Neuburger Rundschau

Neuburg hinkt digital noch hinterher

Gerhard Schoder ist Referent für „Innovation und Digitales“. Dieses Referat wurde ganz neu geschaffen. Warum das dringend nötig war und worum es dabei geht

- VON DOROTHEE PFAFFEL

Neuburg Referat für Innovation und Digitales. Das klingt nicht schlecht, irgendwie cool. Und es ist das erste seiner Art in Neuburg. Als zuständige­n Referenten hat sich der Neuburger Stadtrat einstimmig für den 39-jährigen IT-Experten Gerhard Schoder entschiede­n. Schoder war bei den Kommunalwa­hlen ursprüngli­ch als OB-Kandidat für die Grünen angetreten und hatte in der Stichwahl gegen den amtierende­n Oberbürger­meister von der CSU, Bernhard Gmehling, ein achtbares Ergebnis von 41 Prozent erzielt. Anschließe­nd gönnten ihm die Christsozi­alen und die Freien Wähler jedoch nicht einmal das Amt des dritten Bürgermeis­ters und wählten in diese Position lieber Peter Segeth (CSU). Obwohl Gerhard Schoder gerne Neuburgs Oberbürger­meister oder wenigstens einer der Stellvertr­eter geworden wäre, sieht er sein Referat nicht als Trostpflas­ter. Im Gegenteil: Der 39-Jährige misst dem Themenbere­ich eine große Bedeutung zu. Das Referat hätte seiner Ansicht nach schon vor sechs Jahren eingeführt werden müssen, nun sei Neuburg bei der Digitalisi­erung im

Vergleich zu anderen Städten „hinten dran“. Es ist fünf vor 12 – wenn nicht schon fünf nach...

Digitalisi­erung sei mittlerwei­le in allen Betrieben und im Alltag angekommen, sagt Schoder. Das wisse er, weil er sich in seinem Beruf täglich damit beschäftig­t. Dennoch werde das Potential von innovative­n, digitalen Mitteln im Stadtrat nicht ausreichen­d reflektier­t. Dabei gebe es in Neuburg durchaus ein paar „Inseln der digitalen Exzellenz“. So nennt der Fraktionsv­orsitzende der Grünen die Unternehme­n, die „digital weit vorne sind“, sich in Neuburg aber teilweise „recht einsam“fühlten. Als Beispiel hierfür nennt er die Firma Sonax. Zwischen diesen Inseln liegt ein weites, weniger digitales Meer, um in Schoders Bild zu bleiben, ohne Brücken, die darüber führen. Die will der 39-Jährige nun bauen. Er will Verbindung­en schaffen zwischen den Inseln, einen digitalen Informatio­nsfluss, und den Breitbanda­usbau weiter vorantreib­en. Damit nicht noch mehr Firmen wegziehen, nur weil zum Beispiel die Internetve­rbindung zu langsam ist. Und auch die Digitalisi­erung der Stadtverwa­ltung steht ganz oben auf Schoders Liste, etwa die Einführung elektronis­cher Akten, sogenannte­r E-Akten. Nur wenn die Digitalisi­erung nicht auf einzelne Inseln beschränkt bleibe und die Gebiete und Menschen dazwischen nicht abgehängt werden, werde Neuburg auch in Zukunft attraktiv für Bürger, für Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r sein, ist sich Schoder sicher.

Der Grünen-Politiker sieht das Referat für Innovation und Digitales als Querschnit­tsaufgabe an – über die gesamte Verwaltung und städtische­n Betriebe hinweg, nach innen, aber auch nach außen in die verschiede­nsten Bereiche hinein wie Wirtschaft, Bildung und Kultur. „Das macht es so spannend“, findet Schoder, aber auch „anstrengen­d und umfangreic­h“. Gerade ist er dabei, mit allen Beteiligte­n zu sprechen und auszuloten, was am dringendst­en ist und was noch warten kann. Davon abgesehen will der 39-Jährige dem Stadtrat mit seiner Digitalkom­petenz als Berater dienen, um zukünftige Investitio­nen in entspreche­nde Bereiche besser zu verstehen und zu vertreten. Außerdem sieht er sich als Anlaufstel­le für Bürger im Stadtrat, wenn es um neue Ideen geht hinsichtli­ch der digitalen Kommune oder dem Zugang zu städtische­n Service-Leistungen.

Wie schon im Wahlkampf so scheint Gerhard Schoder auch jetzt voller Elan an seine neue Aufgabe heranzugeh­en. Missgunst gegenüber seinen Stadtratsk­ollegen, die ihn in der konstituie­renden Sitzung nicht zum dritten Bürgermeis­ter gewählt haben, merkt man ihm zumindest im Gespräch nicht an. Während NR-Leserbrief­schreiber die Stadtratse­ntscheidun­g als „vertane Chance“und sogar als „unfair“bezeichnet­en, resümiert der 39-Jährige ruhig: „Das war eine Mehrheitse­ntscheidun­g. Die ist demokratis­ch zu akzeptiere­n.“Gleichwohl es ein schönes Signal gewesen wäre, hätte man den Stellvertr­eterposten mit einem Grünen-Politiker besetzt. Als Zeichen dafür, dass der Wählerwill­e zähle, und dafür, dass man den Umweltschu­tz ernst nehme. Nun hofft Schoder, dass es in Zukunft im Stadtrat nicht mehr um Machtpolit­ik geht, sondern darum, Neuburg voranzubri­ngen.

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Gerhard Schoder

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