Es knirscht im Gebälk – schon von Anfang an
Bei der konstituierenden Sitzung des Rainer Stadtrats bildeten sich erneut zwei Lager. Die alten Seilschaften existieren wohl weiterhin. Obwohl Bürgermeister Karl Rehm in seiner Antrittsrede versöhnliche und verbindende Worte fand
Rain Begleitet von einer lebhaften Debatte konstituierte sich am Dienstag der neue Stadtrat in Rain, vergab relevante Posten und beschloss Details zur Geschäftsordnung. Bürgermeister Karl Rehm wurde ebenso vereidigt wie Zweite Bürgermeisterin Claudia Marb (CSU), die bei einer ungültigen Stimme mit 17:3 gewählt wurde, und Dritter Bürgermeister Daniel König (SPD), dessen Stimmergebnis 12:9 ausfiel. Alle zehn neuen Stadträte legten ebenso den Eid ab.
Josef Gawlik (WVRST) erhielt zudem die Funktion eines weiteren geschäftsordnungsmäßigen stellvertretenden Bürgermeisters per Handzeichen zugebilligt, die aber keiner Vereidigung bedarf. Die Wählervereinigung hatte zuvor appelliert, auf den Posten des Dritten Bürgermeisters zu verzichten und stattdessen zwei weitere gleichberechtigte Bürgermeister-Stellvertreter (Daniel König und Josef Gawlik) zu installieren.
Wie Stadtrat Johannes Schachaneder ausführte, hätte er in einer solchen Lösung den Wählerwillen verwirklicht gesehen, da die WVRST mit vier Sitzen nach der CSU zweitstärkste Fraktion im Stadtrat ist. „Es geht jetzt schon um Team-Bildung“, so Schachaneder. „Das wäre die erste Möglichkeit, um den Wahlkampfreden Taten folgen zu lassen.“Doch dieser Appell verhallte ebenso wie etliche weitere, die aus den Reihen von WVRST, PWG und FW kamen.
Diese drei Gruppierungen haben zusammen – das Votum von Bürgermeister Rehm (PWG) eingeschlossen – zehn Stimmen, wohingegen CSU, SPD und JBU in der Summe über elf Stimmen verfügen. Und dieses Zahlenverhältnis gab letztlich nahezu immer den Ausschlag, wobei sowohl Bürgermeister Rehm, als auch etwa Stadtrat Stefan Degmayr ihr Stimmverhalten von Sachinhalten abhängig machten und unterschiedlich votierten. CSU, SPD und JBU allerdings präsentierten sich bei offenen Abstimmungen stets als Einheit und waren daher rein rechnerisch gar nicht zu überstimmen.
Auf verlorenem Posten standen WVRST, PWG und FW auch in anderen Fragen: Für das Referat Feuerwehrwesen und Brandschutz gab es mit Simon Briglmeir (JBU) und Johannes Schachaneder (WVRST) zwei erfahrene Feuerwehrleute als Bewerber. Das Referat Katastrophenschutz hingegen war schon unbesetzt und hatte auch diesmal keinen Interessenten.
Während WVRST, PWG und FW eine Zusammenlegung beider Referate mit doppelter Besetzung mit mehreren Wortmeldungen einhellig befürworteten, waren CSU, SPD und JBU strikt dagegen. Und das, obwohl bereits die Doppelbesetzung des Jugendreferats seit Jahren fraktionsübergreifend funktioniert. Letztlich wurde nach einer mühsamen Diskussion Simon Briglmeier mit 13:8 Stimmen zum Feuerwehr-Referenten bestimmt. Das Katastrophenschutz-Referat bleibt nach Beschluss (11:10) weiter ein eigenständiges und mangels Interesse unbesetztes Referat.
Auch beim Referat für Umwelt, Naturschutz und Nachhaltigkeit gab es zwei Bewerber. Auch hier ein Déjà-vu: Christian Martin (SPD) erhielt mit 11:10 Stimmen die knappe Mehrheit, während Stefan Degmayr (FW) leer ausging. Langwierig war die Debatte auch bei der Frage, wie Mitglieder der wichtigste Ausschuss, der Haupt- und Finanzausschuss, haben soll. Die Wählervereinigung – darauf wies Claudia Marb hin – hatte früher auf Verschlankung von acht auf sieben Mitglieder plädiert. Doch stellte die WVRST jetzt den Antrag, es bei acht zu belassen, um eine Patt-Situation auszuschließen. Denn die Stimme des Bürgermeisters, der automatisch Ausschuss-Vorsitzender ist, kommt ja noch hinzu. Joachim Düsing (PWG): „Der Haupt- und Finanzausschuss muss in seiner Wichtigkeit unbedingt entscheidungsfähig sein. Da darf kein Patt entstehen.“
Das 11:10 Abstimmungsergebnis ergab letztlich die Kürzung um einen Sitz. Das entspricht auch der Anzahl in den anderen Ausschüssen des Gremiums. Der verlorene Sitz geht zulasten der WVRST. Einmal mehr machte die Front aus CSU, SPD und JBU ihr Mehrheitsverhältnis deutlich.
Gleiches Spiel auch bei der Frage, ob Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen für Stadträte erhöht werden sollen. Letztlich lief es tatsächlich auf moderate Anhebungen hinaus: bei den Sitzungsgeldern für Stadtratssitzungen von 35 auf 40 Euro, für Fraktionssitzungen von 25 auf 30 Euro, bei der Monatspauschale für Fraktionssprecher von 90 auf 100 Euro und bei der Pauschale Selbstständiger für entgangenen Stundenlohn von 10 auf 15 Euro. Dennoch zogen auch hier WVRST, PWG und FW den Kürzeren. Sie waren der Meinung, es sei das falsche Zeichen in Corona-Zeiten. Florian Riehl wollte die Höhe der Sitzungsgelder gar nach unten korrigieren. Mit 16:5 Stimmen wurde die Anhebung letztlich beschlossen.
„Wir sind als Stadträte in einem Ehrenamt tätig“, betonte Schachaneder und wandte ein: „So, wie das hier läuft, kann man das gar nicht mit Geld aufwerten.“Enttäuschung sprach aus seinen Worten. Enttäuschung darüber, „dass unsere ausgeviele streckte Hand mit egoistischer Brutalität ausgeschlagen wurde, sodass wir Angst haben bei der Frage, wie das in den nächsten sechs Jahren laufen wird.“An die Kollegen von CSU, SPD und JUB gewandt sagte er: „Sie haben mit großer Treffsicherheit in die alten Spuren gefunden.“Der Großteil der rund 100 Zuhörer applaudierte an dieser Stelle zustimmend.
Zweite Bürgermeisterin Claudia Marb beschwichtigte, man müsse bei politischer Arbeit Mehrheiten generieren. Sie signalisierte alles in allem das gemeinsame Bestreben, „es miteinander zu schaffen“. Und Dritter Bürgermeister Daniel König erklärte: „Entscheidend ist es, wenn man nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommt, die Diskussion nicht abreißen zu lassen, sodass man sich hinterher noch ins Gesicht schauen kann.“
Bürgermeister Karl Rehm sah in der konstituierenden Sitzung, in der es ja vor allem um die Besetzung von
Posten geht, „ein besonderes Spannungsfeld“. Er zeigte sich überzeugt, „dass wir bei Sachthemen gut miteinander arbeiten können“. Er knüpfte in seinem versöhnlichen Schlusswort nochmals an die Gedanken seiner zuvor gehaltenen Antrittsrede an. Darin ging es ihm um ein „neues Miteinander“und um eine „lebendige Demokratie“. Er appellierte an die Kollegen, Fantasie einzubringen, nicht mit Anregungen zu geizen und altgewohnte Abläufe zu hinterfragen. Wichtig sei stets das Gemeinwohl. Und auch wenn Wirklichkeit und Ideal mitunter auseinanderklaffen, glaubt Karl Rehm daran, „dass Visionen bleiben müssen, wenn wir Ziele erreichen und unsere Stadt weiterentwickeln wollen“.
Um die Herausforderungen zu meistern, wünschte sich der Bürgermeister besonders eines: „Dass wir alle mit Engagement, Mut und Weitsicht ein wertschätzendes Miteinander pflegen...“