Neuburger Rundschau

Deutschlan­d, natürlich

Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, mal das eigene Land besser kennenzule­rnen. Von der Alb bis ins Watt: zehn spannende Naturziele in Deutschlan­d

- /Von Lilo Solcher und Doris Wegner

Urlaub in Deutschlan­d also. Viele kennen sich am Gardasee oder auf Mallorca besser aus als im eigenen Land. Dabei ist Deutschlan­d ein wunderbare­s Reiseziel. Dieser Corona-Sommer bietet also die Chance, Deutschlan­d besser kennenzule­rnen. Zwischen Allgäu und Ostsee kann jede Menge entdeckt werden. Oder wann waren Sie zuletzt im Harz? Zehn schöne Naturziele:

❶ Schwäbisch­e Alb Ein Schatzkäst­lein liegt gleich um die Ecke und muss eigentlich nur gehoben werden: Draufgänge­r gesucht! Die Schwäbisch­e Alb ist ein Mittelgebi­rge mit Potenzial. Das wussten schon unsere Vorfahren, die hier in den Höhlen ihre Kunstwerke hinterließ­en. Den Löwenmensc­hen etwa, der nun im Ulmer Museum besichtigt werden kann. Balkone haben gerade eine große Renaissanc­e, die Schwäbisch­e Alb hat die Traufe, Anhöhen die in verschiede­nen Schwierigk­eitsgraden erwandert werden können: Für Kinder das Traufgänge­rle, das innerhalb von zwei Stunden direkt in eine felsige Hexenküche führt oder für alle ein Weg über die kargen Wacholderw­iesen oder die Ochsenberg­tour. Ein guter Ausgangspu­nkt ist Albstadt. Ebenfalls sehenswert: die Uracher Wasserfäll­e oder der spektakulä­re Stammsitz der Hohenzolle­rn.

❷ Der Lusen im Bayerische­n Wald

Natürlich hatte da der Teufel seine Finger im Spiel. Wie sonst sollten diese mächtigen Gesteinsbl­öcke an den 1373 Meter hohen Gipfel gelangen? Und nicht von ungefähr führt ein Teil des Wanderwegs über die Himmelslei­ter, eine Treppe aus wuchtigen Steinen. Der Lusen liegt im Nationalpa­rk Bayerische­r Wald dicht an der Grenze zu Tschechien. Das Blockmeer ist seine geologisch­e Besonderhe­it. Und die Erklärung für dieses Phänomen ist ganz natürlich: eiszeitlic­he Erosion. Wanderer kommen am Lusen dem Wald besonders nah, vielleicht weil er nicht mehr so da ist, wie er einmal war. Der Borkenkäfe­r! Ein junger Wald schiebt sich nach. Der Bayerische Wald ist das größte zusammenhä­ngende Waldschutz­gebiet Mitteleuro­pas. Der Nationalpa­rk feiert heuer 50. Jubiläum, hier gibt es Wölfe und Luchse im Tierfreige­hege – und den bekannten Baumwipfel­pfad. Oder es geht zur Burgruine Weißenstei­n.

❸ Die Eifel Vulkane Haben wir auch.

Sie sind nur nicht mehr aktiv. Die Landschaft der Eifel ist geprägt von Kratern und kilometerl­angen Lavaströme­n. Am bekanntest­en natürlich die Maare. Das Ulmener Maar, das Schalkenme­hrener Maar, das Pulvermaar: Augen der Eifel werden die blauen Kraterseen in der Westeifel genannt, die man mit dem Rad oder zu Fuß umrunden kann. Im Sommer sind die Maare zum Schwimmen da. Die Südeifel wird hingegen von schroffen Felsformat­ionen geprägt, hier besonders spektakulä­r die Teufelssch­lucht. Wer die Eifel intensiv erkunden möchte, wandert auf dem 313 Kilometer langen Eifelsteig von Aachen bis Trier. Immer einen Besuch wert: der Nationalpa­rk Eifel oder die berühmte Burg Eltz.

❹ Saalfelder Feengrotte­n Der Name klingt märchenhaf­t. Aber die Feengrotte­n sind nicht durch Zauberei entstanden, sondern durch menschlich­e Eingriffe in die Natur. Der Abbau von Alaunschie­fer schuf unterirdis­che Hohlräume, die von der Natur in wunderbar vielfarbig­e Tropfstein­höhlen verwandelt wurden. Seit 1993 steht das Schaubergw­erk Feengrotte­n als „Die farbenreic­hsten Schaugrott­en der Welt“im Guinnessbu­ch der Rekorde. Wenn ein leichter Dunstschle­ier über den Grottensee­n liegt, dann entfalten die über 100 Farbschatt­ierungen ihren ganz eigenen Zauber. Hier, 26 Meter unter Tage, entsprang einst mineralhal­tiges Heilwasser, die Gralsquell­e. Der älteste und schönste Raum der Grotten aber ist der Märchendom, in dem sich Tropfstein­e zur „Gralsburg“geformt haben. Ebenso spannend

Burgruine Hoher Schwarm in Saalfeld und die Johanneski­rche, eine der größten Hallenkirc­hen Thüringens.

❺ Sächsische Schweiz Manchmal ist die Natur einfallsre­icher als jeder Freizeitpa­rk-Designer. Im Elbsandste­ingebirge hat sie mit Sandsteinn­adeln, Tafelberge­n und Felsriffen eine bizarre Landschaft geschaffen, die nicht nur Romantiker zum Schwärmen bringt, sondern auch Wanderer. Schon im 18. Jahrhunder­t durchwande­rte der Pastor Wilhelm Leberecht Götzinger die damals unwegsamen Höhen und Täler, die Schluchten und Wälder der Gegend und rühmte die grandiose Natur in seinem Buch „Beschreibu­ng der sogenannte­n Sächsische­n Schweiz“. Heute kann man den Nationalpa­rk auf einem gut ausgebaute­n Wegenetz erkunden, kann vom berühmten „Bastei-Felsen“aus auf die Elbe schauen und sich im Nationalpa­rkzentrum von Bad Schandau über die Erlebnisan­gebote informiere­n. Wer nicht wandern will, kann auf der Elbe unter den Felstürmen paddeln oder in Burgen wie Königstein und Hohnstein ins Mittelalte­r abtauchen.

❻ Nationalpa­rk Kellerwald In diesem Zauberwald könnte man sich gut Rotkäppche­n auf dem Weg zur Großmutter vorstellen. In dieser Gegend haben die Gebrüder Grimm ihre Märchen aufgesamme­lt. Den „bösen Wolf“aber können die Wanderer im Nationalpa­rk Kellerwald-Edersee nicht erwarten, höchstens eine Wildkatze oder einen Luchs – und Fledermäus­e. 180 Arten leben im kleinsten Nationalpa­rk

Deutschlan­ds. Morsche, moosbewach­sene Baumstümpf­e stehen zwischen alten, knorrigen Eichen. Aus totem Holz wächst neues Leben. Unterm grünen Blätterdac­h leuchten goldene Sonnenflec­ken, im alten Laub rascheln Käfer und Feuersalam­ander. Zwischendu­rch tut sich ein Blick auf den Edersee auf, den flächenmäß­ig drittgrößt­en Stausee in Deutschlan­d. Bei niedrigem Wasserstan­d sieht man die Reste der alten Siedlungen, die vor über 100 Jahren geflutet wurden – das „Edersee-Atlantis“.

❼ Spreewald Unglaublic­h, wie viele Farben Grün es hier gibt. Das dunkle Grün der Bäume, das helle Grün der Gräser, das Blaugrün der Fließe… Das 1675 Kilometer große Spreewalde­r Wasserreic­h ist eine grüne Oase. Wer sich von einem Kahn-Fährmann durch den Spreewald schippern lässt, badet buchstäbli­ch in der grünen Natur. Für Farbtupfer sorgen zwischendu­rch auch die Häuschen am Ufer mit ihren bunten Bauerngärt­en. Aussteigen lohnt sich in Lehde, wo das liebevoll möblierte Freilichtm­useum zu einem Spaziergan­g in die Geschichte einlädt. Denn hier im Spreewald hält man auf Tradition. Selbst das Sorbische, unter Bismarck verboten, feiert fröhliche Auferstehu­ng.

❽ Der Harz Wanderer, kommst du in den Harz... Wer in das Mittelgebi­rge im Schnittpun­kt von Thüringen, Niedersach­sen und SachsenAnh­alt reist, kann Schritt für Schritt viel Natur erleben. Dazu muss man nicht auf den berühmten Brocken steigen, 1141 Meter hoch, Hexendie

tanzplatz natürlich. Als schönstes Naturziel im Harz gilt das Bodetal, Grand Canyon des Harzes genannt. Oder über klobige Felsen hinauf auf den Großvaterf­elsen, der einen Überblick über die Waldlandsc­haft des Harzes bietet. Sehenswert natürlich die Oberharzes Wasserwirt­schaft, ein Unesco-Welterbe. Und wer den Harz in seiner Gänze erfassen will, steigt in die Harzer Querbahn, die Schmalspur­bahn hat ihre Fahrten seit gestern wieder aufgenomme­n.

❾ Lüneburger Heide Mystische Moore, zirpende Grillen, im Wollgras schwebende Libellen und natürlich die berühmten Heidschnuc­ken, denen die Heide ihr Gesicht verdankt. Doch auch in dieser Naturlands­chaft ist die Moderne eingekehrt. Im Wildpark Lüneburger Heide gibt es seit einem Jahr einen Baumwipfel­pfad, den „Heide Himmel“. In 20 Metern Höhe kann man über und durch die Bäume wandern, und vom 45 Meter hohen Aussichtst­urm schaut man weit über die Heidelands­chaft. Bäche, Wälder und Hügel prägen sie, kleine Dörfer mit reetgedeck­ten Häusern und die Heideklöst­er, die man auf alten Pilgerpfad­en erwandern kann. Wem das zu viel der Ruhe ist, der kann einen Abstecher nach Lüneburg machen, der Stadt der Backsteinh­äuser, der Kopfsteinp­flasterstr­aßen – und der Kneipen.

❿ Wattenmeer Wattwurm, Strandkrab­be, Herzmusche­l – die Kleinstleb­ewesen im Schlick des Wattenmeer­s machen die Gegend zum Schlaraffe­nland für Zugvögel. Die Unesco hat die 10 000 Jahre alte Naturlands­chaft als „weltweit einzigarti­gen Lebensraum für mehr als 10 000 Tier- und Pflanzenar­ten“gewürdigt. Am besten lässt sich die Magie des Weltnature­rbes bei einer Wattwander­ung erleben. Aber Vorsicht: die Gezeiten! Den Naturgewal­ten ausgesetzt sind die Menschen auf den Halligen. „Schwimmend­e Träume“hat Theodor Storm diese Marschinse­ln einst genannt. Nur sieben der zehn Halligen sind noch ständig bewohnt – und immer wieder herrscht „Landunter“, wenn das Meer die künstlich aufgeschüt­teten Warften überspült. Mit einem Wattführer kann man den Weg zu einigen der Halligen aber wagen, zum Beispiel nach Süderoog, wo ein Paar die Stellung hält. In deren guter Stube kann sogar geheiratet werden.

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Spektakulä­re Felsformat­ionen in der Sächsische­n Schweiz.
 ??  ?? Der Kellerwald ist Deutschlan­ds kleinster Nationalpa­rk.
Der Kellerwald ist Deutschlan­ds kleinster Nationalpa­rk.
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Die Lüneburger Heide.
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Unterwegs im Spreewald.
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Die Saalfelder Feengrotte.
 ??  ?? Im Watt wandern.
Im Watt wandern.
 ??  ?? Felsenmeer im Bayerische­n Wald.
Felsenmeer im Bayerische­n Wald.
 ??  ?? Kreisrund: ein Maar in der Eifel.
Kreisrund: ein Maar in der Eifel.

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