Neuburger Rundschau

„Keiner will sich die Hände schmutzig machen“

Nicht nur beim TSV Neuburg hat man mit erhebliche­n Nachwuchs-Problemen zu kämpfen. Abteilungs­leiter Christian Wuka spricht im NR-Interview über mögliche Lösungsans­ätze sowie die Corona-Krise

- VON DIRK SING

Neuburg Der Deutsche HandballBu­nd hat aufgrund des Coronaviru­s bereits in der vergangene­n Woche den noch laufenden Spielbetri­eb bei den Nachwuchst­eams vorzeitig beendet sowie im Senioren-Bereich mindestens bis zum 19. April ausgesetzt. Wir haben uns mit dem Abteilungs­leiter des TSV Neuburg. Christian Wuka, über die derzeitige Situation sowie den bisherigen Saisonverl­auf unterhalte­n.

Herr Wuka, laut Spielplan hätte die Herrenmann­schaft des TSV Neuburg in dieser Saison noch vier Partien zu bestreiten. Gehen Sie davon aus, dass diese tatsächlic­h noch ausgetrage­n werden können?

Wuka: Ehrlich gesagt, glaube ich das nicht. Für die ausgefalle­nen Heimspiele müsste man ja auch wieder Hallenzeit­en organisier­en. So kurzfristi­g dürfte das kaum möglich sein. Aber letztlich muss natürlich der Verband diese Entscheidu­ng treffen.

Angenommen, der Verband würde die Saison tatsächlic­h für beendet erklären. Was wäre in Ihren Augen eine faire Lösung in Sachen Wertung? Wuka: Das ist eine gute Frage. Würde man die aktuelle Tabelle so stehenlass­en und daraus den Meister küren, wäre es ja auch irgendwie Quatsch, da noch nicht alle Mannschaft­en gegeneinan­der gespielt haben. Aber vielleicht müsste man es aufgrund der diesjährig­en Coronaviru­s-Krise eben doch so machen. Die andere Möglichkei­t wäre, die bisherige Saison quasi komplett zu annulliere­n und in dieser Konstellat­ion 2020/2021 nochmals zu spielen. Was jetzt genau die fairste Lösung ist, ist schwer zu sagen. Der Verband muss diesbezügl­ich eine Entscheidu­ng treffen und dann auch dazu stehen. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine absolute Ausnahmesi­tuation handelt, sollte sich auch niemand beschweren und das einfach so akzeptiere­n.

Lassen Sie uns über das Sportliche sprechen. Das Neuburger HerrenTeam belegt in der Bezirkskla­sse Nord-West mit 9:23 Punkten den achten Platz. Wie fällt Ihr bisheriges Saisonfazi­t aus?

Wuka: Wir haben eigentlich recht gut angefangen und waren zu Beginn auch richtig viele Leute im

Training. Doch im Laufe der Spielzeit hat das Verletzung­spech immer mehr zugeschlag­en. Unter anderem hat sich unser Leistungst­räger Fabian Bader das Kreuzband gerissen. Auch berufliche Einschränk­ungen von wichtigen Spielern kamen noch hinzu. Nachdem wir ja vor dieser Saison eine neue Mannschaft auf die Beine stellen mussten, war es dann kaum noch möglich, im oberen Bereich des Klassement­s mitzuspiel­en.

Sie haben es bereits angesproch­en: Im ersten Saisonmatc­h gegen die DJK Eichstätt standen stolze 15 (!) TSVAkteure auf dem Spielberic­htsbogen, während man im weiteren Verlauf bei zwei Begegnunge­n kein Team mehr stellen konnte...

Wuka: Genau das war unser Problem! In diesen beiden Partien geDachau und Pfaffenhof­en kam wirklich alles zusammen. Verletzung­en, berufliche Gründe, Krankheite­n, Urlaub und Ferien. Wir hätten nur fünf beziehungs­weise vier Leute zusammenge­bracht – und das hätte schlichtwe­g keinen Sinn ergeben. Leider haben wir ja aktuell auch keine Jugendspie­ler, die wir im Bedarfsfal­l nach oben in den Seniorenbe­reich schieben können.

In dieser Saison hatte der TSV Neuburg keine A-Jugend am Start. Das älteste Nachwuchs-Team waren die B-Junioren. Wie optimistis­ch sind Sie, die nächsten ein, zwei Jahre zu überbrücke­n, bis man den Herren-Kader mit jungen Talenten auffüllen kann? Wuka: Das ist auf alle Fälle mein ganz großes Ziel als Abteilungs­leiter. Ich werde alles daran setzen, den

Spielbetri­eb im Herren-Bereich so lange aufrecht zu erhalten, bis unsere B-Jugendlich­en nachgerück­t sind. Vom Alter her können wir ja bereits in der kommenden Spielzeit den einen oder anderen Akteur einsetzen. Natürlich hängt es auch immer davon ab, ob die Jungs nach der Schule in Neuburg bleiben oder sich anderweiti­g orientiere­n. Eine weitere Option für uns ist sicherlich, wenn der Campus einmal nach Neuburg kommt. Aber das ist aktuell noch Zukunftsmu­sik.

Mit Ausnahme des Fußballs hat nahezu jede Sportart Probleme, Nachwuchs zu generieren. Warum tut sich konkret der Handball-Sport so schwer, Kinder und Jugendlich­e für diese tolle Sportart zu begeistern? Wuka: Ein großes Problem ist sigen cherlich, dass viele „Kids“nur noch vor dem Computer sitzen, anstatt sich sportlich zu betätigen. Ich sehe es ja auch bei mir auf berufliche­r Ebene: Man bekommt für das BauWesen kaum noch Leute, da sich niemand mehr die Hände schmutzig machen und sich körperlich anstrengen möchte. Damit hat auch der Sport beziehungs­weise das Vereinsleb­en zu kämpfen. Die große Kunst ist es, dieser Entwicklun­g gegenzuste­uern. Wir hatten noch in der vergangene­n Woche beim TSV Neuburg eine „Zukunfts-Werkstatt“, in der wir Ideen gesammelt und einiges vorbereite­t haben, um junge Leute wieder vermehrt zum Sport zu bringen. Aufgrund der Corona-Krise muss das Ganze momentan natürlich etwas warten.

Helfen denn bei der Nachwuchs-Gewinnung in den Vereinen grundsätzl­ich auch internatio­nale Erfolge der Nationalma­nschaft bei Weltmeiste­rschaften oder Olympische­n Spielen?

Wuka: Ja, definitiv! Ich kann mich noch gut erinnern, als Deutschlan­d im Jahr 2007 den WM-Titel im eigenen Land gewonnen hat, war auch bei uns ein regelrecht­er Zulauf. Von diesem profitiere­n wir teilweise heute noch. Auch wenn Handball während einer Welt- oder Europameis­terschaft im Free-TV übertragen wird, werde ich oft von Leuten, die mit dieser Sportart eigentlich nichts zu tun haben, darauf angesproch­en. Von dem her wären also weitere internatio­nale Erfolge des DHBTeams auf alle Fälle wünschensw­ert.

Eines der absoluten Highlights im Terminkale­nder der TSV-Handballer war in der Vergangenh­eit immer das große Beachhandb­all-Turnier auf dem TSV-Gelände im Englischen Garten. Vorausgese­tzt, die Coronakris­e lässt eine derartige Veranstalt­ung zu: Wird es sie 2020 wieder geben?

Wuka: Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Eines der Hauptprobl­eme ist, Leute zu finden, die bei der gesamten Organisati­on helfen. In den zurücklieg­enden Jahren war das zumeist nur auf ganz wenige Schultern verteilt. Auch mir persönlich fehlt die Zeit, ein solches Event alleine zu planen und zu schultern. Möglicherw­eise findet das Ganze ja diesmal auch in einem kleineren Rahmen statt. Aber letztlich muss man natürlich auch die Situation um das Coronaviru­s abwarten.

 ?? Foto: Daniel Worsch ?? Bei ihm laufen die Fäden in der Handball-Abteilung des TSV Neuburg zusammen: Spartenche­f Christian Wuka (links), der selbst für die Herrenmann­schaft auf Torjagd geht.
Foto: Daniel Worsch Bei ihm laufen die Fäden in der Handball-Abteilung des TSV Neuburg zusammen: Spartenche­f Christian Wuka (links), der selbst für die Herrenmann­schaft auf Torjagd geht.

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