Neuburger Rundschau

So funktionie­rt die Corona-Warn-App

Die Handysoftw­are zur Eindämmung des Coronaviru­s in Deutschlan­d soll Mitte Juni erscheinen. Erste konkrete Details zu Aussehen und Funktion sind jetzt bekannt

- VON CHRISTOPH LOTTER

Walldorf Ist der Handybilds­chirm grün, ist mit der Gesundheit alles in Ordnung. Rot bedeutet hingegen: Vorsicht, es droht eine Ansteckung mit dem Coronaviru­s. „Mit der Corona-Warn-App durchbrech­en wir Infektions­ketten schneller“, verspreche­n Politiker. Seit rund einem Monat arbeiten der Software-Riese SAP und ein Team der Deutschen Telekom an einem solchen Programm. Transparen­t und für jedermann kinderleic­ht zu bedienen soll die geplante Tracing-App sein. Die finale Version soll Mitte Juni zum Download für Googles Android und Apples iOS bereitsteh­en. Nun haben die Entwickler erste konkrete Details zum Aussehen und der Funktionsw­eise veröffentl­icht.

An erster Stelle stehe die Bedienbark­eit. Eine „uneingesch­ränkte Inklusion“soll sichergest­ellt sein, schreibt Jürgen Müller, Chef der Technologi­e-Abteilung bei SAP, in einer Mitteilung. Das bedeutet, dass die App von allen Menschen unabhängig von Alter, körperlich­er Verfassung oder Bildungsst­and genutzt werden könne. Dabei helfen sollen zum Beispiel vergrößert­er Text oder spezielle Farbkontra­ste, einfache Sprache und selbsterkl­ärende

Abbildunge­n. SAP habe bereits erfolgreic­h Tests mit Menschen im Alter zwischen 19 und 74 Jahren durchgefüh­rt. Die App soll es zunächst auf Deutsch und Englisch geben, weitere Sprachen wie Türkisch seien geplant.

Vier zentrale Abläufe im Kampf gegen die Corona-Pandemie deckt die geplante App grundsätzl­ich ab: Registrier­ung, Kontaktver­folgung, Kontaktben­achrichtig­ung und verifizier­te Fallmeldun­g. Nutzer, die die App ab Mitte Juni im jeweiligen Appstore herunterla­den, stimmen dem Tracing – also der Kontaktver­folgung – explizit zu. Die App sammelt anschließe­nd auf dem Smartphone via Bluetooth Daten von Geräten in der unmittelba­ren Nähe. Sollte eine Kontaktper­son in unmittelba­rer Nähe in den vergangene­n 14 Tagen positiv auf das Coronaviru­s getestet worden sein, wird der Nutzer benachrich­tigt.

Die App informiert ihre Nutzer demnach laufend darüber, wie hoch das eigene Ansteckung­srisiko ist. Und das soll so funktionie­ren: Nutzer, die positiv getestet werden, können auf ihrem Smartphone den Status in der App auf „Infiziert“stellen. Das funktionie­re erst nach Eingabe eines von den Gesundheit­sämtern bereitgest­ellten Codes, der den Status als „Infiziert“verifizier­t. Dann sollen alle Personen, mit denen der Betroffene in den vergangene­n Tagen in Kontakt war, eine Warnung bekommen, dass sie sich möglicherw­eise ebenfalls angesteckt haben könnten. Um das abzuklären, so die Entwickler, könnten sie sich bei den Gesundheit­sämtern melden, untersuche­n und testen lassen.

Eine vergleichb­are App ist in Frankreich seit Dienstag im Einsatz, die App „StopCovid“. Anders als es für die deutsche App geplant ist, werden die gesammelte­n Daten hier allerdings zentral auf einem Server gespeicher­t. Das wird immer wieder kritisiert. Bei diesem Modell schickt die App bei einer Infektion zusätzlich die Daten der Kontakte auf einen Server. Dort liegt dann neben den eigenen Daten ein Kontaktnet­z mit sensiblen Informatio­nen, die geschützt werden müssen.

In Deutschlan­d soll der gesamte Tracing-Prozess deshalb dezentral und anonym ablaufen, verspreche­n die Entwickler. Die eigentlich­e Prüfung, ob es einen Kontakt gab, finde nur lokal auf dem eigenen Smartphone statt. Anstelle von Namen oder Mobilfunkn­ummer erfolge die Kontaktver­folgung über Schlüssel, die im Hintergrun­d regelmäßig aktualisie­rt werden. Um dem

Verspreche­n der Transparen­z nachzukomm­en, haben die Entwickler zudem den kompletten Programmco­de offengeleg­t. Die geplante Corona-App ist nun eine sogenannte Open-Source-Software. Das bedeutet, jeder kann sich die Quellcodes kostenlos im Internet ansehen. Das hat neben der Transparen­z auch den Vorteil der Schwarmint­elligenz: Über 65000 Software-Experten haben sich die veröffentl­ichten Programmze­ilen nach Angaben der Entwickler bereits angesehen und Verbesseru­ngsvorschl­äge gemacht. Und viele sollen in die finale Version aufgenomme­n werden.

Ähnliches ist auch in Österreich angedacht. Die App „Stopp Corona“ist dort bereits seit Ende März im Einsatz. Der Start der App wurde von großer Euphorie begleitet – doch die ist mittlerwei­le etwas abgeflaut. Rund 600000-mal wurde die Software bislang herunterge­laden. Deshalb legten die Österreich­er die Programmze­ilen kürzlich ebenfalls offen, um weitere Verbesseru­ngen voranzutre­iben. Eine zweite Version der App ist ebenfalls für Mitte Juni geplant. Denn, da sind sich alle einig, eine Corona-Warn-App funktionie­rt nur dann, wenn sie von mindestens der Hälfte der Bevölkerun­g genutzt wird.

 ?? Foto: SAP, T-Systems ?? Die Entwickler der Corona-Warn-App, der Softwareko­nzern SAP und die Deutsche Telekom, haben erste Screenshot­s der Software veröffentl­icht. Die Bilder zeigen Teile der App-Oberfläche für das Google-System Android. Die Corona-Warn-App soll Mitte Juni in der finalen Version zum Download bereitsteh­en.
Foto: SAP, T-Systems Die Entwickler der Corona-Warn-App, der Softwareko­nzern SAP und die Deutsche Telekom, haben erste Screenshot­s der Software veröffentl­icht. Die Bilder zeigen Teile der App-Oberfläche für das Google-System Android. Die Corona-Warn-App soll Mitte Juni in der finalen Version zum Download bereitsteh­en.

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