der Wechsel in die Politik „etwas ambivalent“. Seit Jahren liest er am politischen Aschermittwoch und als Fastenprediger bei Starkbieranstichen der lokalen Politprominenz die Leviten. Nun tritt er selbst auf Platz 17 der CSU-Kandidatenliste für den Stadtrat an. Als er noch distanzierter zur politischen Szene gewesen sei, sei ihm das Derblecken der Politiker leichter gefallen. „Jetzt ist der Wind schärfer geworden. Ich genieße zwar immer noch völlige Freiheit, aber jetzt stelle ich fest, dass da ein Umgangston herrscht, der mir völlig fremd ist.“Er habe „furchterregende“E-Mails bekommen, in denen er angefeindet werde, weil er jetzt nicht mehr als unabhängiger Fastenprediger auftrete. Noch bedaure er seine Kandidatur aber nicht.
Die selbsternannte Satirepartei „Die Partei“, die mit Spaßforderungen wie der Wiedererrichtung der Mauer oder einer Bierpreisbremse um Stimmen buhlt, hat mit der Konkurrenz der echten Kabarettisten kein Problem. „Wir sehen das als Vielfalt“, sagt Vize-Landeschefin Anja Klingelhöfer. „Wenn man das satirische Geschäft mal anschaut, dann denkt man sich doch bei vielen: Mensch, engagier’ dich doch mal!“Der Ansatz von Satire sei ja immer auch ein ernster. „Uns geht es auch darum, dass die Gruppe der Nichtwähler nicht zu groß wird.“Bei der vergangenen Kommunalwahl bei ihr in Augsburg hatten nur 41 Prozent der Wahlberechtigten gewählt. Das sei für viele der mittlerweile knapp 5700 Mitglieder der Partei im Freistaat eine Motivation gewesen, politisch tätig zu werden. Herbert Mackert, dpa