Neuburger Rundschau

Corona lehrt Hollywood das Fürchten

Im Katastroph­enkino ist die Bedrohung durch Seuchen ein beliebtes Szenario. Doch nun legt die Pandemie den Filmbetrie­b lahm. Die Prognose für die Branche ist düster

- VON BARBARA MUNKER

Los Angeles Ein tödliches Virus aus Asien breitet sich explosions­artig auf der ganzen Welt aus. Staaten erlassen strikte Quarantäne-Regeln, Straßen und Geschäfte sind menschenle­er. Die mysteriöse Pandemie mit Grippe-Symptomen reißt immer mehr Opfer in den Tod. MEV-1 heißt das Virus, das in dem Hollywood-Thriller „Contagion“zur globalen Bedrohung wird. Vor neun Jahren brachte US-Regisseur Steven Soderbergh den Katastroph­enfilm mit Stars wie Matt Damon, Laurence Fishburne, Gwyneth Paltrow, Kate Winslet und Marion Cotillard ins Kino. Durch die Coronaviru­s-Krise ist der sachlich inszeniert­e Thriller plötzlich bei Streaming-Diensten wieder stark gefragt.

Was 2011 noch packende Unterhaltu­ng war, hat nun einen bitteren Beigeschma­ck. Die Covid-19-Pandemie mit rapide steigender Zahl von Infizierte­n und Toten zeigt immer mehr Parallelen mit Katastroph­enszenarie­n „Made in Hollywood“. Und das Coronaviru­s lehrt die Entertainm­ent-Branche jetzt das Fürchten. Der Unterhaltu­ngsbetrieb liegt quasi lahm. Film- und TV-Produktion­en werden gestoppt, Kinostarts weltweit abgesagt, Messen und Festivals gecancelt. Branchenex­perten rechnen mit Kinokassen­einbußen von bis zu 20 Milliarden Dollar in diesem Jahr, wenn sich der Stillstand über mehrere Monate hinzieht.

Der erste Einbruch kam schon im Januar mit der Schließung der Kinos in China, dem Ursprungsl­and des neuartigen Virus, zugleich der zweitgrößt­e Kinomarkt nach USA und Kanada. Im Februar dann das vorläufige Aus für Tom Cruise und „Mission: Impossible 7“. Drei Wochen lang wollte Regisseur Christophe­r

McQuarrie in Italien drehen, wo schon das Virus grassierte. Es geht Schlag auf Schlag weiter: Anfang März wird der Start des neuen James-Bond-Films „No Time to Die“um sieben Monate auf November verschoben – „nach sorgfältig­er Überlegung und gründliche­r Bewertung des weltweiten Kinomarkte­s“, so die nüchterne Begründung. In den letzten Tagen trifft es weitere Blockbuste­r: „Fast & Furious 9“, „The New Mutants“, „Mulan“, „Peter Hase 2“, „A Quiet Place 2“. Fans müssen sich nun länger gedulden, bis diese Filme ins Kino kommen. John Krasinski, Regisseur des Horrorfilm­s „A Quiet Place 2“, kommentier­te den Aufschub auf Instagram. Seinen Film sollte man zusammen mit anderen Leuten im Kino erleben. „Jetzt ist offensicht­lich nicht die richtige Zeit dafür.“

Nach China, Italien und Polen machen auch in anderen Ländern immer mehr Lichtspiel­häuser dicht. In den USA bleiben die meisten Kinos vorerst noch geöffnet, doch sie geben nur die Hälfte der Tickets aus, um mehr Platz und damit mehr Abstand zwischen den Besuchern zu schaffen. Das Disney-Studio gab am Freitag einen massiven Drehstopp bekannt, Begegnunge­n am Set werden damit vermieden. Betroffen sind unter anderem Großprojek­te wie „The Little Mermaid“, Guillermo del Toros „Nightmare Alley“und Ridley Scotts Historiend­rama „The Last Duel“mit Matt Damon und Ben Affleck. Der StreamingD­ienst Netflix will vorsichtsh­alber mindestens für zwei Wochen die Produktion von Filmen und TVShows in den USA und Kanada einstellen.

Der positive Coronaviru­s-Test bei Tom Hanks hatte am Set in Australien zum sofortigen Abbruch der neuen Produktion von Regisseur Baz Luhrmann geführt. Das Biopic vom Studio Warner Bros. ist eine noch titellose Filmbiogra­fie über die Rock-’n’-Roll-Legende Elvis Presley, in der Hanks dessen Manager Colonel Tom Parker spielt. Der zweifache Oscar-Preisträge­r und seine Frau hatten die Diagnose am

Donnerstag in den sozialen Medien bekannt gegeben. Sie seien nun in Quarantäne und würden „jeden Tag nehmen, wie er kommt“, gab Hanks betont locker von sich.

Branchenex­perten in Hollywood geben unterdesse­n eine düstere Prognose. Sie rechnen schon die möglichen Milliarden­verluste durch die Corona-Krise hoch. 20 Milliarden Dollar könnten allein an den Kinokassen in diesem Jahr fehlen, vor allem, wenn die lukrativen ausländisc­hen

In den meisten Ländern sind Kinos geschlosse­n

Können die Filmfestsp­iele in Cannes stattfinde­n?

Märkte einbrechen, berichtete am Freitag das Filmblatt Hollywood Reporter. 2019 flossen weltweit noch mehr als 42 Milliarden Dollar in Hollywoods Kassen.

Abgesagt ist auch die jährliche Fachmesse CinemaCon, bei der die Filmtheate­rbranche Ende März in Las Vegas die neuesten Hollywoodp­rojekte vorstellen wollte. Auch die renommiert­en Filmfestiv­als Tribeca in New York und das Internatio­nale Film Festival in San Francisco (beide für April geplant) sind abgesagt geworden. Das sind schlechte Vorboten für Cannes, wo die 73. Filmfestsp­iele Mitte Mai (noch) auf dem Plan stehen. Eine Absage würde die kränkelnde internatio­nale Branche schwer treffen.

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Foto: Everett Colle/picture alliance Bei Streaming-Diensten ist Steven Soderbergh­s Pandemie-Thriller „Contagion“(unter anderem mit Jude Law) sehr gefragt. Doch der Filmbranch­e drohen durch den aktuellen Corona-Ausbruch große Verluste.

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