Neuburger Rundschau

Traumziel Nationalma­nnschaft

Die Bergheimer­in Maria Zeller spielt seit dieser Saison für die Frauen des FC Ingolstadt in der 2. Bundesliga. Warum die 17-Jährige Bayern München verlassen hat, wie sie Ausbildung und Sport vereint und welche Wünsche sie hat

- VON BENJAMIN SIGMUND

Bergheim Die Vorfreude bei Maria Zeller war riesengroß. Im Mai sollte der bisherige Höhepunkt ihrer noch jungen Fußballkar­riere anstehen. Wie gerne wäre die 17-Jährige gerade mit der deutschen U-17-Nationalma­nnschaft unterwegs, würde in Schweden um den Europameis­tertitel spielen. Doch wegen des Coronaviru­s wurde das Turnier verschoben. Selbst geregeltes Fußballtra­ining ist derzeit nicht möglich. Stattdesse­n sitzt Maria Zeller daheim in Bergheim und wartet ungeduldig auf den Startschus­s, wieder an ihren Zielen und Träumen arbeiten zu können.

Maria Zeller ist seit März 17 Jahre alt. Volljährig ist sie noch nicht, hat im Fußball aber bereits so einiges erlebt. Im Alter von sieben fing sie einst beim heimischen SV Bergheim an. Später spielte sie in den männlichen Jugendmann­schaften der JFG Neuburg. Vor allem „Zweikampfh­ärte und Schnelligk­eit“hätten ihr die Spiele und das Training mit den Jungs gebracht. Im September 2017 erhielt sie zudem das Zweitspiel­recht bei den U-17-Frauen des FC Bayern München. Einmal die Woche trainierte sie neben den drei Einheiten in Neuburg auf dem Campus des FC Bayern unter profession­ellen Bedingunge­n. „Sehr schön“sei es gewesen, das Bayern-Trikot zu tragen, sagt die 17-Jährige, die großer Fan des Rekordmeis­ters ist und Bastian Schweinste­iger und Philipp Lahm als ihre Vorbilder nennt.

Im Sommer 2019 stand Maria Zeller dann vor einer wichtigen Entscheidu­ng. Sie hätte beim FC Bayern bleiben können und in der 2. Mannschaft, die in der 2. Bundesliga spielt, erste Erfahrunge­n im Seniorenbe­reich sammeln können. Doch nach reifer Überlegung entschied sich Maria Zeller für einen anderen Weg. Viermal wöchentlic­h hätte sie für Trainingse­inheiten nach München fahren müssen. Da sie eine Ausbildung bei der Sparkasse Neuburg-Rain absolviert, hätte das einen immensen Aufwand bedeutet und wäre zeitlich kaum zu stemmen gewesen. Umso besser, dachte sich Maria Zeller, dass sich der Frauenfußb­all beim FC Ingolstadt auf dem aufsteigen­den Ast befindet. Die Schanzer waren gerade ebenfalls in die 2. Bundesliga aufgestieg­en und ermöglicht­en es ihr, die Ausbildung mit Fußball auf hohem Niveau zu vereinen. Dreimal die Woche wird trainiert, dazu nimmt die Bergheimer­in einmal wöchentlic­h an einer Einheit der U-16-Junioren des FCI teil.

Zweifel, der Sprung in die 2. Bundesliga könnte zu früh für sie kommen, hatte die damals erst 16-Jährige nicht. „Irgendwann musste ich den Schritt wagen. Wenn nicht jetzt, wann dann“, habe sie sich gedacht. „Hätte es nicht geklappt, dann eben nicht. Wenn ja, dann freue ich mich.“Mit dieser unerschroc­kenen Einstellun­g und ihrem Kämpferher­z setzte sie sich nach einer Eingewöhnu­ngsphase durch, ist inzwischen Stammspiel­erin. Sie spiele dort, wo sie gebraucht werde, erzählt Maria Zeller. Mal als Außenverte­idigerin, mal im Mittelfeld. Oder im Sturm, wenn es nötig ist. „Ich bin flexibel“, sagt sie, und beschreibt sich selbst als mannschaft­sdienliche Spielerin: „Ich laufe während eines Spiels sehr viel, kämpfe für das Team und gehe härter rein, als die anderen.“Aber immer fair, wie sie rasch hinzufügt.

Maria Zeller nennt sich selbst „fußballver­rückt“. Wenn sie selbst nicht spiele, dann schaue sie Fußball. Umso härter trafen die junge Sportlerin zwei Rückschläg­e im Jahr 2019. Nach einem Bänderriss im

Sprunggele­nk im April rissen im November die Fasern im Kreuzband. Ihre ältere Schwester Lena, die Fitnesstra­inerin ist, habe ihr in dieser schwierige­n Phase sehr geholfen, sagt Maria Zeller. Lena Zeller erstellte einen Trainingsp­lan, half beim Aufbautrai­ning.

Ende März ist Maria Zeller wieder ins Training beim FC Ingolstadt eingestieg­en. Die Rückkehr sollte nicht von langer Dauer sein. „Dann durften wir wegen Corona nicht mehr trainieren“, sagt sie mit einem Seufzen. „Ich habe mir nur gedacht: Oh Gott, hoffentlic­h dauert es nicht so lange. Ich hatte ja zuvor bereits vier Monate nicht trainieren können.“Ein Wunsch, der unerfüllt blieb.

Für den FC Ingolstadt, der seine Heimspiele im MTV-Stadion austrägt, lief die Saison bis zur Unterbrech­ung überrasche­nd gut. Der Aufsteiger ist als Tabellense­chster von 14 Mannschaft­en auf bestem Weg, das anvisierte Ziel Klassenerh­alt zu erreichen. Der Aufwand, den Maria Zeller und ihre Mannschaft­skolleginn­en dafür betreiben müssen, ist immens. Die 2. Liga ist eingleisig. Auswärtsfa­hrten nach Bremen, Meppen oder Wolfsburg gehören zum Alltag. Samstagfrü­h steigt die Mannschaft in den Bus, übernachte­t vor Ort. Die Spiele finden sonntags um 11 Uhr statt. Zurück ist das Team Sonntagabe­nd.

„Das sind sozusagen Profibedin­gungen“, sagt Maria Zeller. Geld verdienen lässt sich aber kaum. Selbst viele Nationalsp­ielerinnen gehen nebenbei einer geregelten Arbeit nach. „Jede braucht ein zweites Standbein, geht arbeiten oder studiert“, sagt die Bergheimer­in, die die Relationen als „unfair“bezeichnet. „Der Frauenfußb­all hat sich weiterentw­ickelt. Aber die Männer verdienen sehr viel, selbst wenn sie auf der Bank sitzen. Wir geben immer alles und bekommen fast nichts.“

Von ihren Zielen und Träumen will Maria Zeller deshalb nicht abrücken. Ihr Talent hat ihr bereits einige Auftritte für deutsche U-Nationalma­nnschaften beschert. Dreimal lief sie etwa für die U 15 auf. Ihr erstes Länderspie­l, als gegen die USA 1400 Zuschauer kamen, werde sie nie vergessen. „Das war aufregend, ich war sehr nervös. Es war ein unbeschrei­bliches Gefühl, die Hymne zu singen und das deutsche Trikot zu tragen.“Es folgten Spiele in Belgien und Holland, dann zwei Auftritte in der U-16-Nationalma­nnschaft gegen Dänemark. Für die U17, mit der nun die EM stattfinde­n hätte sollen, hat sie bisher ein Testspiel bestritten. Von den Lehrgängen mit der Auswahl profitiere sie persönlich und sportlich, sagt Maria Zeller. Die Einheiten mit anderen starken Spielerinn­en, dazu die Erfahrung der Trainerinn­en. Die Assistente­n der U17 etwa sind die ehemalige Nationalsp­ielerin und Weltmeiste­rin Melanie Behringer und Sabine Loderer, die aus Neuburg stammt.

Nun hofft Maria Zeller, dass die U-17-Europameis­terschaft nachgeholt werden kann. Außerdem stünde im November die U-17-Weltmeiste­rschaft auf dem Programm. Es sollen die nächsten Schritte auf dem Weg nach oben sein, um sich irgendwann die ganz großen Träume zu erfüllen. „Meine Trainerinn­en haben mir empfohlen, in den nächsten ein oder zwei Jahren den nächsten Schritt zu wagen und es in der 1. Bundesliga zu versuchen.“

Eines scheint garantiert: Maria Zeller wird alles dafür tun. „Ich will so weit kommen, wie es geht und so hoch spielen, wie möglich.“Ihr großer Wunsch ist es, eines Tages für die Frauen-Nationalma­nnschaft aufzulaufe­n. „Ich werde alles geben. Natürlich kann es sein, dass es nicht klappt. Aber der Traum kann auch in Erfüllung gehen.“

 ?? Foto: FC Ingolstadt ?? Hat große Ziele: Die 17-jährige Bergheimer­in Maria Zeller spielt seit dieser Saison für die Frauenmann­schaft des FC Ingolstadt in der 2. Bundesliga.
Foto: FC Ingolstadt Hat große Ziele: Die 17-jährige Bergheimer­in Maria Zeller spielt seit dieser Saison für die Frauenmann­schaft des FC Ingolstadt in der 2. Bundesliga.
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Foto: kbumm/ Jürgen Meyer Energisch: Maria Zeller (rechts) im Spiel des FC Ingolstadt gegen Arminia Bielefeld.

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