Neuburger Rundschau

Es läuft auf ein V oder U hinaus

Der Sachverstä­ndigenrat macht in der Corona-Krise Hoffnung auf einen relativ milden Ausgang

- VON STEFAN LANGE

Berlin Der Tag begann mit schlechten Nachrichte­n. Die Wirtschaft­sforscher des Ifo-Instituts hatten Alarm geschlagen und in der Corona-Krise ein Schreckens­szenario an die Wand gemalt. „Die Kosten werden voraussich­tlich alles übersteige­n, was aus Wirtschaft­skrisen oder Naturkatas­trophen der letzten Jahrzehnte in Deutschlan­d bekannt ist“, warnte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Einen Wirtschaft­seinbruch von 7,2 bis 20,6 Prozentpun­kte und Kosten von 255 bis 729 Milliarden Euro sagten seine Ökonomen voraus. Doch am Dienstagmi­ttag kam die Entwarnung. Der Sachverstä­ndigenrat zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g hat vorsichtig­e Hoffnungen, dass es die deutsche Wirtschaft längst nicht so brutal erwischt.

Der Vorsitzend­e des Rates, Lars Feld, machte deutlich, dass er wegen der Krise mit Konjunktur­dellen rechnet. Es werde aber „vielleicht nicht ganz so schlimm kommen“, wie man es vom Ifo-Institut gehört habe, erklärte er. Die wichtigste Erkenntnis des Sachverstä­ndigenrate­s: Die Krise wird sich eher in V-Form oder U-Form entwickeln. Ein „L“, das Schreckges­penst der Wirtschaft, sei kaum zu erwarten. Während bei der V-Entwicklun­g auf einen steilen Absturz ein ebenso steiler Aufschwung folgt, bildet der U-Verlauf einen steilen Absturz ab, auf den sich vor den Aufschwung eine Stabilisie­rungsphase auf niedrigem Niveau legt. Beim „L“schließt sich dem Absturz eine lange Flaute an.

Feld wollte sich nicht in Zahlen ergießen, wie es Ifo mit sechs gerechnete­n Szenarien getan hatte. Einen Korridor nannte der Professor für Wirtschaft­spolitik und Ordnungsök­onomik an der Uni Freiburg trotzdem. Bei einem durch die Regierung verordnete­n Stillstand (Shutdown) für viele Bereiche der deutschen Wirtschaft von fünf Wochen Dauer sowie einer zweiwöchig­en Erholungsp­hase würde der Wirtschaft­seinbruch demnach unter fünf Prozent liegen. Etwas schlimmer wäre es bei einem sieben Wochen andauernde­n Shutdown und einer Erholungsp­hase von fünf Wochen. „Dann landen wir bei einem Szenario wie nach der Finanzkris­e“, sagte Feld. Damals, im Jahr 2009, war die deutsche Wirtschaft um 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebroch­en.

„Viel hängt am Ende davon ab, dass wir schnell aus der Krise herauskomm­en“, sagte Feld mit Blick auf das Coronaviru­s. Der Experte wies gleichzeit­ig darauf hin, dass das erste Quartal in Deutschlan­d ja noch gut gelaufen sei. „Wenn es uns gelingt, ab dem dritten Quartal mit kräftiger Erholung voranzugeh­en, dann sind wir bei weitem nicht so pessimisti­sch, wie es das Ifo-Institut in seinen Extrem-Szenarien ist“, fasste Feld zusammen.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier freute sich. Er habe aus dem Austausch mit den Experten „eine große Ermutigung“mitgenomme­n, so der CDU-Politiker. Er betonte die Bereitscha­ft der Regierung, im Bedarfsfal­l weitere Milliarden auf den Tisch zu legen. Alles bisher Beschlosse­ne sei nur „ein erster Schritt“, sagte Altmaier, der damit bei der FDP Protest hervorrief. Fraktionsv­ize Michael Theurer forderte, der Minister müsse jetzt handeln und „Mittelstän­dler stärker bei den bisherigen Hilfsmaßna­hmen berücksich­tigen und einen speziellen Rettungsfo­nds für Start-ups auflegen“. An diesem sollten auch die privaten Gesellscha­fter beteiligt werden, damit die private Risikoüber­nahme erhalten bleibe.

Solo-Selbststän­digen und Betrieben mit wenigen Angestellt­en machte Altmaier Mut. Er hoffe, dass zumindest in einigen Bundesländ­ern die „ersten Zuschüsse an ganz kleine Unternehme­n noch in dieser Woche ausgezahlt werden können“. Die Regierung hat bei maximal fünf Beschäftig­ten 9000 Euro, bei maximal zehn Beschäftig­ten 15 000 Euro Zuschuss als Soforthilf­e versproche­n. Das Geld soll über die Bundesländ­er ausgezahlt werden, die dazu auch die Details bekannt geben werden.

Am Ende gilt es, schnell aus der Krise rauszukomm­en

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