Wer bremst, verliert
Liefert ein Provider nicht das versprochene Internettempo, kann man ihn zur Rechenschaft ziehen. Wie Nutzer am besten vorgehen
Bringt der Internetanschluss nicht das versprochene Tempo? Liegt die tatsächlich erreichte Geschwindigkeit unter der vertraglich vereinbarten, im Produktinformationsblatt festgeschriebenen Geschwindigkeit? Und zwar erheblich, regelmäßig wiederkehrend oder dauerhaft?
Dann erfüllen Sie alle Kriterien, die die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde der Provider als Messlatte dafür anlegt, dass Verbraucher Abhilfe vom Anbieter verlangen und ihren Vertrag außerordentlich kündigen dürfen.
Um so eine Aussage aber überhaupt treffen zu können, muss das Tempo viele Male gemessen und protokolliert werden – am besten mit der Internet-Geschwindigkeitsprüfung der Behörde unter Breitbandmessung.de. Am Ende steht dann ein detailliertes Protokoll, das Abweichungen von den Maximalwerten dokumentiert.
Dass Internetnutzer in Deutschland nach wie vor nur selten die gebuchten Geschwindigkeiten erhalten, hatte die Bundesnetzagentur jüngst wieder in ihrem jährlichen Bericht zur Breitbandmessung festgestellt. Im Festnetz hätten nur 16,4 Prozent der Nutzer die mit dem Anbieter vereinbarte Maximalgeschwindigkeit oder mehr erhalten.
Wer die Geschwindigkeit bei sich daheim nachprüfen möchte, dem empfiehlt die Netzagentur 20 Messungen an zwei unterschiedlichen Tagen in gleichem Umfang. Also mindestens zehn Messungen pro Tag, um dauerhafte Minderleistungen nachweisen zu können. Für eine korrekte Messung ist es wichtig, dass der Rechner mit einem Netzwerkkabel am Router angeschlossen ist. Jedes Messergebnis sollte als Bildschirmfoto oder Ausdruck gesichert werden. Kunden können vom Anbieter Abhilfe verlangen. Und zwar in drei Fällen:
● Wenn nicht an mindestens zwei
Messtagen jeweils mindestens einmal 90 Prozent der vertraglich vereinbarten maximalen Geschwindigkeit erreicht werden.
● Oder falls die normalerweise zur Verfügung stehende Geschwindigkeit nicht in 90 Prozent der Messungen erzielt wird.
● Falls das vereinbarte Mindesttempo an mindestens zwei Messtagen jeweils unterschritten wird.
Ist die Geschwindigkeit nachweislich schlechter als vertraglich zugesichert, sollten Kunden die Anbieter schriftlich über das Problem informieren und eine angemessene Frist zur Abhilfe setzen. Zwei Wochen reichten normalerweise aus.
Bleibt die Geschwindigkeit weiterhin hinter der vereinbarten zurück oder ist es dem Anbieter technisch am Wohnort gar nicht möglich, die vertraglich vereinbarte Leistung dauerhaft zu erbringen, kann der Vertrag außerordentlich gekündigt werden.
Eine mögliche Alternative zur Kündigung und zum Wechsel des Providers: Vielleicht hat der aktuelle Anbieter günstigere Tarife im Angebot, die von vornherein nur die daheim gemessene niedrigere Geschwindigkeit bieten. Dann kann es sinnvoll sein, einen Wechsel in einen dieser Tarife oder eine Vertragsanpassung zu verlangen, erklärt der Verbraucherzentrale-Bundesverband. Dabei sollte aber eine etwaige Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten nicht wieder von vorne beginnen, und es sollten auch keine Kosten für den Tarifwechsel oder die Vertragsanpassung anfallen.
Dirk Averesch, dpa