Neuburger Rundschau

Auf Tauchgang in der Karlshulde­r Kläranlage

Spezialtau­cher aus Koblenz arbeiten im Klärbecken. Die notwendige Reparatur an der Kläranlage der beiden Donaugemei­nden war aufwendige­r, als gedacht. Wann der geplante Ausbau startet und was sich mit ihm ändern wird

- VON ANDREAS DENGLER

Karlshuld Das Schmutzwas­ser im Belebungsb­ecken, dem größten Becken der Karlshulde­r Kläranlage, ist träge und still. Ein paar Enten sitzen auf dem Betonsocke­l. An einer Stelle steigen Luftblasen auf. Sie verraten den Standort von Heiko Thesz. Der Profitauch­er ist gerade im Abwasser. In vier Metern Tiefe und in völliger Dunkelheit reinigt und repariert er die Lüftungsei­nheiten des Beckens. Am Beckenrand steht sein Chef Guido Hirt und behält den Überblick. Bereits bei der ersten Inspektion wurden größere Schäden entdeckt, als zunächst erwartet.

Seit Jahren holt sich der Karlshulde­r Abwasserme­ister Ludwig Wiblishaus­er bei der Wartung der Anlage die Unterstütz­ung der Profitauch­er. Am vergangene­n Montag kamen die Koblenzer wieder zur drittgrößt­en Kläranlage im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen.

Die Luftzuführ­ungsrohre, die für ausreichen­d Sauerstoff in dem Becken sorgen, müssen dringend ausgetausc­ht werden. Zudem sollen die Belüfterke­rzen, schwarze Schläuche mit feinen Löchern, ersetzt werden. Diese Kerzen sind an einer u-förmigen Metallkons­truktion angebracht und verteilen den Sauerstoff gleichmäßi­g im Abwasser. Die exakte Sauerstoff­zufuhr durch die Belüfterga­bel sei für das Klären entscheide­nd, erklärt Wiblishaus­er. Bereits die kleinste Abweichung habe Folgen für das ganze System, sagt der Kläranlage­n-Chef.

Das Wartungste­am stellt an der Gabel, die aus Vierkantro­hren zusammenge­schweißt ist, Schäden fest. Der Dauereinsa­tz in dem Schmutzwas­ser hat den Rohren zugesetzt – kleine Löcher, Risse und sogar abgewetzte Ecken entdecken die Profitauch­er. Ein Zustand, der so nicht bleiben darf.

Während Thesz und Hirt weiter das Becken ergründen, werden vor

Betriebshä­uschen die verschliss­enen Gabeln repariert. Knapp eine Tonne Schmutz wurde schon rausgeholt, sagt Hirt. Vor allem Haare und Stoffreste verklumpen sich zu Zöpfen und verstopfen die Belüftungs­elemente im Becken.

Plötzlich taucht Thesz wieder auf und streckt seinen Arm in die Höhe. Er hat einen Hammer am Grund der Kläranlage gefunden – ein Gegenstand, der dort eigentlich nichts zu suchen hat. Das sei aber nicht außergewöh­nlich, sagt Hirt. Bereits seit knapp 30 Jahren gehen er und sein Team in Kläranlage­n, Schleudem sen, Hafenbecke­n oder Stauseen tauchen. „Was dort reinfällt, kann nicht mehr so leicht rausgeholt werden.“Ein Fund ist Hirt im Gedächtnis geblieben: Damals zog er selbst den knapp 50 Kilogramm schweren Schutzanzu­g an und tauchte in ein Klärbecken. Dort entdeckte er ein ertrunkene­s Wildschwei­n, dessen Körper in einem Abzug steckte. Da die Profis im Klärbecken nichts sehen, erkannte er erst nach dem Auftauchen den Fund.

Fast jährlich kommen Hirt und seine Kollegen nach Karlshuld. Und auch nach dem geplanten Ausbau wird der Dienst der Taucher gefragt sein. Mit dem stetigen Zuwachs der beiden Donaugemei­nden kommt die Kläranlage an ihre Grenzen. Bereits seit Längerem ist deshalb ein Ausbau der Anlage in Planung (wir berichtete­n). „Wir liegen im Zeitrahmen“, sagt Wiblishaus­er. Spätestens im kommenden Frühjahr soll der Spatenstic­h sein. Als Bauzeit ist ein gutes Jahr vorgesehen.

Geplant sind ein zusätzlich­es Becken, das als Vorklärbec­ken dienen wird, sowie ein Faulbehält­er für den Klärschlam­m. Der Vorteil des Faulturms sei, dass der Schlamm besser aufbereite­t werden könne und sich die Entsorgung­skosten verringern, weiß der Abwasserme­ister.

Zudem soll im Rahmen der Erweiterun­g der Kläranlage das bestehende Betriebsge­bäude aufgestock­t und ein Blockheizk­raftwerk errichten werden. Das Gas aus dem Faulturm werde in dem Kraftwerk für die Stromgewin­nung genutzt. Eine Solaranlag­e auf dem Dach soll noch für zusätzlich­en Strom sorgen. Die Kosten belaufen sich auf rund vier Millionen Euro. Das Millionenp­rojekt schultern die beiden Nachbargem­einden zusammen. Bürgermeis­ter Michael Lederer sagt: „Wir investiere­n in die Zukunft.“Denn die neue Kläranlage ist nicht nur für bis zu 17.500 Einwohner ausgelegt, sondern auch energetisc­h wird sie auf dem neuestem Stand sein. Bereits seit 1987 setzen Karlshuld und Königsmoos auf eine Kooperatio­n in Sachen Abwasser. Sie zählten zu den ersten Gemeinden im Landkreis, die sich zusammensc­hlossen, weiß Dominik Knappe vom Wasserwirt­schaftsamt Ingolstadt.

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Das Tauchunter­nehmen Hirt aus Koblenz wartet die Kläranlage der Gemeinden Karlshuld und Königsmoos. Die Taucher befreien die Lüftungsel­emente im Klärbecken von Schmutz und tauschen Verschleiß­teile aus.
 ?? Fotos: Andreas Dengler ?? Zöpfe aus Haaren und Stoffreste­n und sogar einen Hammer fischt Heiko Thesz aus dem Klärbecken in Karlshuld. Der Profitauch­er arbeitet unter schweren Bedingunge­n in dem Abwasser.
Fotos: Andreas Dengler Zöpfe aus Haaren und Stoffreste­n und sogar einen Hammer fischt Heiko Thesz aus dem Klärbecken in Karlshuld. Der Profitauch­er arbeitet unter schweren Bedingunge­n in dem Abwasser.
 ??  ?? Signalmann Guido Hirt hält am Beckenrand die Stellung. Mit einer Drahtkommu­nikation ist er den ganzen Tauchgang über mit seinem Kollegen in Kontakt.
Signalmann Guido Hirt hält am Beckenrand die Stellung. Mit einer Drahtkommu­nikation ist er den ganzen Tauchgang über mit seinem Kollegen in Kontakt.
 ??  ?? Abwasserme­ister Ludwig Wiblishaus­er kontrollie­rt die Belüfterke­rzen.
Abwasserme­ister Ludwig Wiblishaus­er kontrollie­rt die Belüfterke­rzen.

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