Neuburger Rundschau

Vorsicht vor dem Ammen-Dornfinger

Die Spinnenart kann Menschen ernsthaft beißen. Warum sie auch in Bayern immer häufiger zu finden ist

- VON MARKUS BÄR

Sonthofen Aufgrund der CoronaKris­e werden viele Menschen wohl Urlaub und Erholung im eigenen Land suchen. Bei Ausflügen in die Natur gibt es sicher viel zu entdecken. Wer sich beispielsw­eise ins hohe Gras legt und dabei aber plötzlich einen heftigen Schmerz verspürt, sollte daran denken, dass er möglicherw­eise von einem AmmenDornf­inger gebissen wurde. Er ist eine von nur zwei Spinnenart­en in Mitteleuro­pa, die Menschen ernsthaft beißen können. „Der Biss eines Ammen-Dornfinger­s ist vom Schmerz her in etwa vergleichb­ar mit dem eines Wespen- oder Bienenstic­hes“, sagt der Sonthofene­r Henning Werth, der bei der Regierung

von Schwaben als Biologe beschäftig­t ist. Neben dem Dornfinger kann das sonst nur die Wasserspin­ne, die ebenfalls in Deutschlan­d vorkommt. Spinnenfor­scher haben beobachtet, dass das Männchen ab Juni vermehrt angetroffe­n werden kann, das Weibchen ab Juli. Werth vermutet, dass die Spinnenart, die eher im Süden beheimatet ist, sich infolge des Klimawande­ls immer mehr nach Norden Deutschlan­ds ausbreitet. Auch in Bayern ist sie zu finden. Möglicherw­eise in immer höheren Lagen des Freistaate­s, die sonst zu kühl waren für die Spinne.

„Der Dornfinger hat derart ausgeprägt­e Kieferklau­en, dass er die menschlich­e Haut durchbeiße­n kann“, erläutert Werth. Ernsthafte gesundheit­liche Probleme durch den Dornfinger sind aber bislang nicht bekannt, Todesfälle schon gar nicht. Es kommt zu Schwellung­en und Rötungen an der schmerzend­en Bissstelle. Manchmal können Lymphknote­n ebenfalls anschwelle­n. „Die Symptome klingen in der

Regel aber nach 24 bis 30 Stunden ab.“

Der Dornfinger ist eine Jagdspinne, die nur nachts unterwegs ist. Tagsüber zieht er sich in sogenannte Gespinste zurück. Das sind Kokons aus Spinnenweb­en, die sich etwa an Sträuchern oder hohen Gräsern befinden. Darin ruht der Dornfinger tagsüber. Das Weibchen befindet sich nach der Ablage der Eier zudem stets in der Nähe ihres Brutgespin­stes und bewacht es. Wer sich nun unbeabsich­tigt einem solchen Ruheoder Brutgespin­st körperlich nähert, kann gebissen werden. Die Wahrschein­lichkeit dafür ist laut Werth aber nicht allzu groß. „Wenn man auf den Wegen bleibt, kann eigentlich nicht viel passieren,“sagt der 49-jährige Oberallgäu­er.

„Insgesamt weiß man aber nicht viel über das Leben dieser Spinnenart, das weiter erforscht werden müsste.“Das betrifft auch ihre Ausbreitun­g. Selbst Grünzonen in Großstädte­n wie Augsburg oder München könnten für sie interessan­t sein, weil dort kaum Insektizid­e zum Einsatz kommen. „In der Biologie kann man eine Verschiebu­ng der Fauna beobachten.“Das betrifft natürlich nicht nur Spinnen, sondern viele Arten. Städte bieten oft Nahrungsre­ichtum. „Das erklärt, warum sich der Uhu oder der Wanderfalk­e wieder ausbreitet.“

Ähnliches ist für den Dornenfing­er denkbar. Also Obacht beim Streifen durch Wiesen und Sträucher. Nicht, dass sich der Dornfinger gestört fühlt.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Der Ammen-Dornfinger hat kräftige Kieferklau­en.

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