Neuburger Rundschau

„Ich kann auch als Stadtrat was anschieben“

Karlheinz Stephan wurde bei der Kommunalwa­hl nur noch von rund 20 Prozent der Schrobenha­usener gewählt. Ein Ergebnis, das erst mal verdauen braucht. Doch das ist dem 61-Jährigen überrasche­nd schnell gelungen

- Interview: Ute De Pascale

Herr Stephan, Sie arbeiten nun wieder – wie vor Ihrer Zeit als Schrobenha­usener Bürgermeis­ter – im Umweltmini­sterium in München, sind dort in der Abteilung „Technische­r Umweltschu­tz-Klimaschut­z“tätig. Wie läuft’s beim Wiedereins­tieg nach 14 Jahren?

Karlheinz Stephan: Ich hätte nicht gedacht, dass noch so viele alte Weggefährt­en da sind. Es war ein wunderbare­r, herzlicher Empfang, ein großes Hallo. Hier herrscht ein kollegiale­s Umgehen miteinande­r – das würde man sich an anderer Stelle auch manchmal wünschen.

In der Politik zum Beispiel? Stephan: Ja. Das ständige Hauen und Stechen – und nur die eigenen Ideen zählen ... Mit dem Miteinande­r hier in unserem Ministeriu­m ist das nicht vergleichb­ar.

Dennoch haben Sie sich nicht ganz aus der Politik verabschie­det. Trotz des 20-Prozent-Ergebnisse­s bei der Bürgermeis­terwahl haben Sie Ihr Stadtratsm­andat angetreten, sind nun auch Referent für Städtepart­nerschafts­angelegenh­eiten.

Stephan: Ich möchte hier gleich kritisch anmerken: Ich vermische die Themen Bürgermeis­ter- und Stadtratsw­ahl nicht. Ich habe ein deutliches Mandat für den Stadtrat erhalten, dem stelle ich mich. Das ist mein Demokratie­verständni­s. Genauso, wie ich akzeptiere, dass ich als Bürgermeis­ter deutlich abgewählt wurde.

Demzufolge hat das auch nichts mit Nicht-loslassen-Können zu tun? Stephan: Nach wie vor schlägt mein Herz für meine Heimatstad­t. Man kann auch als Stadtrat etwas anschieben – das ist mein Antrieb und nichts anderes, das mir permanent unterstell­t wird. In der konstituie­renden Kreistagss­itzung habe ich von einem Neuburger Kreis- und Stadtrat ein schönes Kompliment erhalten, der sagte: „Respekt, wie du das Wahlergebn­is annimmst und umsetzt.“Er habe das schon ganz anders bei Wahlnieder­lagen erlebt. Das sind wertvolle Rückmeldun­gen für mich.

Die Landratswa­hl im vorigen Jahr, nun das verloren gegangene Amt des Bürgermeis­ters, auch bei der Stadtratsw­ahl schnitt die Schrobenha­usener CSU nicht gerade famos ab – dennoch macht der Vorstand unveränder­t weiter. Vogel Strauß lässt grüßen? Stephan: Wir haben uns sehr wohl über das Wahlergebn­is ausgetausc­ht, mit dem niemand glücklich sein kann. Über die Junge Union haben wir ja zwei junge Leute (Nadja Gibis und Matthias Reisner, Anm. d. Red.) in den Stadtrat gebracht – das ist auf der Positivsei­te zu vermerken. Jetzt zu glauben, die Probleme, die ja offensicht­lich da sind, dadurch

zu können, dass man die komplette Spitze auswechsel­t, ist nicht realistisc­h. Wir sind noch dabei, das Wahlergebn­is aufzuarbei­ten, auch in Arbeitsgru­ppen. Und wir werden auch agieren und uns besser für die Zukunft aufstellen. Inhaltlich müssen wir uns erneuern; auch die Kommunikat­ion müssen wir verbessern.

Ist das womöglich der eigentlich­e Knackpunkt der Schrobenha­usener CSU – die mangelnde Kommunikat­ion nach außen?

Stephan: Das mag ein wesentlich­er Faktor sein. Dafür gibt es jetzt eine interne Arbeitsgru­ppe „Kommunikat­ion“, die sowohl aus den Sichtweise­n der erfahrenen Politiker als auch der Neueinstei­ger Ideen aufs Tablett bringt. Diese beiden Perspektiv­en wollen wir zusammenfü­hren und hoffen, dass wir in den nächsten sechs Jahren eine bessere Performanc­e abliefern.

Könnten Sie die Zeit zurückdreh­en: Würden auch Sie persönlich gewisse Dinge anders angehen?

Stephan: Es ist ein gewaltiger Unterschie­d, ob man zurückscha­ut und eine Schlauhafe­rl-Politik macht oder ob man in der jeweiligen Situation Entscheidu­ngen treffen muss und eben nicht weiß, wie diese in die Zukunft wirken. Ohne Wenn und

sind Fehler gemacht worden, auch von mir. Trotzdem habe ich mir nichts vorzuwerfe­n, weil niemand eine hundertpro­zentige Trefferquo­te hat.

Was wäre denn eine Entscheidu­ng, mit der Sie heute hadern?

Stephan: Ich kann diese Frage sehr klar für mich beantworte­n, lasse sie hier dennoch unbeantwor­tet.

Dann wenden wir uns stattdesse­n den positiven Aspekten zu: Worauf blicken Sie gerne zurück?

Stephan: Wir haben unsere Schullands­chaft top hergericht­et, im Bereich Kinderbetr­euung tolle Projekte gemacht. Auch der Innenstadt­umbau und die Rathaussan­ierung sind ja Generation­enprojekte, die ich gerne noch vollendet hätte. Zumindest ist mir gelungen, diesen Knoten, den man ja über Jahrzehnte herumgesch­leppt hat, zu durchtrenn­en – jetzt ist das Ende beider Projekte absehbar. Dann noch die Nahwärme in der Innenstadt, die Neubaugebi­ete mit den Stadtwerke­n... Ich habe jetzt bestimmt ein Dutzend Dinge vergessen.

Und welche Begebenhei­t hat Sie emotional am meisten bewegt?

Stephan: Immer noch schaue ich mit einem Schmunzeln auf das SOBKennzei­chen, diesen Husarenlös­en streich, der uns damals geglückt ist. Nachdem wir jahrelang gekämpft hatten, fand zufällig am Tag der Erstausgab­e auch der Bayerische Städtetag in Bayreuth statt. Ich hatte ja einen großen Verbund an Kollegen, die sich mit mir für das Kennzeiche­n eingesetzt hatten, und es gab natürlich ein großes Hallo, als ich mit meinem neuen SOB-Kennzeiche­n vorfuhr, das hat gutgetan. Auch der Tag, an dem wir die Städtepart­nerschaft mit Schwetzing­en offiziell besiegelt haben, war bewegend.

Nun geht man ja gerne mal mit einer Idee schwanger, bevor man sie öffentlich macht. Was hätten Sie gerne noch angepackt, vielleicht ohne dass jemand davon wusste?

Stephan: Den Hochwasser­schutz, verbunden mit der Landesgart­enschau. Aber vielleicht mache ich mit meiner Fraktion in Form eines Antrags noch einen entspreche­nden Vorstoß: Jedenfalls bin ich überzeugt, dass man das hervorrage­nd verbinden könnte.

Ihre Gattin war ja Vorzimmerd­ame des Bürgermeis­ters. Bleibt Sie an der Seite Ihres Nachfolger­s?

Stephan: Meine Frau arbeitet nach wie vor in der Stadtverwa­ltung, ist jetzt aber in eine andere Organisati­onseinheit gewechselt: in den BeAber reich für Tourismus, Öffentlich­keitsarbei­t und Kultur.

Weil es eine ungute Situation für die Gattin wie auch für Ihren Nachfolger gewesen wäre?

Stephan: Ja, vom politische­n Farbenspie­l hatte das natürlich keine Zukunft. Harry hätte bestimmt nichts gegen Beate als Vorzimmerd­ame gehabt. Aber da wollten wir uns auf nichts einlassen.

Geht es Ihrer Gattin gut mit dem Wechsel?

Stephan: Sogar sehr gut. Sie nimmt das richtig dynamisch an und erzählt mir natürlich abends ein bisschen von den neuen Ideen.

Kommt in Momenten wie diesen nicht doch ein wenig Wehmut auf, dass Sie nicht mehr an vorderster Front mitmischen?

Stephan: Natürlich war die Wahlnieder­lage heftig. Allerdings sehe ich jetzt auch meine tolle Herausford­erung im Ministeriu­m und bringe mich in Stadtrat, Kreistag und Aufsichtsr­at des Kreiskrank­enhauses ein. Ich freue mich, wenn es in Schrobenha­usen gute, frische Projekte gibt, die ich als Stadtrat mittrage. Dass ich das nicht mehr als Bürgermeis­ter hautnah miterlebe – das hatte ich knapp 14 Jahre, das gönne ich sehr gerne meinem Nachfolger.

Gibt es nun womöglich sogar Augenblick­e, in denen Gedanken wie „Gott sei Dank muss ich mich damit nicht mehr herumschla­gen“aufploppen? Stephan: Die gibt es. Das Bürgermeis­ter-Dasein ist ja nicht nur Zuckerschl­ecken. Man muss permanent schwierige Entscheidu­ngen treffen, hat es nicht selten mit unzufriede­nen Bürgern zu tun, auch Konflikten in der Verwaltung gilt es zu begegnen. Ich schaue ohne Groll zurück, mit großer Zufriedenh­eit und Dankbarkei­t. Jetzt beginnt ein neuer Lebensabsc­hnitt – bin schon mittendrin.

Wobei: Dass Sie nun rasend mehr Freizeit hätten, danach hört sich das alles eigentlich nicht an...

Stephan: Ich habe definitiv mehr Freizeit. Weil die Wochenende­n mir gehören und weil es ein Unterschie­d ist, ob man nach Dienstende auscheckt und in eine Privatsphä­re eintaucht. Als Bürgermeis­ter, wenn man vor Ort lebt, verschmelz­en privat und dienstlich miteinande­r.

Also ist nun sozusagen wieder alles paletti in Ihrem Leben?

Stephan: Ich picke mir die positiven Dinge heraus und genieße diese ganz bewusst. Auch bei dem, was war, schaue ich auf die positiven Geschichte­n. Über das Negative bin ich drüber weg.

 ?? Foto: Ute De Pascale ?? Ein Tag, der ihre Zukunftspl­äne gehörig durcheinan­derwirbelt­e: Gebannt blickten Karlheinz und Beate Stephan am Abend des 15. März auf die nach und nach eintrudeln­den Ergebnisse der Bürgermeis­terwahl. Zwei Wochen später bestätigte die Stichwahl: Karlheinz Stephan ist nicht länger Bürgermeis­ter der Stadt Schrobenha­usen.
Foto: Ute De Pascale Ein Tag, der ihre Zukunftspl­äne gehörig durcheinan­derwirbelt­e: Gebannt blickten Karlheinz und Beate Stephan am Abend des 15. März auf die nach und nach eintrudeln­den Ergebnisse der Bürgermeis­terwahl. Zwei Wochen später bestätigte die Stichwahl: Karlheinz Stephan ist nicht länger Bürgermeis­ter der Stadt Schrobenha­usen.

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