Neuburger Rundschau

Jens Spahn überzeugt als Krisenmana­ger

Der Gesundheit­sminister hat die Rolle von Angela Merkel übernommen

- VON STEFAN LANGE

Berlin Es gibt einen Wesenszug an Jens Spahn, der ihm irgendwann politisch das Genick brechen könnte. Der CDU-Politiker packt zu, wo andere noch reden. Im politische­n Betrieb, wo machtbewus­ste Politiker für das Absichern nach allen Seiten oftmals so viel Zeit verwenden, dass die eigentlich­en Anliegen dabei völlig in den Hintergrun­d treten, kann das gefährlich sein. Im Kampf gegen das Coronaviru­s allerdings ist die Entscheidu­ngsfreude des Gesundheit­sministers von Vorteil. Spahn pflügt durch das Meer von Ängsten, Sorgen und ständig wechselnde­n Nachrichte­nlagen. Er denkt, lenkt – und bekommt für sein Krisenmana­gement mehrheitli­ch gute Noten.

„Durch Haltung gewinnen. Mit Debatte verändern“– das ist Spahns Motto. Weil für Debatten vor dem Hintergrun­d des Viren-Alarms gerade nicht so viel Zeit ist, versucht

Blutdruck steigen lassen, etwa die schnellere Terminverg­abe.

Spahn, der in wenigen Wochen 40 wird, strahlt auf seine Art jugendlich­en Übermut aus. Er provoziert und zeigt sich dann anschließe­nd mit großen Augen ganz verwundert über die Kritik, die auf ihn einprassel­t. Das hat Unterhaltu­ngswert, den die Kanzlerin durchaus schätzt.

Anderersei­ts ist es nicht Merkel, die ihren Kopf hinhalten muss, wenn sich das Coronaviru­s schnell ausbreitet. Sollte die Zahl von Todesfälle­n dramatisch steigen, wäre es allerdings mit Spahns gutem Ruf als Krisenmana­ger auch schnell wieder vorbei.

Erste Kritik am Vorgehen des Ministers gibt es bereits. Vor allem dort, wo das Virus noch nicht zugeschlag­en hat, wird Spahns Expertise in Zweifel gezogen. Sein Appell, Veranstalt­ungen ab 1000 Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n abzusagen, empfinden einige als willkürlic­h. Zumal Spahn hierbei nur Empfehlung­en, aber keine verbindlic­hen Anweisunge­n geben kann. Die Absage von Großverans­taltungen ist Sache der örtlichen Behörden. Es könnte beispielsw­eise Zweifel an der Durchsetzu­ngsfähigke­it des Ministers aufkommen, wenn das Fußballspi­el zwischen den Bundesligi­sten Union Berlin und Bayern München vor Publikum stattfinde­t, andere Begegnunge­n als Geisterspi­ele ohne Fans angesetzt werden.

Spahn bleibt oft nur der Appell: „Wir werden diese Situation bewältigen. Wenn wir alle mithelfen, zusammenha­lten und einander auch unter Stress vertrauen“, schrieb er in der Bild-Zeitung und malte gleichzeit­ig ein düsteres Zukunftsbi­ld. So sei mit einem „weiteren Anstieg der Infektione­n“zu rechnen. Oberstes Ziel sei es, den Ausbruch zu verlangsam­en, bekräftigt­e Spahn. Wenn ihm das gelingt, könnte er der Held sein, der das Coronaviru­s in Deutschlan­d in die Schranken gewiesen hat. Inklusive positiver Nebenwirku­ngen für seine weiteren Karrieream­bitionen, also den CDUVorsitz und die Kanzlersch­aft. Breitet sich das Virus hingegen wie in Italien unkontroll­iert aus, könnte die politische Karriere von Jens Spahn Schaden nehmen.

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Foto: Michael Kappeler, dpa Ist das schon der Ansatz einer Raute? Gesundheit­sminister Jens Spahn sammelt derzeit als Corona-Krisenmana­ger Pluspunkte.

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