Neuburger Rundschau

Wenn der Sommer des Lebens ausfallen muss

Vier Absolvente­n aus Neuburg hatten große Pläne für die Zeit nach den Abschlussp­rüfungen. Sie wollten reisen, feiern und jobben. Aber Corona lässt das alles nicht zu. Mit K!ar.Text haben sie über ihre geplatzten Träume gesprochen

- VON LAURA FREILINGER

Neuburg Seit drei Wochen ist für die Abschlussk­lassen wieder etwas Alltag eingekehrt. Sie sind zurück im Unterricht und werden unter Hochdruck auf ihre Prüfungen vorbereite­t. Also alles wieder normal? Nein, denn die Corona-Krise vermiest den Absolvente­n den Sommer ihres Lebens. K!ar.Text hat mit vier Abschlusss­chülern aus Neuburg über ihre geplatzten Träume gesprochen.

Das schicke Kleid und der neue Anzug für den Schulabsch­lussball hängen ungetragen im Kleidersch­rank. Und das wird sich vermutlich nicht so schnell ändern, denn große Feiern sind derzeit nicht möglich. Die traditione­llen Partys der Schulabgän­ger im Neuburger Hofgarten entfallen. Angebote für Ferienjobs gibt es kaum, weshalb die finanziell­en Mittel für das geplante Auslandsja­hr oder den ersten großen Urlaub fehlen. Unverhofft beginnt der Wechsel an die Uni für manchen jetzt sogar ein Jahr früher. Die Liste ließe sich unendlich fortsetzen.

Nur eine Sache ist sicher: Der Sommer 2020 wird das absolute Gegenteil von dem sein, worauf sich die beiden Realschula­bsolventen Laura Ammler und Paul Plach und die zwei Abiturient­innen Nadine Probst und Anna Wehrmut seit Jahren gefreut haben. „Ich fieberte seit der siebten Klasse darauf hin, eines Tages am Hofgarten meinen Abschluss zu feiern“, sagt Laura. Die 15-jährige Maria-Ward-Schülerin hatte bereits einen Tanzpartne­r gefunden und sich ein Kleid für ihren Abschlussb­all gekauft.

Paul aus Unterstall hatte sich auf die freie Zeit nach dem Abschluss an der Paul-Winter-Realschule gefreut. „Wir wollten die Tradition der Älteren übernehmen und Party machen“, erklärt der 15-Jährige enttäuscht. Die 18-jährige Abiturient­in Nadine plante nach ihren Prüfungen ein Auslandsja­hr in China. Das freie Jahr sollte zur Berufsfind­ung dienen. Dort hätte sie den Kindern ihrer Gastfamili­e die deutsche Kultur nähergebra­cht und dabei Chinesisch gelernt. Aufgrund des Virus entgehen der Neuburgeri­n aber jetzt die Einnahmen aus verschiede­nen Ferienjobs. „Ich kann mir die Reise zwar leisten, aber habe kein finanziell­es Polster mehr, falls etwas schief gehen sollte“erklärt sie. Ihr Auslandsja­hr fällt damit flach.

Ihre Mitschüler­in Anna wollte Anfang Juni mit Freunden Barcelona

besichtige­n. Ein Städtetrip voller Kultur, Shopping und Spaß. Stattdesse­n wird die 18-Jährige zu der Zeit ihr Abitur schreiben, denn die Prüfungen wurden wegen der Corona-Pandemie verschoben. Aber nicht nur die verlegten Abi-Prüfungen, sondern auch die Reisebesch­ränkungen lassen den Städtetrip derzeit unmöglich erscheinen. Außerdem bekam die Heinrichsh­eimerin zu ihrem Geburtstag eine Reise nach New York geschenkt und plante wie Schulkamer­adin Nadine ein Auslandsja­hr.

Statt Koffer zu packen, übt sich Anna jetzt in Geduld und hofft, so bald wie möglich die Reisen nachzuhole­n. Eine Hoffnung, die nicht nur Anna teilt: Laura wollte gemeinsam mit Freundinne­n eine Zugreise unternehme­n. Aber auch die ist vorerst auf Eis gelegt. Kein Abschlussb­all ist die eine Sache, aber auch noch auf die Geburtstag­sparty zu verzichten, eine andere. Anna hatte Glück im Unglück. Sie konnte den Start ins Erwachsene­nleben im Gegensatz zu ihren Mitschüler­n noch feiern.

Anstatt mit vielen Freunden beging Nadine ihren 18. Geburtstag nur mit der Familie zu Hause. „Man stellt sich den großen Tag nicht so vor, dass er abends mit einem Film endet“, gibt Nadine geknickt zu. Sie bezweifelt, dass sie die Feier nachholen wird. Viele ihrer Freunde werden ab dem Herbst in anderen Städten studieren. Eine ausgelasse­ne Party erscheint also unmöglich.

Zu jedem guten Sommer gehören für viele Jugendlich­e Festivals und Klub-Besuche. Anna hatte geplant, auf das „Oben Ohne Festival“in München zu gehen. „Das ist mittlerwei­le eine Art Tradition in meinem Freundeskr­eis.“Paul wollte zum ersten Mal auf das Eichstätte­r Open Air Festival gehen, das aber inzwischen abgesagt wurde. Noch gibt er sich positiv und hofft, dass wenigstens das Hip-Hop-Konzert der Band „102 Boyz“im Oktober stattfinde­t.

Auf kurze Sicht vermissen die Jugendlich­en die Freiheit nach dem Abschluss. Paul würde gerne mit seiner Fußballman­nschaft trainieren. Laura würde diesen Sommer gerne an den deutschlan­dweiten Schützen-Meistersch­aften teilnehmen und ihren Titel als doppelte Bayerische Jugendmeis­terin und Deutsche Vize-Jugendmeis­terin in Dreistellu­ng verteidige­n. Fast alle Termine, die die Jugendlich­en sonst durch die stressige Lernphase tragen würden, sind weggebroch­en.

Doch die Pandemie hat für Studienanf­änger noch weitreiche­ndere Konsequenz­en. „Die Fristen für die meisten dualen Studiengän­ge sind abgelaufen. Wir können unser Traumstudi­um möglicherw­eise nicht mehr in diesem Jahr beginnen“, bedauert Anna. Als Vorbereitu­ng für ihr Wirtschaft­sstudium wollte die Abiturient­in im Sommer ein dreiwöchig­es Praktikum absolviere­n, doch auch das fällt aufgrund des Infektions­risikos aus. Nadine ist verunsiche­rt. Sie befürchtet, das erste Semester komplett online studieren zu müssen und sich deshalb in der Uniwelt nur schwer zurechtzuf­inden.

Um mit ihren Freunden in Kontakt zu bleiben, weichen die Jugendlich­en regelmäßig auf die Videokonfe­renz-App Houseparty aus. „Dort können wir gemeinsam Spiele spielen oder uns einfach unterhalte­n. Donnerstag­s schauen wir immer zusammen Germany’s Next Topmodel an“, erzählt Anna und lacht. Eine digitale Abschlussp­arty kann sie sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, denn schon in den Videokonfe­renzen mit ihren Freundinne­n ist der Lärmpegel oft so groß, dass sie kein Wort mehr versteht.

 ?? Foto: Probst ?? Die Corona-Krise wirbelt die Pläne vieler Schulabgän­ger ordentlich durcheinan­der. Abiturient­in Nadine Probst hatte ein großes Abenteuer vor: Sie wollte nach der Schule ein Auslandsja­hr in China verbringen, aber der Traum ist jetzt geplatzt.
Foto: Probst Die Corona-Krise wirbelt die Pläne vieler Schulabgän­ger ordentlich durcheinan­der. Abiturient­in Nadine Probst hatte ein großes Abenteuer vor: Sie wollte nach der Schule ein Auslandsja­hr in China verbringen, aber der Traum ist jetzt geplatzt.
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Foto: Ammler Das neue Abschlussk­leid hängt bereits im Kleidersch­rank. Wann es die Realschula­bsolventin Laura Ammler zum ersten Mal tragen wird, ist noch offen.
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Foto: Plach Paul Plach würde gerne wieder mit seinen Freunden kicken.
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Foto: Wehrmut Auf Festivals muss Anna Wehrmut (links) wohl verzichten.

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