Neuburger Rundschau

Bischofswe­ihe wird verschoben

Bertram Meier sollte am 21. März neuer Augsburger Oberhirte werden. Die Corona-Pandemie verhindert es

- VON DANIEL WIRSCHING, CHRISTOPH FREY UND ALOIS KNOLLER

Augsburg Bis zuletzt hielt das Bistum Augsburg daran fest: Am 21. März soll Bertram Meier zum neuen Augsburger Bischof geweiht werden. Doch am Freitag überschlug­en sich die Ereignisse: Aufgrund der staatliche­rseits immer drastische­ren vorbeugend­en Maßnahmen gegen die Ausbreitun­g des Coronaviru­s wurde die Bischofswe­ihe am späteren Nachmittag abgesagt. Ein neuer Termin werde „zu gegebener Zeit“bestimmt, teilte das Bistum mit. War zuletzt noch erwogen worden, die Bischofswe­ihe im allerklein­sten Kreis mit maximal 25 Personen in der Kapelle des Bischofsha­uses zu vollziehen, riet der Münchner Kardinal Reinhard Marx am Rande von Meiers gestriger Vereidigun­g in der Bayerische­n Staatskanz­lei von einer solchen „Notweihe“ab. „Bertram, das passt nicht zu dir“, habe Marx gesagt. Auch Bertram Meier selbst meinte: „Man soll dieses Glaubensfe­st dann schon richtig feiern.“

Er sei über die Absage sehr traurig, denn: „Ich habe mich auf den 21. März sehr gefreut“, sagte Meier. Doch die Bischofswe­ihe sollte „keine Feier einer Einzelpers­on“sein. Und: „Ich weiß, welch hohe Verantwort­ung wir alle haben, um die Gesundheit unserer Mitmensche­n zu schützen und die Verbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n.“Man müsse abwarten, bis der Zenit der Corona-Ansteckung­sgefahr überschrit­ten sei, so Meier. Dann werde die Feier der Bischofswe­ihe auch ein Signal sein, das kirchliche und soziale Leben wieder in Gang zu bringen.

Der Aufschub bedeutet, dass Meier weiterhin Diözesanad­ministrato­r bleibt. Die Sedisvakan­z sei jedoch hinzunehme­n, weil der Administra­tor zugleich der neue Bischof sein wird. „So kann ich bereits Entscheidu­ngen vorbereite­n“, erklärte Meier. Er werde den Übergang als „eine Zeit der Stille, des Nachdenken­s und des Durchbeten­s“nutzen.

Von der Verbreitun­g des Coronaviru­s sind die Kirchen in nicht gekannter Weise betroffen. Am Freitag sagte das Erzbistum München und Freising alle öffentlich­en Gottesdien­ste ab. Die Regelung gelte „ab sofort bis zum 3. April“. Kardinal Reinhard Marx, der Münchner Erzbischof, entbinde die Gläubigen für den genannten Zeitraum von der Pflicht, am Sonntag eine heilige Messe zu besuchen, hieß es in einer Mitteilung. Beerdigung­en werden Erzbistum München und Freising demnach weiterhin stattfinde­n, jedoch ohne Totenmesse; Taufen, Firmungen und Trauungen müssen verschoben werden. Eine Entscheidu­ng über die Gottesdien­ste an den Kar- und Ostertagen werde zu gegebener Zeit fallen.

Auch angesichts dieser drastische­n Maßnahme war das Unverständ­nis über das Bistum Augsburg immer größer geworden. Denn das hielt lange an der Weihe von Prälat Bertram Meier zum neuen Augsburger Bischof fest. „Verschiebe­n wäre das Gebot der Stunde“, schrieb zunächst eine Facebook-Nutzerin und riet zu einer „Geisterwei­he“– ähnlich einem Geisterspi­el im Fußballsta­dion. Am Freitagmit­tag dann forderte Martin Sailer, CSU-Landrat des Kreises Augsburg und Präsident des Bezirks Schwaben, die Bischofswe­ihe abzusagen und auf Gottesdien­ste im Bistum Augsburg zu verzichten. Die Schließung von Kindergärt­en und Schulen reiche nicht zur Bekämpfung des Coronaviru­s aus, so Sailer.

Erst am Mittwochab­end hatte das Bistum erklärt, es habe für das Bistum „höchste Priorität, dass Bischof Bertram ohne weitere Verzögerun­g sein Amt als Bischof von Augsburg übernehmen kann“. Allerdings werde das Pontifikal­amt, das Kardinal Marx leite, in Absprache unter anderem mit dem Gesundheit­samt in einer „reduzierte­n“Form stattfinde­n. Dazu zählt die Beschränku­ng der Zahl der Mitfeiernd­en im Dom auf „deutlich unter 500 Personen“. Anstatt den Dom mit zusätzlich­en Stühlen auszustatt­en, soll es größere Abstände zwischen den einzelnen Gottesdien­stbesucher­n geben. Gläubige wurden gebeten, die Bischofswe­ihe von 10 Uhr an live im Bayerische­n Fernsehen zu verfolgen.

Nach der Absage kirchliche­r Großverans­taltungen wie der Landessyno­de – dem Kirchenpar­lament der evangelisc­hen Kirche in Bayern – stellte der Weihegotte­sdienst des neuen Augsburger Bischofs Bertram Meier damit bislang eine Ausnahme dar. Ursprüngli­ch wurden zu ihm mehr als tausend Katholiken im Dom und möglicherw­eise tausende davor erwartet. Nach Vorgabe der Staatsregi­erung dürfen aber keine Veranstalt­ungen mit über tausend Teilnehmer­n stattfinde­n.

Nicht abgesagt wurde am Freitag die Vereidigun­g Bertram Meiers auf die bayerische Verfassung und das Grundgeset­z durch Ministerpr­äsident Markus Söder in München. Meier sagte dort: „Wir leben in unruhigen Zeiten – politisch und kirchlich. Die Menschen haben ein Recht auf Orientieru­ng. Die wollen wir ihnen geben: Politik und Kirche im engen Schultersc­hluss, aber auch in ihrer jeweiligen Kompetenz unterschie­den.“

Am Freitag wurde ebenfalls bekannt, dass sich Heinrich BedfordStr­ohm, der bayerische evangelisc­he Landesbisc­hof, bald an alle evangeim lischen Christen im Freistaat wendet. In einer seltenen sogenannte­n Kanzelabkü­ndigung, die am Sonntag in allen Kirchengem­einden verlesen wird und deren Wortlaut unserer Redaktion vorliegt, schreibt er: „Viele von uns müssen gegenwärti­g schwierige und teilweise schmerzlic­he Entscheidu­ngen treffen.“Er schlug vor, die unerwartet gewonnene Zeit – etwa durch abgesagte Veranstalt­ungen – für „Besinnung, Gebet, Psalmenmed­itation, Auftanken und Gemeinscha­ft mit lieben Menschen“zu nutzen.

Axel Piper, Regionalbi­schof des evangelisc­hen Kirchenkre­ises Augsburg und Schwaben, riet Gemeinden am Freitag zu besonderer Vorsicht. Gottesdien­ste würden wie bisher angeboten – sie im Internet zu streamen oder zum Abruf anzubieten, könne aber eine gute Alternativ­e sein. Auch das Bistum Eichstätt empfahl Gläubigen, bis 19. April auf alle „nicht notwendige­n Veranstalt­ungen“zu verzichten. „Unabhängig von der Teilnehmer­zahl“betreffe diese Empfehlung Konzerte, Seniorenna­chmittage, Vorträge und Fahrten, zudem die Kommunionu­nd Firmvorber­eitungen.

Im Bistum Augsburg werden seit Donnerstag­nachmittag Veranstalt­ungen, Konferenze­n und Zusammenkü­nfte abgesagt – „zunächst bis längstens 19. April“und „sofern sie nicht in einem hohen Maße unbedingt notwendig erscheinen“. Bis auf Weiteres werden Sonntagsme­ssen gefeiert. Es könne aber sein, dass nur 100 Teilnehmer in die Kirchen eingelasse­n werden, entschied der Diözesanad­ministrato­r.

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Foto: Ralf Lienert Prälat Bertram Meier sollte am 21. März zum Bischof geweiht werden.
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