Neuburger Rundschau

Olympia: Die Absage tut weh – das ist gut so

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Dass in Zeiten der grassieren­den Corona-Pandemie der Zeitplan für die Olympische­n Spiele 2020 tatsächlic­h zu halten sein würde – daran dürfte am Ende selbst in der Zentrale des Internatio­nalen Olympische­n Komitees kaum einer mehr geglaubt haben. Am Dienstag folgte die endgültige Bestätigun­g aus Tokio: Olympia 2020 findet erst 2021 statt. Es ist ein Novum in der Geschichte der Spiele – und ein Schritt, der in jeder Hinsicht alternativ­los ist.

Damit wandert nach der FußballEur­opameister­schaft das zweite Großereign­is im Sport wohl in den Sommer des kommenden Jahres. Aus Sicht der Sportler wäre eine reguläre Vorbereitu­ng auf die Spiele ohnehin nicht mehr möglich gewesen. In vielen Ländern ist der Trainingsb­etrieb komplett zum Erliegen gekommen. Allein schon die Vorstellun­g, in Zeiten der Corona-Krise eine Großverans­taltung mit 11 000 Sportlern aus 206 Ländern abzuhalten, wirkt völlig absurd.

Und auch wenn die Entscheidu­ng keine große Überraschu­ng mehr darstellt: Sie wird sowohl den Athleten als auch den Sportfans der Welt wehtun – und auch das ist wichtig. Denn drastische Maßnahmen wie das Verschiebe­n der größten Sportveran­staltung der Welt müssen auch dem letzten Uneinsicht­igen verdeutlic­hen, wie ernst mittlerwei­le die Lage ist. Die Corona-Krise verlangt von der Weltbevölk­erung Einsicht, Solidaritä­t und Bereitscha­ft zum Verzicht – angekommen scheint diese Einsicht noch immer nicht bei jedem zu sein.

Dass das Internatio­nale Olympische Komitee bis zuletzt an dem Zeitplan festgehalt­en hat, wirft abermals ein schlechtes Licht auf die Organisati­on, die eigentlich dem olympische­n Gedanken und nicht der Gewinnopti­mierung verpflicht­et sein sollte. Noch am Sonntag hatte sich das IOC eine Frist von vier Wochen gesetzt, um über eine Verschiebu­ng zu entscheide­n. Es war eine Hängeparti­e, die zu Recht von allen sportliche­n Instanzen scharf kritisiert worden war.

Dass schon zwei Tage später der Entschluss zur Verschiebu­ng stand, lässt tief blicken. Letztlich ging die Entscheidu­ng von Japan aus – einem Land, in dem öffentlich geäußerte Kritik an dem Gemeinscha­ftsprojekt Olympia lange Zeit ein gesellscha­ftliches No-Go war, das mit sozialer Ächtung einherging. Dass Japans Premiermin­ister Shinzo Abe dem IOC-Chef Bach die Entscheidu­ng abnahm, Olympia zu verschiebe­n, wirkt angesichts der Bedrohung, die vom Coronaviru­s ausgeht, schon grotesk.

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Foto: dpa Die Olympische­n Spiele werden ins Jahr 2021 verschoben.
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