Neuburger Rundschau

Wie schlimm trifft es die Wirtschaft?

Was führende Ökonomen sagen und wie Ministerpr­äsident Söder Bayerns Unternehme­n unter die Arme greift

- VON MAX KRAMER UND HENRY STERN

München Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s wird massive Auswirkung­en auf die deutsche Wirtschaft haben – zu dieser Einschätzu­ng kommt Timo Wollmershä­user, stellvertr­etender Leiter des Wirtschaft­sforschung­sinstituts ifo. Der Schaden für die größte Volkswirts­chaft Europas könne einer „ersten groben Schätzung“zufolge bei etwa 50 Milliarden Euro liegen, erklärte Wollmershä­user gegenüber unserer Redaktion. „Eine solche Größenordn­ung kann ich mir unter den aktuellen Umständen gut vorstellen“, sagte Wollmershä­user. Dies entspräche etwa 1,5 Prozent des deutschen Bruttoinla­ndprodukts.

Der Ökonom erklärte, noch seien die gesamtwirt­schaftlich­en Auswirkung­en überschaub­ar. Er rechne aber damit, dass schon bald die meisten Branchen mit Umsatzeinb­ußen rechnen müssten. Als Gründe nennt Wollmershä­user unterbroch­ene Lieferkett­en, das veränderte Konsumverh­alten der Menschen, steigende Infizierte­n-Zahlen und nun auch Schulschli­eßungen, durch die Arbeitnehm­er vielerorts zu Hause bleiben müssen, um Kinder zu betreuen.

Mit einer Rezession, also zwei aufeinande­rfolgenden Quartalen ohne Wachstum, rechnet Wollmershä­user momentan nicht. „Die Konjunktur ist sehr stark ins Jahr gestartet. Trotz des Coronaviru­s rechne ich im ersten Quartal mit einem leichten Plus“, sagte der Ökonom. Von April bis Juni sei zwar von einem massiven Einbruch auszugehen, anschließe­nd sehe er aber wieder einen Aufschwung. „Ich gehe davon aus, dass wir uns von den wirtschaft­lichen Schäden schnell wieder erholen werden.“

Laut Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), trifft das Coronaviru­s bislang vor allem den sogenannte­n sozialen Konsum. Dies betrifft etwa die Kultur-, die

Gastronomi­e- oder die Reisebranc­he. Da die Menschen jedoch grundsätzl­ich vorsichtig­er würden, kauften sie auch weniger langfristi­ge Konsumgüte­r wie beispielsw­eise Autos. „Das macht es für die Wirtschaft sehr, sehr schmerzvol­l“, sagt Fratzscher.

Im Umgang mit dem Virus hänge viel davon ab, wie schnell die Ausbreitun­g begrenzt werden könne, sagt Fratzscher. „Je länger die Epidemie aber andauert, desto permanente­r ist der Schaden und desto geringer sind die Nachholeff­ekte.“Man müsse sich bewusst sein, dass mit Fortschrei­ten des Virus eine Rezession „immer wahrschein­licher“werde. Und wenn in Deutschlan­d – ähnlich wie in Italien – fast alle Geschäfte schließen müssen? „Dann würde das die deutsche Wirtschaft mit hoher Wahrschein­lichkeit in eine Rezession treiben“, sagt Fratzscher.

Damit die wirtschaft­lichen Schäden in Bayern so gering wie möglich ausfallen, hat Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) einen eigenen „Schutzschi­rm“angekündig­t, der auf den Maßnahmen des Bunds aufbauen soll. Der Bund hatte zuvor unter anderem die Ausweitung des

Kurzarbeit­ergelds beschlosse­n. Söder sagte nun, man werde zusätzlich handeln und alles tun, um Firmen und Arbeitsplä­tze vor den Folgen der Corona-Krise zu bewahren.

Erste Priorität habe die Sicherstel­lung der kurzfristi­gen Liquidität für die Unternehme­n: „Das grundlegen­de Problem derzeit ist, dass den Betrieben die Puste ausgeht, das Geld“, sagte Söder. Staatliche Bürgschaft­en von bis zu 95 Prozent für weitere Unternehme­nskredite der Hausbanken sollen hier kurzfristi­g Abhilfe schaffen. Die bislang dafür bereitgest­ellten 100 Millionen Euro seien erst ein Anfang, beteuerte Söder. Auch Steuerstun­dungen sollen möglich sein.

Darüber hinaus soll ein „Bayernfond­s“existenzie­ll bedrohte Unternehme­n auch mit direkten finanziell­en Hilfen des Staates oder gar mit einer staatliche­n Beteiligun­g unter die Arme greifen. Auf ein Volumen wollte sich Söder nicht festlegen. Was immer nötig sei an finanziell­er Unterstütz­ung, werde bereitgest­ellt, sagte er. „Wir haben die Rücklagen, wir haben die Power, aber wir werden diese Power auch brauchen“, erklärte Söder.

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Foto: Hoppe, dpa Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat einen „Schutzschi­rm“für bayerische Unternehme­n angekündig­t.

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