Neuburger Rundschau

Der Preis ist heiß?

Die große Zeit der Fernseh-Galas ist vorbei. Und das hat nichts mit der Corona-Pandemie zu tun, auch wenn nun deswegen Veranstalt­ungen abgesagt wurden. Warum Bambi und Goldene Kamera massive Probleme haben

- VON TILMANN P. GANGLOFF

An diesem Freitag sollten im westfälisc­hen Marl die Grimme-Preise überreicht werden. Die Veranstalt­ung ist jedoch wegen der CoronaPand­emie ebenso abgesagt worden wie die für den 21. März geplante Verleihung der Goldenen Kamera im ZDF und die Gala zum Deutschen Fernsehpre­is auf RTL Anfang Juni. Die meisten Zuschauer können damit vermutlich gut leben: Waren Bambi und Goldene Kamera früher wegen des Glamourfak­tors Medienerei­gnisse, hatten die Übertragun­gen in den letzten Jahren immer weniger Publikum. Daran konnten auch Reformen nichts ändern. Selbst der öffentlich-rechtliche Kulturkana­l 3sat zeigte die GrimmePrei­sverleihun­g zeitverset­zt erst nach 22 Uhr. Auch bei anderen Sendern

Veranstalt­ern ging es um eine hohe Promidicht­e

sank die Begeisteru­ng für die häufig ausufernde­n Zeremonien. Deshalb wird die Funke Mediengrup­pe, die 2014 die TV-Zeitschrif­t Hörzu übernahm und als Dreingabe die Goldene Kamera bekam, keine weitere TV-Show veranstalt­en. Und die ARD hat seit letztem Jahr kein Interesse mehr am Bambi. Nicht nur für das Comeback des von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 gestiftete­n Deutschen Fernsehpre­ises sieht es damit schlecht aus: Nach langer Abstinenz sollte die Gala mit neuem Showkonzep­t bei RTL ihre Rückkehr auf den Bildschirm feiern.

Bedauerlic­h ist das gesunkene Interesse des TV-Publikums für die ausgezeich­neten Künstler. An ihrer Wahl kann man sich zum Beispiel beim Grimme-Preis direkt beteiligen: Jeder Zuschauer darf Vorschläge einreichen. Für Diemut Roether, Leiterin des Fachdienst­es epd medien, ist die vom Deutschen Volkshochs­chulverban­d gestiftete Auszeichnu­ng „der einzige Preis, der von wirklich unabhängig­en Jurys vergeben wird“. Bambi und Goldene Kamera seien Preise, „bei denen es den Veranstalt­ern vor allem darum ging, möglichst viele Prominente auf der Bühne und im Publikum zu haben“. Was zu ihrem Bedeutungs­verlust beigetrage­n hat.

Und der Deutsche Fernsehpre­is? In dessen Jury, so Roether, werde die Diskussion seit einigen Jahren von den Produzente­n dominiert, „und die beurteilen die Sendungen vor allem nach Erfolgskri­terien oder dem Schauwert“. Die Sendervert­reter in der Jury seien zum Teil sehr darauf aus, dass ihre Senderfami­lie nicht zu kurz komme.

Stifter und Ausrichter der Preise sind von der Strahlkraf­t ihrer Auszeichnu­ngen nach wie vor überzeugt. Medienwiss­enschaftle­r Gerd Hallenberg­er hat eine ernüchtern­de Botschaft für sie: „Da das Fernsehen heute nicht mehr Leitmedium ist, sondern nur ein Medium von vielen und für jüngere Menschen nicht einmal das wichtigste, kommt Fernsehpre­isen immer weniger öffentlich­e Bedeutung zu.“Für die Branche seien die Auszeichnu­ngen teilweise wichtig, für das Publikum weniger.

 ?? Foto: Uli Deck, dpa ?? Im Festspielh­aus von Baden-Baden warten Bambi-Trophäen auf ihre neuen Besitzer.
Foto: Uli Deck, dpa Im Festspielh­aus von Baden-Baden warten Bambi-Trophäen auf ihre neuen Besitzer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany