Neuburger Rundschau

AEV-Fans feiern Schiedsric­hter Polaczek

Vom Strafbankk­önig zum Unparteiis­chen: Der ehemalige DEL-Profi aus Augsburg legt einen ungewöhnli­chen Aufstieg in nur zwei Jahren hin. Die Bilanz einer bemerkensw­erten Premiere

- VON MILAN SAKO Hansa Rostock – Eintracht Braunschwe­ig

Augsburg Aleksander Polaczek zögert. Die AEV-Fans fordern ihn auf, zum Jubeln in die Südkurve zu kommen und die Welle anzustimme­n. Als Panther-Stürmer war er das bis zu seinem Karriereen­de im Frühjahr 2018 gewohnt. Doch nun rufen die AEV-Anhänger den Schiedsric­hter mit Sprechchör­en, und bisher dachte man in Augsburg: Eher wird der Papst evangelisc­h, bevor der Pfeifenman­n im CurtFrenze­l-Stadion Applaus erhält. Polaczek fragt seinen Chef, den anderen Hauptschie­dsrichter. Daniel Piechazcek signalisie­rt: Geh ruhig. „Ich wusste ja nicht, wie die Fans reagieren, aber das war schon sehr geil am Ende“, schildert der ExStürmer seine Premiere in der Deutschen Eishockey-Liga.

Es ist das glückliche Ende einer außergewöh­nlichen Geschichte. Vor knapp zwei Jahren beendete der ehemalige Nationalsp­ieler in Augsburg seine Karriere und schlug sofort die Schiedsric­hter-Laufbahn ein. Ausgerechn­et Polaczek, der mit 1121 Strafminut­en in 833 DEL-Partien zu den Stammgäste­n auf der

Strafbank zählte, soll nun die Sünder bestrafen. Über die unteren Spielklass­en arbeitet sich der in Augsburg aufgewachs­ene Ex-Profi bis in die zweite Bundesliga vor. Zusammen mit fünf anderen ehemaligen Eishockeys­pielern steckt auch Polaczek in einem Förderprog­ramm der DEL. Das Ziel formuliert Lars Brüggemann, der selbst als Aktiver vor Jahren die Seiten gewechselt hatte und nun offiziell „Leiter Schiedsric­hterwesen“in der höchsten Klasse ist: „Wir wollen die jungen Schiris soll schnell wie möglich nach oben führen.“

Allerdings, das betont Brüggemann, gelte wie im Sport auch an der Pfeife das Leistungsp­rinzip. „Wer gut pfeift, kommt in die erste Reihe. Wer weniger gut ist, läuft in der vierten Reihe auf“, sagt Brüggemann. Zwar fangen auch ehemalige Spieler als Unparteiis­che bei null an. „Aber sie wissen, wie die Spieler ticken. Sie kennen die hitzige Atmosphäre, in der es hoch hergehen kann. Und vor allem bringen sie eine der wichtigste­n Voraussetz­ungen mit: Sie können exzellent Schlittsch­uhlaufen, um immer auf der Höhe des Geschehens zu sein“, sagt

Brüggemann. Nach seiner Premiere erhielt der DEL-Neuling gute Kritiken: „Polo war gut im Spiel integriert und er war unauffälli­g. Das ist für einen Einsteiger schon sehr gut“, urteilt Gerhard Lichtnecke­r, der Schiedsric­hter-Obmann des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB).

Die kurzfristi­ge Einteilung erfolgte auch, weil das Duell zwischen

Augsburg und Köln sportlich ohne Bedeutung war. Den Panthern war der zehnte Platz nicht mehr zu nehmen. Das frühzeitig­e Saisonende der Haie als Elfter stand ebenfalls schon fest. „Mir ist klar, dass ich ansonsten nicht zum Einsatz gekommen wäre“, sagt Polaczek. Am vergangene­n Montag hatte Brüggemann ihm die Premiere angedeutet. „Seitdem war ich ziemlich nervös. Das hat sich am Spieltag noch gesteigert. Schließlic­h war mein Debüt hier in Augsburg. Emotional hätte es bestimmt eine leichtere Premiere an jedem anderen Ort für mich gegeben. Aber ich habe mich darauf gefreut.“Schließlic­h habe er mit den meisten AEV-Spielern ja noch zusammenge­spielt. Weitere DEL-Stationen des 39-Jährigen waren Wolfsburg, Hamburg, Frankfurt, Nürnberg und der ERC Ingolstadt.

Die größte Umstellung vom Profi zum Pfeifenman­n sei der Fokus für ihn gewesen: „Als Stürmer schaust du auf die Scheibe. Als Schiedsric­hter musst du das Geschehen daneben viel mehr im Blick haben. Denn dort passieren oft noch mehr unerlaubte Dinge.“

Am Anfang seiner Laufbahn mit der Pfeife habe er zwar Fouls erkannt, aber gezögert, den Arm zu heben und eine Strafe auszusprec­hen. Inzwischen traut er sich mehr zu. Oft wird Polaczek als Pfeifenman­n wohl nicht mehr zur Ehrenrunde gebeten werden. Sein Chef Brüggemann sagt: „Eigentlich geht das gar nicht. Aber das war eben eine ganz besondere Premiere.“ 3. LIGA VOM MONTAG

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Foto: Siegfried Kerpf Die AEV-Fans fordern den ehemaligen Panther-Profi Aleksander Polaczek bei seiner Schiedsric­hter-Premiere auf, die Welle zu machen.

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