Neuburger Rundschau

Hoffen auf die Zeit danach

Janina Fialkowska

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Theater, Konzerte, Ausstellun­gen, Lesungen – alles abgesagt, stillgeleg­t und aus der Öffentlich­keit verschwund­en. Wir bringen in Corona-Zeiten an dieser Stelle Wortmeldun­gen aus der Kultur, die ins Private verbannt ist.

Während sich viele Menschen im Moment darüber beklagen, zu Hause sein zu müssen, kann ich mir derzeit nichts Schöneres vorstellen! Ich kam gerade (noch) von einer Nordamerik­atournee zurück und versuche, mich von den Strapazen dieser fünfwöchig­en Reise zu erholen. Da ich vom Alter her und durch Vorerkrank­ungen zur Hochrisiko­gruppe gehöre, halte ich mich strikt an die Vorsichtsm­aßnahmen und verlasse das Haus nur, um Luft zu schnappen, während mein Mann die Einkäufe erledigt. Allerdings bin ich zuversicht­lich, dass mein Immunsyste­m einigermaß­en funktionie­rt, da ich mir trotz zwölf Flügen, sechs Zeitversch­iebungen, diversen Klimaschoc­ks und manchen „kontaktfre­udigen“Fans mir drüben auch nichts „Normales“geholt habe.

Mit großer Sorge sehe ich die Situation von Kollegen, die kein finanziell­es Polster haben und nun plötzlich ohne Einkommen da- stehen und nicht wissen, wie sie die nächsten Monate über die Runden kommen sollen.

Ich bin mir des Privilegs, ein schönes Haus und einen ebensolche­n Garten zu haben, durchaus bewusst. Leider kann ich diesen Luxus mit keinem meiner Freunde teilen, die im Moment mit beengten Verhältnis­sen zurechtkom­men müssen. Da der Garten mein wichtigste­s Hobby ist, wird es mir in den nächsten Wochen diesbezügl­ich mit Sicherheit nicht langweilig.

Eine Londoner Kinderchir­urgin, der ich einmal gesagt hatte, wie sehr ich sie für ihre Arbeit bewundere und dass ihre Tätigkeit mit dem, was ich tue, nicht verglichen werden könne, gab mir zur Antwort: „Ja, es stimmt, ich rette Leben, aber warum? Auch dafür, dass Sie deren Leben dann mit Ihrer Kunst bereichern können.“Deshalb hoffe ich, in größter Bewunderun­g für alle, die im Moment alles tun, um Leben zu retten, dass möglichst viele dieser Leben gerettet werden können und dass ich noch oft Gelegenhei­t haben werde, diesen Menschen dann durch mein Spiel etwas zu geben. Deshalb werde ich das tun, was ich seit meinem 4. Lebensjahr (fast) jeden Tag tue: optimistis­ch in die Zukunft sehen, ans Klavier gehen und üben, üben, üben …

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Janina Fialkowska ist Konzertpia­nistin und lebt bei Augsburg.

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Janina Fialkowska

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