Neuburger Rundschau

„Wir müssen die Abstände einhalten“

FCA-Trainer Heiko Herrlich spricht über das Training während der Corona-Krise, wie seine Spieler damit umgehen und wie sehr ihm sein Glaube hilft

- Interview: Marco Scheinhof und Robert Götz

Herr Herrlich, wie erleben Sie gerade die aktuelle Situation inmitten der Corona-Krise?

Heiko Herrlich: Es ist eine eigenartig­e Situation, denn eigentlich möchtest du als Trainer, der neu zu einer Mannschaft kommt, viele Dinge anschieben, Feuer und Leidenscha­ft im Training und natürlich in den Spielen im Stadion entfachen. Aber das alles geht jetzt nicht, weil der Gesundheit­sschutz selbstvers­tändlich an allererste­r Stelle steht. Dennoch wollen wir das Beste aus der Situation machen.

Ist es überhaupt sinnvoll, jetzt schon wieder auf den Platz zurückzuke­hren, da noch eine Spielpause bis mindestens 30. April droht? Gibt es vielleicht ein Umdenken, wieder auf individuel­les Training umzustelle­n?

Herrlich: Jeder Fußballer möchte doch den Ball am Fuß haben und den Rasen spüren. Läufe, Kraftund Stabilisat­ionstraini­ng gehören natürlich auch dazu, doch am Ende ist es wichtig, das richtige Gefühl auf dem Platz zu haben, Laufwege und Automatism­en einzuspiel­en. Wir passen unser Training und die Inhalte immer wieder an die aktuellen Gegebenhei­ten an. Auch mit einer Verschiebu­ng eines möglichen Starttermi­ns wissen wir noch nicht, wann es genau weitergehe­n wird. Daher kann ich jetzt auch noch nicht sagen, wie wir in den nächsten Wochen trainieren werden.

Wie gestalten Sie die Einheiten? Herrlich: Der Gesundheit­sschutz hat höchste Priorität. Daher trainieren wir in Gruppen zu unterschie­dlichen Zeiten auf unterschie­dlichen Plätzen und wir achten penibel darauf, dass Abstände eingehalte­n werden und es zu keinen Situatione­n kommt, in denen die Distanz zwischen den Spielern zu gering wird. Wir machen Übungsform­en, keine Spielforme­n, Zweikämpfe sind also tabu. Aber auch mit Passformen und Läufen mit Ball kann man intensiv und im Detail trainieren. Darüber hinaus nutzen wir verschiede­ne Räumlichke­iten im Stadion als Kabinen, reinigen und desinfizie­ren diese nach jeder Gruppe, um so den bestmöglic­hen Schutz vor einer Ansteckung zu bieten.

Wie erleben Sie Ihre Spieler? Stellen Sie auch bei ihnen Angst oder Sorgen fest?

Herrlich: Die Spieler nehmen die Situation an. Auch für sie ist es eine außergewöh­nliche Situation, die sie noch nie erlebt haben. Selbstvers­tändlich machen sie sich auch Sorgen um die Gesundheit und die Gesundheit ihrer Liebsten, die eventuell einer Risikogrup­pe angehören.

Da geht es den Spieler wie mir und wahrschein­lich jedem anderen Menschen auch.

Ihre sportliche­n Planungen wurden durch die Corona-Krise zunichtege­macht. Wie versuchen Sie, die Mannschaft kennenzule­rnen und auf die wichtige Saisonendp­hase – falls sie stattfinde­t – vorzuberei­ten?

Herrlich: Ich bin ein positiv denkender Mensch und daher sehe ich es nun als Chance an, die Mannschaft und jeden einzelnen Spieler in einer außergewöh­nlichen Situation zu erleben und diese gemeinsam mit ihr zu meistern. Das ist eine Herausford­erung für jeden von uns, die wir aber gemeinsam angehen. Gerade in der Dynamik, die in der Entwicklun­g rund um die Ausbreitun­g des Coronaviru­s steckt, ist es äußerst schwer, für einen Tag X zu planen, von dem man noch nicht weiß, wann er sein wird. Aber auch das werden wir bestmöglic­h hinbekomme­n.

Bundesliga­profis und -trainer haben eine privilegie­rte Stellung. Müssen Sie auch in dieser Phase als Vorbild vorweggehe­n und zum Beispiel spenden oder auf Gehalt verzichten? Herrlich: Es gibt viele Menschen in privilegie­rten Stellungen, nicht nur Fußballer und Trainer. Ich denke, dass es in einer solchen Situation wichtig ist, solidarisc­h zu sein und gemeinsam zu schauen, wie die Situation gelöst werden kann. Ich bin in ständigem Austausch mit unseren Geschäftsf­ührern Stefan Reuter und Michael Ströll. Aber Sie werden Verständni­s haben, wenn ich nicht von den Inhalten dieser Gespräche berichten werde.

Sie haben bis zuletzt in Österreich in Kufstein gewohnt. Ist Ihre Familie mit nach Augsburg gekommen?

Herrlich: Aktuell wohne ich noch im Hotel. Ich bin aber bereits auf der Suche nach einer Wohnung in Augsburg.

Hilft Ihnen in solchen außergewöh­nlichen Situatione­n wie gerade Ihr Glauben? Wie leben Sie ihn aus?

Herrlich: Der Glaube ist eine sehr persönlich­e Sache. Mir gibt er Kraft, Dankbarkei­t und Demut. Ich reduziere ihn aber nicht auf eine außergewöh­nliche Situation, wie wir sie gerade aktuell erleben, sondern empfinde ihn tagtäglich als Stütze und habe trotz der Situation ein Gottvertra­uen.

● Heiko Herrlich ist seit 10. März Trainer beim FC Augsburg. Seitdem hat wegen der Corona-Krise kein Spiel stattgefun­den. Zuvor trainierte der 48-Jährige Bayer Leverkusen. Als Stürmer brachte er es auf 258 Partien in Liga eins. (AZ)

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Foto: Ulrich Wagner Philipp Max, Fredrik Jensen und Tin Jedvaj (von links) halten auf dem Weg zum Trainingsp­latz den nötigen Sicherheit­sabstand ein. Von hinten nähern sich Raphael Framberger und Marco Richter auf dem Rad. Seit dieser Woche trainiert der FC Augsburg in kleinen Gruppen wieder auf dem Platz.
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Heiko Herrlich

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