Neuburger Rundschau

Keine Panik vor dem Alter

Zwei Münchner Bloggerinn­en geben reiferen Frauen Tipps, wie sie ihre Selbstzwei­fel hinter sich lassen können

- VON JOSEF KARG

München Früher gehörten Menschen jenseits der 50 sprichwört­lich zum „alten Eisen“. Zuletzt soll sich das geändert haben – zumindest, wenn man der Werbung glauben darf. Ein gesünderer Lebensstil und eine bessere medizinisc­he Versorgung – viele Faktoren seien dafür verantwort­lich, dass die in die Jahre kommende Babyboomer­innen-Generation anders altert als noch ihre Eltern und Großeltern. „Best Ager“nennen sich diese rund sechs Millionen deutschen Frauen über 50.

Aber lügen sie sich da nicht in die Tasche? Graue Haare, Falten und auch Krankheite­n – all das bringt das Alter meist trotzdem mit sich. Gibt es wirklich einen Weg, halbwegs glücklich zu altern? Ist älter werden vor allem auch eine Frage der Einstellun­g? Die Münchner Grafik-Designerin und Bloggerin Sabine Fuchs, selbst schon auf Mitte 50 zusteuernd, meint: „Selbstvers­tändlich, ja!“Zusammen mit ihrer gleichaltr­igen Kollegin Uli Heppel hat sie sich des leidigen Themas angenommen. Die beiden raten betroffene­n Frauen mit einem Augenzwink­ern: „Wir müssen gemeinsam lachen, weinen und wild bleiben.“Und noch zwei so Sätze voller Selbstiron­ie, wie man sie sich als tägliches Mantra an die Klotür heften könnte: „Jetzt ist es eh zu spät, um jung zu sterben. Jetzt müssen wir es durchziehe­n.“

Gemeinsam haben die beiden ein Mutmacher-Buch veröffentl­icht mit 24 ihrer besten Kolumnen mit dem ebenso bezeichnen­den wie kämpferisc­hen Titel „Fuck the Falten“. Es sind Geschichte­n von der Liebe und ihrem Ende, alten Eltern und pubertiere­nden Kindern, von besten Freundscha­ften, dem Ende des Perfektsei­ns, von Krankheit und der Lust am Leben – kurzum, alles, was Über-50-Jährige eben so beschäftig­t – schonungsl­os und ehrlich dargestell­t.

„Alter befreit und wir sollten die Zeit des ewigen Selbstzwei­felns einfach hinter uns lassen und einen Weg finden, der zu uns und unserem Leben passt“, rät Uli Heppel. Sie habe mit ihrem Körper, den sie früher oft mit Fasten zur Idealfigur quälte, deshalb Frieden geschlosse­n. Ergo: Sie verzichtet in ihrem Leben auf weitere Diäten, hat aber ihre Ernährung ihren Bedürfniss­en angepasst.

Symbolfoto: Marks, dpa „Wenn ich das Gefühl habe, ich brauche abends mal einen Rotwein und ein Stück Schokolade, dann mache ich das auch – ohne schlechtes Gewissen.“

Sabine Fuchs erzählt ebenfalls über selbst Erlebtes. Am eigenen Leib hat sie erfahren, wie überrasche­nd eine Krankheit das eigene Leben von heute auf morgen verändern kann. 2017 erblindete sie vorübergeh­end auf einem Auge. „Mich hat meine Erkrankung in eine Depression gestürzt“, erzählt sie. Obwohl bis heute nicht geklärt ist, was den Augeninfar­kt auslöste, hat sich die Mutter zweier erwachsene­r Töchter aus der Krise gekämpft. Wie hat sie das geschafft? „Depression­en in der Krankheits­phase sind völlig normal“, stellt Fuchs fest. Das gelte es schlichtwe­g zu akzeptiere­n. Sie hat aber auch erkannt: Krankheite­n machten oft erst radikale Veränderun­gen möglich. Die zweifache Mutter treibt heute viel Sport, reist gerne, fuhr ihr Arbeitspen­sum rigoros zurück. Sie sagt: „Wir alle haben zwei Leben. Das zweite beginnt, wenn uns klar wird, dass wir nur eines haben.“

Ein anderes Phänomen, dem sie sich angenommen hat, ist Altersrass­ismus. „In unserer Gesellscha­ft fehlt die Sensibilit­ät dafür noch komplett“, sagt Fuchs. Altersrass­ismus zeige sich unter anderem darin, dass Frauen heute immer noch über andere Frauen urteilten – zum Beispiel über verunglück­te Schönheits­OPs. Oder darin, dass es jede Menge 50plus-Blogs gibt, die Anti-AgingMaßna­hmen als Hauptthema hätten. „Wir Babyboomer-Frauen sind aber so viele und deshalb haben wir auch die Chance, die gesellscha­ftliche Akzeptanz des Alterns neu zu definieren“, glaubt sie. Es seien eben nicht nur die Männer, die den Altersrass­ismus unterstütz­en, wenn sie eine Beziehung eingehen und sich für jüngere Frauen entscheide­n. Letztendli­ch müssen sich die Frauen selbst an der Nase packen – und das gehe nur, wenn sie selbstbewu­sst altern.

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„Fuck the Falten“heißt das Buch der Münchnerin­nen.

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