Mehr Gewalt daheim
Studie zeigt die Folgen der Corona-Krise für Frauen und Kinder
München Mehr Streit, mehr Angst – und mehr Schläge: Insbesondere bei Familien in Quarantäne und bei akuten finanziellen Sorgen haben Frauen während der Corona-Krise häusliche Gewalt erfahren. Sie berichteten bei einer wissenschaftlichen Umfrage von lautstarkem Streit, Ohrfeigen und erzwungenem Sex. Die Online-Befragung wurde unter rund 3800 Frauen zwischen 18 und 65 Jahren durchgeführt. Ähnliche Hinweise auf häusliche Gewalt während der Corona-Krise gibt es auch aus anderen Ländern.
3,1 Prozent der Frauen berichteten, in der Zeit der strengen Kontaktbeschränkungen mindestens eine körperliche Auseinandersetzung erlebt zu haben, etwa Schläge. Ähnlich viele Frauen gaben an, vergewaltigt worden zu sein. Bei 6,5 Prozent wurden die Kinder den Aussagen der Mütter zufolge gewalttätig bestraft. Offen blieb, ob die Gewalt in diesem Fall von der Frau oder dem Mann ausging.
Befanden sich die Frauen zu Hause in Quarantäne, stiegen die Zahlen stark: Dann berichteten 7,5 Prozent von körperlicher Gewalt, in 10,5 Prozent der Fälle erlitten Kinder Gewalt. Ähnlich dramatisch waren die Angaben, wenn die Familie akute finanzielle Sorgen hatte. Körperliche Gewalt traf Frauen dann in 8,4 Prozent der Fälle, Kinder in 9,8 Prozent. Auch Kurzarbeit oder der Verlust des Arbeitsplatzes eines Partners erhöhte die Gewalt in den Familien.
Am höchsten waren die Zahlen, wenn ein Partner Depressionen oder Angst hatte. Hier gab es bei 9,7 Prozent körperliche Gewalt gegen Frauen und bei 14,3 Prozent gegen Kinder. Nicht zu klären war aber, inwieweit die Corona-Pandemie psychische Probleme verschlechtert hatte. „Wir wissen nicht genau, wie die Befindlichkeit davor war“, sagte Janina Steinert, die als Sozialwissenschaftlerin an der Technischen Universität München (TUM) mit der Volkswirtin Cara Ebert vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung die Untersuchung leitete.
Überdurchschnittlich betroffen waren Familien mit Kindern bis zehn Jahre. Die Eltern seien durch Arbeit und die Betreuung bei Schulund Kitaschließungen doppelt belastet.