Keine Panik vor dem Alter
Zwei Münchner Bloggerinnen geben reiferen Frauen Tipps, wie sie ihre Selbstzweifel hinter sich lassen können
München Früher gehörten Menschen jenseits der 50 sprichwörtlich zum „alten Eisen“. Zuletzt soll sich das geändert haben – zumindest, wenn man der Werbung glauben darf. Ein gesünderer Lebensstil und eine bessere medizinische Versorgung – viele Faktoren seien dafür verantwortlich, dass die in die Jahre kommende Babyboomerinnen-Generation anders altert als noch ihre Eltern und Großeltern. „Best Ager“nennen sich diese rund sechs Millionen deutschen Frauen über 50.
Aber lügen sie sich da nicht in die Tasche? Graue Haare, Falten und auch Krankheiten – all das bringt das Alter meist trotzdem mit sich. Gibt es wirklich einen Weg, halbwegs glücklich zu altern? Ist älter werden vor allem auch eine Frage der Einstellung? Die Münchner Grafik-Designerin und Bloggerin Sabine Fuchs, selbst schon auf Mitte 50 zusteuernd, meint: „Selbstverständlich, ja!“Zusammen mit ihrer gleichaltrigen Kollegin Uli Heppel hat sie sich des leidigen Themas angenommen. Die beiden raten betroffenen Frauen mit einem Augenzwinkern: „Wir müssen gemeinsam lachen, weinen und wild bleiben.“Und noch zwei so Sätze voller Selbstironie, wie man sie sich als tägliches Mantra an die Klotür heften könnte: „Jetzt ist es eh zu spät, um jung zu sterben. Jetzt müssen wir es durchziehen.“
Gemeinsam haben die beiden ein Mutmacher-Buch veröffentlicht mit 24 ihrer besten Kolumnen mit dem ebenso bezeichnenden wie kämpferischen Titel „Fuck the Falten“. Es sind Geschichten von der Liebe und ihrem Ende, alten Eltern und pubertierenden Kindern, von besten Freundschaften, dem Ende des Perfektseins, von Krankheit und der Lust am Leben – kurzum, alles, was Über-50-Jährige eben so beschäftigt – schonungslos und ehrlich dargestellt.
„Alter befreit und wir sollten die Zeit des ewigen Selbstzweifelns einfach hinter uns lassen und einen Weg finden, der zu uns und unserem Leben passt“, rät Uli Heppel. Sie habe mit ihrem Körper, den sie früher oft mit Fasten zur Idealfigur quälte, deshalb Frieden geschlossen. Ergo: Sie verzichtet in ihrem Leben auf weitere Diäten, hat aber ihre Ernährung ihren Bedürfnissen angepasst.
Symbolfoto: Marks, dpa „Wenn ich das Gefühl habe, ich brauche abends mal einen Rotwein und ein Stück Schokolade, dann mache ich das auch – ohne schlechtes Gewissen.“
Sabine Fuchs erzählt ebenfalls über selbst Erlebtes. Am eigenen Leib hat sie erfahren, wie überraschend eine Krankheit das eigene Leben von heute auf morgen verändern kann. 2017 erblindete sie vorübergehend auf einem Auge. „Mich hat meine Erkrankung in eine Depression gestürzt“, erzählt sie. Obwohl bis heute nicht geklärt ist, was den Augeninfarkt auslöste, hat sich die Mutter zweier erwachsener Töchter aus der Krise gekämpft. Wie hat sie das geschafft? „Depressionen in der Krankheitsphase sind völlig normal“, stellt Fuchs fest. Das gelte es schlichtweg zu akzeptieren. Sie hat aber auch erkannt: Krankheiten machten oft erst radikale Veränderungen möglich. Die zweifache Mutter treibt heute viel Sport, reist gerne, fuhr ihr Arbeitspensum rigoros zurück. Sie sagt: „Wir alle haben zwei Leben. Das zweite beginnt, wenn uns klar wird, dass wir nur eines haben.“
Ein anderes Phänomen, dem sie sich angenommen hat, ist Altersrassismus. „In unserer Gesellschaft fehlt die Sensibilität dafür noch komplett“, sagt Fuchs. Altersrassismus zeige sich unter anderem darin, dass Frauen heute immer noch über andere Frauen urteilten – zum Beispiel über verunglückte SchönheitsOPs. Oder darin, dass es jede Menge 50plus-Blogs gibt, die Anti-AgingMaßnahmen als Hauptthema hätten. „Wir Babyboomer-Frauen sind aber so viele und deshalb haben wir auch die Chance, die gesellschaftliche Akzeptanz des Alterns neu zu definieren“, glaubt sie. Es seien eben nicht nur die Männer, die den Altersrassismus unterstützen, wenn sie eine Beziehung eingehen und sich für jüngere Frauen entscheiden. Letztendlich müssen sich die Frauen selbst an der Nase packen – und das gehe nur, wenn sie selbstbewusst altern.