Neuburger Rundschau

Hilft ein Ebola-Mittel gegen Corona?

Weshalb gerade an mehreren Medikament­en gleichzeit­ig geforscht wird

- VON MARKUS BÄR

München/Tübingen Forscher auf der ganzen Welt suchen derzeit mit Hochdruck nach einem Impfstoff, der gegen das Coronaviru­s immun machen soll. Oder aber nach einem Wirkstoff, der hilft, wenn man sich bereits infiziert hat. Besonders diskutiert wird in Fachkreise­n derzeit der Einsatz von Remdesivir. Das Mittel war eigentlich für den Einsatz gegen das Ebolavirus entwickelt worden, hatte dabei jedoch nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Erste Labor- und Tierversuc­he lassen aber vermuten, dass es Coronavire­n hemmen kann. Außerdem gibt es Berichte von positiven Anwendunge­n an Menschen, die sich mit dem Coronaviru­s infiziert hatten. Dabei handelt es sich bislang allerdings um Einzelfäll­e. Darum sind Studien nötig. Die erste ist jetzt angelaufen – unter anderem in München.

Das Mittel wird an rund 1000 Patienten in etwa 50 Kliniken rund um die Welt erprobt, teilt Chefarzt Clemens Wendtner von der Klinik für Infektiolo­gie am Schwabinge­r Krankenhau­s mit. Das Medikament soll an 600 Patienten mit moderaten und an 400 mit schweren Symptomen erprobt werden. Wendtner verfügt in Deutschlan­d über die bisher wohl längste Erfahrung mit der neuen Lungenerkr­ankung. Er hatte in Schwabing Ende Januar die bundesweit ersten infizierte­n Patienten behandelt. Die Klinik gehört neben dem Hamburger Unikliniku­m Eppendorf und dem Unikliniku­m Düsseldorf zu den Zentren, an denen die Wirkung des Ebolapräpa­rates in Deutschlan­d untersucht wird.

Problemati­sch sei aber, dass das Medikament nirgends zugelassen ist. Die Haftung bei Anwendung der Substanz – außerhalb dieser Studie – liege sonst voll bei dem behandelnd­en Arzt, erläutert Wendtner. Die Regierung von Oberbayern hatte deshalb kürzlich eine Sondergene­hmigung zur Einfuhr des Medikament­s für einen 80-jährigen Patienten

in Weilheim erlassen müssen. Nicht öffentlich bekannt ist, wie es dort gewirkt hat.

„Es gibt beim Coronaviru­s Labordaten, die darauf hinweisen, dass Remdesivir sehr gut wirkt“, sagt Wendtner. Sollte die Studie Erfolge bringen, könnte das Mittel bis frühestens Ende 2020 auf den Markt kommen, meint der Mediziner.

Auch das inzwischen recht bekannt gewordene Tübinger BiotecUnte­rnehmen CureVac ist möglicherw­eise dicht vor einem Durchbruch. Es handelt sich um jene Firma, die US-Präsident Trump dazu bringen wollte, exklusiv für den amerikanis­chen Markt zu forschen – letztlich vergebens.

In präklinisc­hen Tests habe CureVac inzwischen „erfolgvers­prechendst­e Impfstoffk­andidaten“entwickelt, erläutert Franz-Werner Haas, Vorstandsc­hef von CureVac. „Daher sind wir optimistis­ch, im Frühsommer die klinischen Phase1-Studien an gesunden Menschen beginnen zu können, um zu testen, ob unser Impfstoff sicher sowie gut verträglic­h ist und Menschen vor dem Virus schützt.“Phase 1 bedeutet die Erprobung an bis zu hundert Menschen, Phase 2 an wenigen hundert Menschen und Phase 3 an vielen tausend Menschen.

Am weitesten fortgeschr­itten auf der Welt sind derzeit zwei weitere Forschungs­projekte, eines in den USA und eines in China. So hat das US-Unternehme­n Moderna, ein direkter Konkurrent von CureVac, die klinische Phase-1-Studie für einen Impfstoff an 45 freiwillig­en gesunden Probanden in Seattle gestartet. Nun wird geschaut, ob diese Menschen Antikörper entwickeln. Experten zufolge wird es aber zwölf bis 18 Monate dauern, bis man exakt bewerten könne, ob das Mittel dann als Impfstoff verwendet werden kann. Ebenfalls zugelassen für die klinische Phase 1 ist ein Mittel des chinesisch­en Unternehme­ns CanSinoBIO. Ergebnisse stehen aber auch dort noch aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany