Wie zuverlässig sind die Corona-Tests?
Warum die Ergebnisse nicht immer stimmen und weniger getestet wird als möglich
Augsburg Im Kampf gegen das Coronavirus gibt es viele offene Fragen. Doch immerhin in einem Punkt sind sich Wissenschaftler und Politiker einig: Zuverlässige und häufige Tests sind der Schlüssel, um ein halbwegs normales Leben während der Pandemie möglich zu machen. Pharmaunternehmen entwickeln deshalb unter Hochdruck neue Testmethoden, um die bisherige Diagnostik zu ergänzen. Das Problem: Sie liefern bislang noch zu ungenaue Ergebnisse.
Zu den wichtigsten Instrumenten gehören die Antikörpertests. Sie sollen zeigen, ob eine Person sich in der Vergangenheit schon einmal mit dem Coronavirus angesteckt hat. Damit könnte sie immun sein. Die Schweizer Firma Roche hat kürzlich einen solchen Test auf den Markt gebracht. Aber er liefert noch zu häufig falsch-positive Ergebnisse. Das bedeutet: Ein Mensch wird positiv auf Antikörper getestet, obwohl er das Virus noch gar nicht in sich getragen hat. Die Verlässlichkeit ist abhängig von der Zahl der Menschen, die infiziert waren. Bei der aktuellen Zahl an Menschen, die das Virus im Körper hatten, liefert der Test von Roche allerdings ebenso viele falsch-positive Befunde wie richtig-positive. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein positiver Befund korrekt ist, liegt also bei gerade einmal 50 Prozent. Immerhin: Ein negativer Befund ist zu 100 Prozent korrekt.
„Falsch-positive Befunde können fatale Konsequenzen nach sich ziehen. Die betreffenden Personen glauben, dass sie nicht mehr erkranken können“, sagt Christel Weiß. Sie ist Professorin für medizinische Statistik an der Universität Heidelberg. „Es ist dann zu befürchten, dass sie sich entsprechend verhalten, was Hygiene-Empfehlungen und Kontakteinschränkungen betrifft. Sie setzen sich also einer höheren Gefahr aus, sich zu infizieren“, warnt die Expertin.
Ein weiteres Problem der Diagnostik bleibt, dass die Testkapazitäten in Deutschland bei weitem nicht voll ausgeschöpft werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betonte zwar: „Wir haben mehr getestet als die meisten Länder der Welt. Und trotz sinkender Infektionszahlen werden immer noch sehr viele Tests gemacht.“Und tatsächlich steht Deutschland im internationalen Vergleich ganz gut da. Auf 1000 Einwohner kommen etwa 47 durchgeführte Tests. In einer ähnlichen Größenordnung bewegen sich Länder wie die USA und Spanien. Deutlich mehr getestet wird hingegen beispielsweise in Portugal (75) und in Italien (60). Und Deutschland hätte eben die Möglichkeit, viel mehr zu tun. Pro Woche wären laut Robert-Koch-Institut (RKI) über eine Million Tests möglich, durchgeführt wurden aktuell allerdings nur rund 345000. Das liegt daran, dass bislang nur Menschen getestet werden, die Symptome für Covid-19 zeigen oder Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person hatten. Das sind die Richtlinien, die das RKI für die Ärzte festgelegt hat.
Die Politik will diese Regeln jetzt aufweichen. Gesundheitsminister Spahn hat angekündigt, auch präventiv zu untersuchen. Ein Test soll auch unabhängig von Symptomen möglich sein und vor allem in Krankenhäusern und Pflegeheimen zum Einsatz kommen. Der Bundestag hat kürzlich ein Gesetz beschlossen, mit dem die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet werden sollen, für die Tests aufzukommen. Die weigerten sich nämlich in der Vergangenheit und forderten, die Bekämpfung der Pandemie müsse mit staatlichen Geldern finanziert werden.
Test soll zeigen, ob Menschen bereits immun sind